von Olivier Dupuis (*)
In Tibet Forum, Dezember 1995
Eigentlich wollte ich erst am Ende dieses Artikels von der Radikalen Partei sprechen, nachdem ich Ihnen unsere derzeitigen Initiativen für die Freiheit und die Befreiung Tibets vorgestellt habe, die wir zum Teil in enger Zusanunenarbeit mit den Tibet Support Gruppen durchführen. Doch ich glaube, es ist besser, wenn Sie zunächst einmal erfahren, wer sich hier an Sie wendet, was das für eine Organisation ist mit diesem barbarischen, ja fast schon abstoenden Namen - bedeutet "radikal" doch in Ihrer Sprache für manche gar "extremistisch".
Und da steht nicht nur "radikal", da steht auch "Partei". Ein Wort" das heute eher einen schlechten Ruf hat. Warum also benutzen wir es weiter? Noch dazu, wo die Radikale Partei an keinen Wahlen - weder nationalen, noch regionalen - teilnimmt. Trotzdem, und obwohl wir nicht nach der "Macht" streben, sehen wir uns als einen "politischen Part", einen politischen Teil der Gesellschaft, der die Belange, für die er sich engagiert, in diese Gesellschaft einbringen und durchsetzen will.
Die Radikale Partei ist eine überparteiliche Gruppierung, in der jeder, der sich mit der einen oder anderen Zielsetzung identifiziert, Mitglied für jeweils ein Jahr werden kann, unabhängig von jeweder Zugehörigkeit zu irgendeiner anderen "klassischen" politischen Partei; und sie ist übernational, weil wir davon überzeugt sind, da keine der groen Fragen unserer Zeit von einer einzigen Nation in den engen Grenzen ihres Landes gelöst werden kann. Unser Hauptansprechpartner sind die Vereinten Nationen, die uns als Nichtregierungssorganisation (NGO) erster Kategorie anerkannt haben, was uns ermöglicht, an Debatten teilzunehmen und Dossiers zu präsentieren. Wir finanzieren uns aus den Beiträgen unserer Mitglieder, das ist die Garantie für unsere Unabhängigkeit.
Unsere Hauptziele zur Zeit sind
- die Schaffung eines permanenten internationalen Strafgerichtshofes
- die universelle Abschaffung der Todesstrafe
- die Aufnahrne Bosniens in die Europäische Union
- eine neue Drogengesetzgebung, um die wachsende Macht der Mafia zu brechen und, natürlich:
- Freiheit für Tibet durch eine groe, weltweite, gewaltfreie Initiative, das Satyagraha.
Resolutionen
Nach der Annahme der Tibet-Resolution durch das Europäische Parlament im vergangenen Juli zum ersten Mal hat ein Parlament in Europa den Einmarsch und die dann folgende Besetzung Tibets durch die Volksrepublik China beim Namen genannt - waren wir der Meinung, da die Zeit reif dafür sei, diesen qualitativen Umschwung auch in möglichst viele nationale Parlamente zu tragen. So haben wir auf der Grundlage der obengenannten Resolution im September entsprechende Vorlagen an etwa dreiig Parlamente in ganz Europa geschickt, darunter auch an den Deutschen Bundestag.
Nach einigen Wochen kamen die ersten Ergebnisse: 61 Abgeordnete stellten einen Antrag in Italien; eine - wenn auch etwas weniger rigide - Resolution wurde im Groherzogtum Luxemburg angenommen; in Frankreich bekundeten zahlreiche Abgeordnete ihr Interesse, sie arbeiten zur Zeit zusammen mit de Brossia, dem Vorsitzenden der Intergruppe Tibet in der Nationalversammlung, an einer Textvorlage; im belgischen Parlament tut sich etwas, und In Deutschland wird man nach der Rückkehr von Bundeskanzler Kohl von seiner Chinareiseweitersehen... Der Sturz der Regierung in Österreich hat die Aktion dort vorerst gestoppt. In der russischen Duma brachte die Abgeordnete Kara-Kys Arakchaa den Antrag ein, der aufgrund mangelnder Beteiligung an der Abstimmung jedoch fehlschlug. Ein neuer Versuch soll nach den Wahlen im Dezember gestartet werden. Auch aus Rumänien und Albanien teilten uns Abgeordnete mit, da sie einen Antrag stellen wollen.
Eine Flagge für Tibet
Diese Initiative richtet sich in erster Linie an die Bürgermeister und Oberbürgermeister von Städten und Gemeinden in der ganzen Welt, sodann an die Präsidenten der Bundesländer und Provinzen. Wir rufen sie auf, den Appell "Freiheit für Tibet" zu unterzeichnen, mit dem sie sich verpflichten, am kommenden 10. März die tibetische Nationalflagge zu hissen und ihre Bürger über die Situation in Tibet zu informieren. Die ersten Zusagen - im November waren es schon mehr als 30 - sind bereits eingetroffen:
Rom, Sarajewo, Krakau, Turin, Carpentras, Hradec Králové(Königgrätz), Charkow... aber auch kleine und kleinste Gemeinden nehmen teil.
10. März 1996: europäische Grodemonstration in Brüssel
Die Tibetergemeinden in Europa, der Verein Tibeter Jugend, die europäischen Tibet-Unterstützungsgruppen und die Radikale Partei haben beschlossen, am 10. März 96, dem Jahrestag des Aufstandes von Lhasa 1959, ein groes europäisches Treffen für Tibet zu organisieren. Tausende tibetischer Fahnen sollen wehen, Tausende von Menschen sollen am Demonstrationszug vom Europäischen Parlament in Brüssel zur Botschaft der Volksrepublik China teilnehmen. Machen wir aus diesem Tag einen groen Tag der Hoffnung für Tibet! Diese drei Aktionen gehören zu einer weit gröeren Kampagne, der wir den Namen Satyagraha 1997" gegeben haben. An dieser Idee des Satyagraha, einer groen, weltweiten, gewaltfreien Initiative, arbeiten zur Zeit einige der höchsten tibetischen Verantwortlichen, vor allem Prof. Samdhong Rinpoche, der Präsident des tibetischen Exilparlaments. Die endgültige Entscheidung über Art und Zeitpunkt dieser Kampagne wird die tibetische Führung im August 1996 treffen.
Warum engagiert sich die Radikale Partei gerade für Tibet? Dafür gibt es viele Gründe, die sicherlich auch die Ihren sind: Demokratie, Respektierung des Völkerrechts und der internationalen Gesetze, die einzigartige Geschichte, Kultur, Tradition der Tibeter ... Aber es gibt noch einen Grund, den ich hier herausheben möchte: Wenn es gelänge, mit einem gewaltlosen Kampf Tibet von der totalitären und imperialen Unterdrückung durch das chinesische Regime zu befreien, dann hätte das - davon sind wir überzeugt - beispielhafte Wirkung für alle Unterdrückten dieser Erde, für Minderheiten wie für Individuen. Es wäre, nach Ghandi und Indiens gewaltloser Befreiung vom (nicht-totalitären) britischen Kolonialherrn, ein Beweis dafür, da brutale Kraft, Gewalt, Terrorismus oder bewaffneter Kampf nicht die einzig möglichen Mittel sind. Da es eine andere Waffe gibt, eine stärkere, effizientere und vor allem eine, die den Gegner - nicht Feind - achtet wie sich selbst, wie jeden von uns, Tibeter, Chinesen, Europäer, Amerikaner
.... die Kraft des Dialogs, die Kraft der Wahrheit: Gewaltfreiheit.
(*) Olivier Dupuis ist Sekretär der Radikalen Partei.
Wenn Sie mehr wissen, wenn Sie an der "Aktion Eine Flagge für Tibet" teilnehmen möchten, dannschreibenSieuns:Parti Radical, Parlement européen,Rem 508,Rue Belliard 97/113, B-1047 Brüssel. Tel: 00322-2842579, Fax: 284 9198.