DPA 14/3/1995
Brüssel Die Europäische Kommission ist bereit, von diesem Mittwoch an über die Beilegung des Fischerei Streits mit Kanada zu verhandeln. Bedingung dafür sei jedoch die Freilassung des von den Kanadiern aufgebrachten spanischen Trawlers "Estai", seines Kapitäns, seiner Ladung und seiner Mannschaft, sagte EU Fischereikommissarin Emma Bonino am Dienstag in Brüssel.
Au enhandelskommissar Leon Brittan betonte darüber hinaus, da Brüssel an einer Entschärfung und nicht an einer Eskalation des Konflikts interessiert sei.
Kommissarin Bonino warf den Kanadiern erneut vor, mit der Aufbringung der "Estai" in der vergangenen Woche in den Gewässern vor Neufundland gegen internationales Recht und die Vereinbarungen in der zuständigen Nordwest Atlantik Fischereiorganisation (NAFO) versto en zu haben. "Die kanadischen Behörden üben praktisch Terror in der NAFO Zone aus", sagte die Italienerin. Durch eine ständige Kontrolle zu Luft und zu Wasser wolle sich Kanada die Hochsee aneignen.
Die Frist, am Mittwoch morgen die Verhandlungen über eine Lösung des Streits aufzunehmen, habe sie aufgrund von Informationen aus Ottawa gesetzt. Demnach wollten die kanadischen Behörde noch im Laufe des Dienstag das spanische Schiff und dessen Kapitän auf Kaution freilassen. Wie die Kommissarin sagte, sollten fünf Millionen kanadische Dollar Kaution für den Trawler erhoben werden. Kanada müsse den ersten Schritt machen, damit zwischen beiden Parteien wieder ein "normales" Verhältnis herrschen könne, sagte sie.
Gleichzeitig hielt die Italienerin den Kanadiern gezielte Falschinformation vor. Die EU halte sich eindeutig an die in der NAFO für dieses Jahr erstmals festgesetzte Fangobergrenze von 27 000 Tonnen schwarzen Heilbutts in den Gewässern vor Neufundland. Damit habe sei die Union einverstanden, statt der 1994 dort gefischten 44 000 Tonnen Heilbutts deutlich weniger anzulanden. Der EU stünden jedoch von der neuen Höchstfangmenge 18 000 Tonnen zu. Die Kanadier hingegen meinen, für die EU seien 3 400 Tonnen angebracht.
Das Argument Kandas, die EU Fischer würden zuviele Jungfische anlanden und damit den Bestand gefährden, sei nicht haltbar, so die Kommissarin. In den NAFO Regeln seien schlie lich keine Fischgrö en festgelegt. Die EU könne nicht zum Sündenbock für Versäumnisse bei der Bestandspflege in den betroffenen Gewässern gemacht werden.
Boninos Kommissionskollege Brittan unterstrich den Willen der EU, über alle vorgebrachten Klagen zu verhandeln. Wenn sich die Kanadier jedoch nicht zu einer raschen Freilassung des Schiffs entscheiden könnten, sei dies "äu erst schädlich" für die transatlantischen Beziehungen. Die Union behalte sich weitere Ma nahmen vor.