Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
nach drei Jahren getrennter Wege bin ich besonders bewegt, heute mit Euch zusammen zu sein. Da ich, wie Ihr auch, fest daran glaube, da Aufrichtigkeit Grundbedingung für einen offnen, konstruktiven und bereichernden Dialog ist, will ich gleich zu Anfang sagen, da meines Erachtens die Entfernung zwischen Euch und der Transnationalen Radikalen Partei auf Miverständnisse zurückzuführen ist.
Nach drei Jahren groen gemeinschaftlichen Einsatzes, nach politisch absolut relevanten Erfolgen - auf die ich hier im einzelnen nicht eingehen werde - und nach einem weltweiten Wachstum der Bewegung für die Freiheit Tibets, eben als einer organisierten Bewegung, haben sich unsere Wege 1997 getrennt, ausschliesslich aus politischen Gründen. Davon war ich schon immer fest überzeugt und bleibe es. Einige von Euch haben, natürlich vollkommen legitim, ab 1997 gemeint, da gegeüeber anderen politischen Möglichkeiten der bessere Weg sei, sich auf Verhandlungen mit den chinesischen Autoritäten zu beschränken, und haben dementsprechend gemeint, da dieser Weg am gangbarsten sei bei einer gewissen Rücknahme und Abkühlung der weltweiten Mobilisierung, hauptsächlich in ihrer sichtbartsten und politischsten Komponente.
Auch wenn ich davon überzeugt bin, da insoweit nie Zweifel geherrscht hat, möchte ich dennoch daran erinnern, da wir immer - und immer weiter - die Ansichten und die strategischen Ziele teilen, die seine Heiligkeit der Dalai-Lama, die Exil-Regierung und das Exil-Parlament Tibets sich gesetzt haben : Also die einer vollen Autonomie Tibets im Rahmen der Grenzen Chinas. Das heit also ein Tibet mit eigenen demokratischen Institutionen, die volle Kompetenz in allen Bereichen geniessen, die das Leben seiner Einwohner angeht, mit Ausnahme der internationalen Beziehungen und der Sicherheitspolitik. Eben weil wir, wie seine Heiligkeit auch, an die Kraft und an den Wert der Interdependenzen glauben. Eben weil wir, wie der Dalai-Lama auch, nicht an Totems glauben, selbst nicht an das der Unabhängigkeit.
Worin sich unsere damalige und heutige Einschätzung unterscheidet, betrifft etwas anderes. Es betrifft die Strategie, um diese Ziele zu erreichen. Wir glaubten und glauben weiter, da wegen der besonderen Natur des Gegners - eines autoritären und undemokratischen Regimes - alle Verhandlungen sich im Rahmen eines Minimums an Regeln sowie klarer und fester Vorgehensweisen halten muessen, um zu vermeiden, da der stärkere Verhandlungspartner seine absolut willkürliche Macht ausspielt und sich nie durch eine Stellungnahme verpflichtet zu fühlen braucht. Deswegen meinten wir, und meinen immer noch, da diese Verhandlungen unbedingt unter der Obhut einer dritten Organisation statt finden muessen, einer Organisation also, die im Stande ist, zu erreichen, da für die Verhandlungen, die beide Parteien führen müssen, die Form eines echten 'Dialogs' gewährleistet ist. Deswegen, aber auch auf Grund der Verantwortung, die die Vereinten Nationen in der Vergangenheit in Beziehung auf Tibet gehabt haben, waren wir der Meinun
g und sind es immer noch, dass diese Verhandlungen unter der Schirmherrschaft des Generalsekretariats der Vereinten Nationen geführt werden sollen.
Aber, und dies ist noch wichtiger, wir waren und sind immer noch davon überzeugt, da sowohl um diesen Dialog, also die Eröffnung der Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und ohne Vorbedingungen zu ermöglichen, als auch, um ihren Erfolg zu sichern, wir zu einer solchen Stärke heranwachsen müssen, da unsere Gegner sich ihr nicht mehr entziehen können. Und da unsere Stärke der Dialog ist, können unsere Waffen nur die der Gewaltlosigkeit sein. Nicht Gewaltlosigkeit als philosophischer Ansatz, sondern Gewaltlosigkeit als ein politisches Mittel, als politisch organisierte Ausdruckskraft, als 'Satyagraha', sowie Mahatma Gandhi und Martin Luther King ihn gelehrt haben, und so wie ihn uns jetzt der Dalai-Lama und Marco Pannella beibringen.
Ich war und bleibe fest davon überzeugt, da 1996 und 1997 diese Stärke, diese Bewegung, dieser weltweite 'Satyagraha' entstehen konnten und in mancher Hinsicht tatsächlich zu entstehen anfingen. Heute müssen wir gegen gröere Schwierigkeiten ankommen, die hauptsächlich auf das autoritäre und nationalistische Abdriften Chinas zurückzuführen sind. Aber wir können auch mit einigen positiven Evolutionen rechnen, wie dem wachsenden Bewusstsein Indiens von der Rolle, die ihm als dem demokratischen Staat mit der gröten Bevölkerung der Welt zukommt. Ich bleibe daher überzeugt, da - mit schwerer Arbeit - alle Bedingungen gegeben sind, um diesen weltweiten 'Satyagraha' für Tibet ins Leben zu rufen, ihn zurück ins Leben zu rufen.
Zuletzt stellt sich die Frage der Zeit, die vergeht, mit den tragischen Folgen für Tibet, das immer weiter in der unaufhaltsamen Flut chinesischer Kolonisation untergeht und immer schwerer in seiner Integrität und in seiner Identität verletzt wird. Ich glaube also, da der Punkt gekommen ist, die Frage der Zeit, also der Dringlichkeit, zum Grundelement unserer Strategie zu machen, weil sie das einzige Element ist, das die chinesische Regierung dazu zwingen kann, einen wirklichen Dialog einzuleiten und die Regierungen der demokratischen Länder dazu bringen kann, ihn zu unterstützen, nicht mit Heuchelei, sondern mit aller Kraft und Entschlossenheit.
Ich bin fest davon überzeugt, da zum heutigen Zeitpunkt ein weltweiter 'Satyagraha' für die Freiheit Tibets erklärt werden sollte; und da darüberhinaus allen Regierungen und Abgeordneten aller demokratischen Länder der Welt der Vorschlag gemacht werden sollte, sich dafür einzusetzen, die Unabhängigkeit Tibets anzuerkennen, wenn Peking und die tibetanische Exil-Regierung innnerhalb von drei Jahren, die seiner Erklaerung folgen, immer noch keinen zufriedenstellenden Status für die Autonomie Tibets verhandelt und anerkannt haben.
Aber dazu kommen wir, indem wir uns gleich organisieren, überall in der Welt, mit neuen Motionen und Resolutionen in den Parlamenten, in den internationalen Institutionen, in den Landesregierungen, Stadträten, mit Manifestationen, an einem Tag in hunderten von Städten, mit Hungerstreiks und viele andere gewaltlose Initiativen, die unsere Phantasie entwerfen kann.
Vielen Dank und gute Arbeit