Frau Präsidentin! Wir möchten uns bei Herrn von Wogau für diese Anfrage bedanken, denn sie gibt uns Gelegenheit, nicht nur zu dem aktuellen Anla etwas zu sagen, sondern ganz kurz auch auf den Stand der Dinge einzugehen. Ich habe es sehr bedauert, da das Parlament gezwungen war, die von uns vorgelegte Richtlinie abzulehnen. Die Kommission hat, wie Sie sich erinnern werden, nicht dafür geworben, da Sie diese Richtlinie annehmen, denn wir sind in der Sache und im Verfahren mit Ihnen einig. Wir wollen wie Sie eine vernünftige Komitologie. Der Rat hatte in dieser Frage leider keinen Standpunkt eingenommen, den Sie hätten annehmen können.
Ich hoffe, da das Komitologieproblem zu lösen ist. Wie Sie wissen, haben wir im April dieses Jahres einen Vorschlag für eine interinstitutionelle Vereinbarung vorgelegt, und ich höre, da das Parlament eine Arbeitsgruppe dazu gebildet hat. Ich hoffe, da wir über bald diese Frage entscheiden können. Wir können diese Frage nicht - das will ich hier ausdrücklich sagen - der Regierungskonferenz 1996 überlassen, denn das würde noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und uns und Sie in Ihrer Arbeit behindern. Deswegen hoffe ich, da wir unabhängig von der Regierungskonferenz und schon vorher zu einer Einigung mit dem Rat kommen.
Die Ablehnung ist bedauerlich, da es sich ja im wesentlichen um Vorschriften handelte, die für den Verbraucher wichtig gewesen wären und die wir harmonisieren wollten. Es handelt sich nicht so sehr um die Frage der Liberalisierung. Ich möchte das ausdrücklich nochmal betonen, weil das auch in den Presseberichten ein wenig durcheinander geraten ist. Die Frage, unter welchen Bedingungen die Netze offen sein sollen und wie das harmonisiert wird, hat eine gro e Bedeutung. Sie ist aber zu unterscheiden von der Frage der Liberalisierung. Bei der Liberalisierung - darauf hat Herr von Wogau bereits hingewiesen - haben wir schon eine ganze Reihe von Schritten erreicht, einschlie lich des Beschlusses von diesem Jahr, die Telefondienste bis zum 1.01.1998 zu liberalisieren. Das ist beschlossen. Wir haben hier also eine relativ verlä liche Basis.
Jetzt geht es - wie bereits in dieser Woche bereits im Telekommunikationsrat - um die Liberalisierung der Infrastruktur, und ich hoffe, da wir auch in dieser Frage noch in diesem Jahr mit dem Rat einen vernünftigen Beschlu zustandebringen, denn wir gewinnen überhaupt nichts, wenn wir warten. Auch die sozialen Probleme der Postbeamten und andere Probleme, die immer wieder aufgeworfen werden, kann und mu man lösen. Man darf sich aber nicht an der Liberalisierung dieser Netze vorbeidrücken. Wenn wir das tun, wird nämlich genau das eintreten, was Herr von Wogau beschrieben hat. Wir verlieren diesen Markt, denn unsere Konkurrenten warten nicht.
Wir haben auch in europäischen Ländern gute Beispiele dafür, da die Liberalisierung absolut zum Vorteil der Verbraucher ist, denn die Dienste werden effektiver und billiger, und die soziale Situation der Beschäftigten bei den bisherigen Monopolunternehmen lä t sich auf eine vernünftige Weise lösen. Dafür gibt es Beispiele, wie etwa die Bundesrepublik. Wir haben die Beratungen im Telekom-Rat unter Anwesenheit der Beitrittsländer durchführen können, und in Finnland sowie besonders in Schweden gibt überzeugende Beispiele dafür, da die Liberalisierung nicht dazu führt, da entlegene Gebiete einen schlechteren Dienst bekommen, wie immer behauptet wird. Sie führt auch nicht dazu, da man ein öffentliches Monopol durch ein privates Monopol ersetzt. Ganz im Gegenteil, wir haben Wettbewerb. Sinkende Preise und eine bessere Leistung, und alle Bürger der Gemeinschaft, alle Verbraucher werden in der gleiche Weise und zu annehmbaren Bedingungen bedient.
Wir können also eigentlich nur einen einzigen Beschlu fassen, nämlich so schnell wie möglich zu liberalisieren. Wir werden jetzt, das war auch die Frage von Herrn von Wogau, einen neuen Richtlinienentwurf vorbereiten. Wir werden einen neuen Vorschlag machen, natürlich auf der Basis dessen, was wir schon in den Verhandlungen mit Parlament und Rat erreicht haben, und ich hoffe, da wir das dann auch im Laufe des nächsten Jahres verabschieden können. Es wird sicher etwas Zeit in Anspruch nehmen, aber ich glaube nicht, da sich diese Verzögerung katastrophal auswirken wird. Wir werden selbstverständlich diese Richtlinie genauso wichtig nehmen wie die Liberalisierung, denn letztlich - und da haben einige zögernde Mitgliedsländer durchaus Recht - mu die Liberalisierung begleitet sein von einer Harmonisierung. Die Bedingungen müssen so gestaltet werden, da wir eine faire Konkurrenz und auch einen Schutz des Verbrauchers haben.