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Agora' Agora - 14 febbraio 1992
Transnationale Partei - Vereinigte Staaten von Europa - FREIHEIT UND FOEDERALISMUS
Von Edmondo Paolini

Vor allem in Osteuropa und auf dem Balkan ist die fast weltweit verbreitete Tendenz der letzten Jahre, einerseits Staatenbuende zu bilden, andererseits mehr oder weniger entschlossen fuer eine Dezentralisierung "zwischen den Nationen" einzutreten, durch die Aufloesung der Hegemonialmaechte, die die kommunistischen Parteien am Leben erhalten hatten, unterbrochen worden. Das bipolare System der beiden Grossmaechte, Folge der Aufteilung der Welt in zwei Bloecke nach dem Zweiten Weltkrieg, ist also nicht durch ein multipolares System ersetzt worden, dass die Vereinigungen grosser "Regionen" umfasst, sondern, besonders in der ehemaligen Sowjetunion und im ehemaligen Jugoslawien, durch neue, souveraene Staaten, von denen einige klein oder wirklich winzig sind. Angesichts der veraenderten Situation laeuten in vielen europaeischen Laendern jetzt die Alarmglocken. Aus Gruenden der "Staatsraison" zeigt man sich besorgt ueber die Entwicklung, denn man befuerchtet, dass diese Veraenderung des Status quo Europa dazu zw

ingen wird, nicht laenger ruhig den eigenen Interessen nachgehen zu koennen. Vor die Wahl gestellt zwischen die Prinzipien der Freiheit und der Staatsraison gibt man der letzteren den Vorzug.

DIE ALTE UND DIE NEUE POLITISCHE LAGE

Aber das Problem ist komplexer und wir werden es mit der noetigen Aufrichtigkeit auf der Basis von zwei Ueberlegungen angehen. Auf der einen Seite begruessen wir mit grosser Freude und tiefer Anteilnahme die neu eroberte Freiheit nach Jahren in einer antidemokratischen Situation, in der ganze Voelker gezwungen waren, ihren Ursprung, ihre Kultur, ihre Identitaet und Geschichte im Namen einer Ideologie zu vergessen, die auf unmissverstaendliche Weise ihre antidemokratische, diktatorische Natur bewiesen hat. Auf der anderen Seite muessen wir uns jedoch daran erinnern, dass es wirkliche Nationalstaaten nach historischen und rechtlichen Gesichtspunkten nie gegeben hat und noch weniger heute gibt: Alle diejenigen, die wir heute kennen, sind das Ergebnis mehr oder weniger tiefgreifender Grenzveraenderungen, die sich im Laufe von Jahrzehnten oder Jahrhunderten im Gefolge von Kriegen, Vertraegen, Annektionen oder Teilungen ergaben und die dann Wanderungsbewegungen, das Zusammenleben oder die Niederlassung von ganze

n Voelkern oder ethnischen Gruppen bedingten, oft auch durch den Einsatz von Gewalt. Ausgerechnet im Namen des Mythos von der unbegrenzten Souveranitaet der Staaten ist die Welt seit Jahrhunderten Zeugin immer grausamer werdender Kriege und Gemetzel, die oft genug in einem wahren Voelkermord enden. Zu diesen Ueberlegungen gesellt sich eine andere, die die politische und oekonomische Zukunft des souveraenen Staates betrifft, gleichgueltig wie gross oder klein, maechtig oder schwach er ist, ob er eine alte oder ganz neue Verfassung hat: Angesichts von politischen, oekonomischen, sozialen und kulturellen Problemen, die das Ueberleben des Planeten betreffen - der Weltfrieden, die Verteidigung des Oekosystems, die Rettung von Millionen von Menschen vor dem Hungertod - ist es unmoeglich, eine Weltordnung zu verteidigen, die auf dem "Konzert", dem Zusammenspiel von Staaten basiert, auf der Politik des Gleichgewichts, auf den Aktionen einer UNO ohne wirkliche Macht, die im uebrigen jetzt sicher mit den Laendern re

chnen muesste, die sich ihre Freiheit erobert haben, aber zu Bedingungen, die die Minderheiten, die auf ihrem Territorium leben, nicht ignorieren oder unterdruecken.

FREIHEIT UND FOEDERALISMUS

Wie soll man also den Widerspruch ueberwinden zwischen einer Loesung fuer die politischen und oekonomischen Probleme, die mittlerweile von kontinentalem oder weltweitem Ausmass sind und dem Begehren des einzelnen, des Buergers, der in seiner eigenen kulturellen Identitaet leben will, einer Identitaet, die aus Gefuehlen, Erinnerungen, Gewohnheiten besteht, angefangen in der Familie und seinem ueberschaubaren Lebensumfeld, realisiert in nationalem Umfang? Die historisch, politisch und juristisch einzig moegliche Antwort auf dieses Problem ist die Verwirklichung des Foederalismus, so wie Immanuel Kant es in seiner Idee vom "ewigen Frieden" impliziert oder wie Alexander Hamilton ihn im ersten foederalistischen Staat Amerikas realisiert hat. In Europa erscheint die Idee des Foederalismus im Kampf des antifaschistischen Widerstandes und in den Gedanken und Taten von Altiero Spinelli, angefangen in seinem "Manifest von Ventotene." In diesem "Manifest", das mit Ernesto Rossi im Juli 1941 beendet wurde, als die Tr

uppen Nazideutschlands nach dem militaerischen Sieg ueber die europaeischen Demokratien (mit Ausnahme Englands, das mutig widerstand) Russland ueberfielen und es im Sturm zu erobern schienen, wird festgestellt, dass am Anfang der internationalen Anarchie und des Sich-Entfesselns von immer blutiger werdenden Kriegen die absolute Souverantitaet der Staaten steht. Denn sie bringt jeden Staat dazu, im anderen den zu bekaempfenden Feind zu sehen, das Territorium des Nachbarn als notwendig fuer die eigene Sicherheit zu betrachten, die Expansion als ein Mittel zur Erhoehung des eigenen Wohlstands zu sehen.

DER FOEDERALISMUS ALS NEUER HUMANISMUS

An zwei Fronten muessen wir also heute in diesem Sinne kaempfen: Wir muessen den Motor fuer die Bildung "regionaler" Staatenbuende auf internationalem Niveau wieder in Bewegung setzen und die innerstaatliche Dezentralisierung von Politik und Verwaltung beschleunigen und dabei vor allem die ethnischen Minderheiten beruecksichtigen. Im besonderen muss einerseits das auf der Politik des Gleichgewichts zwischen den Staaten bestehende gegenwaertige System durch ein anderes , foederalistisches ersetzt werden, das als freie Vereinigung mehrerer Staaten auf einem Territorium gedacht ist, mit gemeinsamen, demokratischen Institutionen, wo die Grenzen notwendigerweise an Wichtigkeit verlieren und keine politische Bedeutung mehr haben. Andererseits muss der innere Wiederaufbau der ganzen Gesellschaft einer Nation betrieben werden, in der der Mensch das Subjekt und das Fundament fuer einen neuen Humanismus sein muss. Das kann nur verwirklicht werden, wenn man auf alle Aspekte des menschlichen Lebens - an erster Stelle

die politischen, aber auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen - die Prinzipien des Foederalismus anwendet: Erstens den Pluralismus, denn den Menschen zu respektieren, setzt voraus, dass man alle legitimen (natuerlichen, historischen und freiwilligen) Formen menschlicher Gemeinschaft schuetzt. Zweitens die Autonomie jeder Gemeinschaft, ihre Freiheit, sich zu organisieren, wenn ihre Interessen nicht mit denen der anderen Gemeinschaften zusammenprallen. Drittens die notwendige Koordination zwischen den verschiedenen Einrichtungen eines funktionierenden Gebildes, zwischen den verschiedenen Entscheidungsstufen, in denen sich die politische Organisation der Gesellschaft artikuliert. Viertens die gegenseitige Unterstuetzung, damit keine ueberlegene Gemeinschaft in die unterlegene Gemeinschaft intervenieren kann, bis diese in der Lage ist, ihre Funktionen und Kompetenzen mit hoeherer Effizienz zu entwickeln und bessere Ergebnisse zu erreichen, als die, die von der ueberlegenen Gesellschaft erreicht werde

n koennten. Fuenftens die aktive Teilnahme jedes bewussten Buergers am Leben der Gemeinschaft.

FOEDERATION, NICHT KONFOEDERATION

Alles das kann nur mit der Einrichtung eines wirklichen foederalen Rechtssystems, nicht mit einer Konfoederation erreicht werden; diese letztere gleicht einer Allianz, in der die Staaten ihre intakte Souveraenitaet auf allen Gebieten behalten und ueber ein Vetorecht verfuegen; in der Foederation hingegen delegieren die einzelnen Staaten einen Teil von Macht und Funktionen an uebergeordnete Institutionen, in einem ueberwiegenden Teil bleiben sie souveraen und autonom. Die Bindung, die ueber Jahrzehnte die Republiken der Sowjetunion und Jugoslawiens zusammengehalten hat, war keine wirkliche: Es fehlte der freie Willen zum Zusammenschluss, die Gleichberechtigung der Republiken wurde nicht respektiert, es gab kein rechtliches oder verfassungsmaessig garantiertes Mittel zur Ueberpruefung oder Angleichung an die sich fortentwickelnde politische und oekonomische Realitaet und durch die Omnipotenz der kommunistischen Partei verstaerkte sich die Vorherrschaft des politischen Zentrums, dass alle ethnischen Realitaete

n zu homogenisieren und zu unterdruecken suchte. Wenn also die Besorgnis mehr als gerechtfertigt erscheint, die das Wort "Foederation" bei den Voelkern der Ex-Sowjetunion und im ehemaligen Jugoslawien hervorruft, muss man doch klarstellen, dass die absolut legitimen Ansprueche auf Autonomie und eigene Regierung in der Perspektive eines erweiterten politischen und oekonomischen Umfelds realisiert werden, das unerlaesslicherweise im Rahmen weltweiter Interdipendenz bleibt und im Moment der wiedergewonnenen politischen Freiheit angestrebt werden muss, auf der Suche nach neuen Zusammenschluessen groesseren Umfangs auf "regionalem" Niveau im Hinblick auf ein weltweites "gemeinsames Haus". Der Beitritt der neuen Laender zur Europaeischen Gemeinschaft setzt eine Verstaerkung in diesem Sinne, die Vertiefung und Demokratisierung ihrer institutionellen Situation voraus. In der Zwischenzeit koennen und muessen praezise Uebereinkuenfte fuer eine Vereinigung zustande kommen; moeglicherweise nach dem von den USA vorgesch

lagenen - aber nicht realisierten - Modell des "Marshall-Plans", der direkte Hilfen nicht fuer die einzelnen Laender, sondern weiterreichende Konzessionen vorsah, um ein autonomes und freiwilliges System der Eingliederung zu beguenstigen, ein erster Schritt fuer festere Bindungen im Hinblick auf zukuenftige "regionale" Zusammenschluesse internationalen Charakters.

GEMEINSAM FUER DIE VEREINIGTEN STAATEN DER WELT KAEMPFEN

Das oekonomische Problem, auch wenn es fuer sich genommen eine wichtige, oft ueberlebenswichtige Sache ist, ist nicht der Hauptgrund fuer die Schaffung von Strukturen, die den einzelnen Staaten uebergeordnet sind. Die Oekonomie war nicht das Wichtigste fuer die Gedanken und Aktionen der Autoren des "Manifestes von Ventotene", und sie ist es auch nicht fuer die Gedanken und Taten des "Partito Radicale", der aus dem Foederalismus im allgemeinen und dem europaeischen Foederalismus im besonderen eines seiner Ziele gemacht hat: Heute die europaeische Staatengemeinschaft zu realisieren und morgen eine Staatengemeinschaft der Welt, heisst das Primat der Politik zu bekraeftigen, heisst, Subjekte und nicht Objekte unseres Schicksals zu sein. Angesichts der Groesse dieses Plans, der uns zur Regierung eines Welt-Staatenbundes bringen soll, fuehlt jeder von uns Einsamkeit und Beklemmung, aber das Gefuehl von Ohnmacht angesichts der Probleme, die sich unserem Willen entziehen und von Entscheidungen, die von anderen getr

offen werden, kann ueberwunden werden und umgewandelt in einen siegreichen Kampf, wenn mit uns Dutzende, Hunderte, Tausende anderer Buerger sein werden, die in hundert, tausend Staedten der Welt sich finden werden, um gemeinsam die neue, uebernationale, ueberparteiliche, gewaltlose und demokratische Partei zu gruenden, Ort der Tat fuer alle foederalistischen Bewegungen, um die Vereinigten Staaten der Welt zu schaffen.

 
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