DEUTSCHER BUNDESTAG
13. Wahlperiode
Drucksache 13/4445
Antrag
der Abgeordneter Hartmut Koschyck, Andreas Krautscheid, Hermann Gröhe, Karl Lamers, Ruprecht Polenz, Christian Schmidt (Fürth), Rudolf Seiters und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Volker Neumann (Bramsche), Rudolf Bindig, Freimut Duve, Norbert Gansel, Heide Mattischeck, Regina Schmidt-Zadel, Günter Verheugen, Gert Weisskischen (Weisloch) und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Gerd Poppe, Wolfgang Schmitt (Langenfeld) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Burkhard Hirsch, Uwe Lühr, Ulrich Irmer, Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann und der Fraktion der F.D.P.
Die Menschenrechtssituation in Tibet verbessern
Die menschenrechtssituation in Tibet hait sich seit dem von allen Fraktionen gemeinsam gefaten Beschlu des Deutschen Bundestages von 15. Oktober 1987 nicht verbessert, sondern weiter verschlechtert. Dies hat insbesondere die Anhörung des Auswärtigen Ausschusses von 19. Juni 1995 zu Tibet ergeben.
Beginnend mit den unmensclichen Militäraktionen seit dem Einmarsch Chinas im Jahr 1950. dauert die gewaltsame Unterdrückung Tibets und seines Strebens nach politischer, ethniscer, kultureller und religioser Selbsbestimmung bis heute an. Die fortgesetzte Repressionspolitik Chinas in Tibet hat schwere Menschenerchtsverletzungen. Umweltzerstörungen sowie massive wirtchaftliche, soziale, rechtliche und politisce Benachteiligungen der tibetischen Bevölkerung und letzlich die Sinisierung Tibets zur Folge. Dazu zählt insbesondere die Vorenthaltung gleicher Bildungchancen für die tibetische Bevölkerung.
Ein Beispiel für die Behinderung des religiösen Lebens der Tibeter ist die Entführung des Jungen, der vom Dalai Lama als Reinkarnation des Panchen Lama benannt wurde, sowie die Einsetzung eines zweiten Panchen Lama durch die chinesischen Behörden.
Der Dalai Lama bemüht sich seit Jahren um einen friedlichen Dialog mit der chinesischen Regierung.
Der Deutsche Bundestag,
1. im Himblick darauf, da Tibet sich in der gesamten Geschichte eine eigene ethnische, kulturelle und religiöse Identität bewahrt hat;
2. tief besorgt darüber, da diese eigenständige Identität dem Vorgehen Chinas mit brutaler Waffengewalt im Jahre 1950 von der Zerstörung bedroht ist;
3. unter Berücksichtigung, da in der Anhörung des Deutschen Bundestages vom 19. Juni 1995 unter den Sachverständigen der völkerrechtliche Status Tibets streitig geblieben ist;
4. in Anbetracht dessen, das es Politik der Bundesrepublik Deutscland ist, die Verwirklichung des Rechts auf Selbestimmung weltweit zu unterstützen, und da aus der historischrechtlichen Situation Tibets der Anspruch auf Autonomie erwachst;
5. im Himblick darauf, da es Politik der Bundesrepublik Deutschland sein mu, unrechtmäige Anwendung von Gewalt sowie massive Menscenrechtsverletzungen nicht hinzunehmen, die Menschenrechtsverletzungen in Tibet aber weiter anhalten;
6. tief besorgt über die Berichte, wonach ein sechs Jahre alter tibetischer Junge, Gedhun Choekyi Nyima, sowie seine Eltern von den chinesischen Behorden nur wenig später entführt wurden, nachdem der Dalai Lama ihn als jüngste Reinkarnation des zweitwichtigsten Führers Tibets, des 1989 verstorbenen Panchen Lama, bezeichnet hatte;
I. verurteilt die Politik der chinesischen Behörden, die im Ergebnis gerade auch in bezug auf Tibet zur Zerstörung der Identität fuhrt, insbesondere mittels Ansiedlung und Zuwanderung von Chinesen in groer Zahl, Zwangssterilisierungen von Frauen und Zwangsabtreibungen, politischer, religiösiger und kultureller Verfolgung und der Unterstellung des Landes unter eine chinesisch kontrollierte Administration;
II. fordert die Bundesregierung auf, sich verstärkt dafür einzusetzen, da
- die Regierung der Volksrepublik China die weltweit anerkannten Menschenrechte achtet und die Menschenrechtsverletzungen gegen Tibet beendet;
- die chinesischen Behörden dafür sorgen, da Gedhun Choekyi Nyima und seine Familie sofort freigelassen werden und in ihr Heimatdorf zurückkehren können;
- die chinesischen Regierung jede Politik einstellt, welche die zerstörung der tibetischen Kultur zur Folge haben kann, wie z.B. die plenmässige Ansiedlung von Chinesen in gröer Zahl un die tibetische Bevölkerung zurückzudrangen, un die Verfolgung der Vertreter der tibetischen Kultur;
- die Regierung der Volksrepublik China positiv auf die Bemühungen des Dalai Lama und der tibetischen Exilregierung um einen konstruktiven Dialog reagiert und über mehr Rechte für das tibetische Volk verhandelt;
- die wirtschaftlichen, sozialen, rechtlichen und politischen Benachteiligungen der tibetischen Bevölkerung aufgehoben werden;
- alle politischen Gefangenen in Tibet freigelassen werden;
- die freie Rückkehr im Ausland lebender Tibeter ermöglicht wird;
- auch zukünftig bei den Beratungen der UN-Menscenrechtskommission die Lage der Menschenrechte in Tibet Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit und kritischer Diskussion sein wird;
- die in Tibet eingesetzten Mittel der Entwicklungszusammenarbeit
den Tibetern zugutekommen und der tibetischen Bevölkerung angemessene Bildungschancen eingeräunt werden;
- den Umweltzerstörungen in Tibet Einhalt geboten wird;
- dem Verlangen des tibetischen Volkes, die tibetische Kultur und Religion zu erhalten, verstärkt Beachtung geschenkt wird und die Bereiche ermittelt werden, in denen das deutsche Volk und die Bundesregierung Hilfe leisten können;
- in Konsultationen mit dem Phichtlingskommissariat der Vereinten Nationen geprüft wird, welche Hilfsmanahmen nötig sind, um insbesondere die kulturelle Identität der tibetischen Flüchthnge zu bewahren;
- ein effektiver Beitrag zur Ausbildung tibetischer Nachwuchskratte, insbesondere durch Vergabe einer angemessenen Zahl von stipendien bei deutschen Lehr- und Bildungseinrichtungen geleistet wird;
- die vorstehenden Grundsätze und Manahmen auch innerhalb der Europeischen Union Anerkennung und Durchsetzung finden.
Bonn, den 23. April 1996
Hartmut Koschyck
Andreas Krautscheid
Hermann Gröhe
Karl Lamers
Ruprecht Polenz
Christian Schmidt (Fürth)
Rudolf Seiters
Dr. Wolfgang Schäuble
Michael Glos und Fraktion
Volker Neumann (Bramsche)
Rudolf Bindig
Freimut Duve
Norbert Gansel
Heide Mattischeck
Regina Schmidt-Zadel
Günter Verheugen
Gert Weisskirchen (Wiesloch)
Rudolf Scharping und Fraktion
Gerd Poppe
Wolfgang Schmitt (Langefeld)
Joseph Fischer (Frankfurt)
Kerstin Müller (Köln) und Fraktion
Dr. Irmgard Schwaetzer
DR. Burkhard Hirsch
Uwe Lühr
Ulrich Irmer
Dr.- Ing Karl-Hans Laermann
Dr. Hermann Otto Solms und Fraktion