von Hans Peter Hagemes
DPA 16/3/1995
Brüssel Zwar schlagen die Wellen nicht mehr so hoch, doch im Fischerei Streit zwischen der Europäischen Union und Kanada bleibt die Kluft tief. Statt drohenden Donners eines Handelskriegs bestimmen nach der Freilassung des spanischen Trawlers "Estai" seit Donnerstag diplomatische Schachzüge der Unterhändler beider Seiten in deutlich ruhigerem Gewässern den transatlantischen Konflikt.
Schadensbegrenzung, lautet die Devise der Diplomaten. "Es geht jetzt darum, Vorwürfe wie den der Piraterie oder der durch systematische Überfischung verursachten Ausrottung des Grönland Heilbutts möglichst elegant und gesichtswahrend für alle zu umschiffen und einen erfolgreichen Lösungskurs einzuschlagen", formulierte ein EU Diplomat in Brüssel. Der Streit um den schwarzen Heilbutt habe in der Partnerschaft schon zu viel Porzellan zerschlagen.
"Keinesfalls haben die Europäer mit der Aufnahme der Verhandlungen den Versto der Kanadier gegen das internationale See Recht anerkannt", sagt ein anderer Diplomant. Das kanadische Gesetz, da solche Übergriffe in internationalen Gewässern erlaube, müsse weg. Auch die Zahlung der Kaution für die "Estai" dürfe nicht als Schuld Anerkenntnis gedeutet werden.
Die Kanadier sehen hingegen im Entern des Schiffes vor mehr als einer Woche eine reine Schutzma nahme für die bedrohten Fisch Bestände vor Neufundland. Die Erlaubnis zum Eingriff in das Geschehen auf hoher See gebe ihnen schlie lich das nationale Recht.
Erst recht untermauere die Entdeckung an Bord des beschlagnahmten Schiffes in Saint John's die Richtigkeit ihres Vorgehens: Geheime Laderäume, gefüllt mit einer Fischsorte, die schon seit Jahren nicht mehr angelandet werden darf, zwei Logbücher, um die Kontrolleure in die Irre zu führen, und das systematsiche Fischen der für die Fortpflanzung der Bestände so wichtigen Jungtiere bedürften kaum weiterer Kommentare.
Doch diese bleiben den Kanadiern nicht erspart: Eine geschickte Desinformations Kampagne wird ihnen von den Europäern vorgehalten. Wenn sich die Kanadier zum Hüter der Bestände auf hoher See erklärten, sollten sie auch effektiv etwas dafür tun und nicht Piraterie üben, hei t es in Brüssel.
dpa hph mi
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