Herr Präsident, der Themenbereich ist sehr ernst, und meine Fraktion hat ihn auch stets ernst genommen. Wir haben bei der Diskussion des Schinzel/Fayot-Berichts ja auch unsere ernsthaften Änderungsanträge in diesen Bericht eingebracht. Deshalb sind wir so enttäuscht, Herr Kommissar, da Ihr Papier, das Sie vorgelegt haben, so vage formuliert ist und keine klare Formulierung des Ziels beinhaltet, worauf auch Frau Tongue eben hingewiesen hat.
Die Gradwanderung, die wir Europäer auf dem Gebiet meistern müssen, ist bekannt und wirtschaftlich wie gesellschaftspolitisch äu erst brisant. Wir müssen gleichzeitig unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern und den Pluralismus der Ideen in Europa sichern, der durch allzu gro e Konzentrationsprozesse gefährdet werden könnte. Auch die Verwirklichung des Binnenmarktes verlangt ihren Teil an Anpassung der industriellen und ordnungspolitischen Mechanismen. Es steht au er Zweifel: Die Anpassung an die globalen Herausforderungen des Mediensektors ist gerade für unseren wirtschaftlich sehr zersplitterten Medienmarkt eine Frage des Überlebens.
Was bei der Debatte in diesem Hause allerdings oftmals vergessen und übersehen wird, ist, da das Obengesagte keineswegs im Gegensatz zueinander stehen mu und da Überzeichnungen dem gemeinsamen Ziel sehr abträglich sein können. Europa wird angesichts der weltweiten Integrationsprozesse international nur bestehen können, wenn es den globalen Konglomeraten etwas entgegenzusetzen hat. Seine Diversität auf dem Gebiet wird es wiederum nur wahren können, wenn es gelingt, sie durch internationale Wettbewerbsfähigkeit zu finanzieren. Wer das nicht einsehen will, verschlie t die Augen vor den Realitäten.
Konstellationen sind also von vornherein nichts Schlechtes; nur was daraus eventuell gemacht wird, kann schlecht sein, und hiermit komme ich zu einem weiteren entscheidenden Mi verständnis, das in diesem Hause ab und zu bei diesem Thema auftritt. Wir dürfen hier nicht alles durcheinanderbringen. Der Kommissar hat das schon gesagt, auch wenn das Thema verständlicherweise Emotionen weckt.
Es geht einfach nicht, da wir in diesem Kontext das Prinzip der Subsidiarität laufend in Frage stellen. Was die Gemeinschaft auf dem Gebiet der Konstellation, des Pluralismus kann oder was nicht, geben die Verträge ganz eindeutig vor. Um es auf den Punkt zu bringen: Für die inneritalienischen Medien und ordnungspolitischen Verhältnisse sind wir hier einfach nicht zuständig. Dies ist ein italienisches Problem, das uns zwar als Bürger und auch als Politiker durchaus Sorgen bereitet, als Mitentscheidungsträger auf europäischer Ebene aber nicht direkt betrifft. Sollte die Europäische Union zuständig sein, mü ten wir die Verträge in puncto ordnungspolitische Hoheit radikal umgestalten. Ich glaube nicht, da einige Länder das mitmachen werden.
Wie Frau Tongue schon betont hat, sind wir sehr enttäuscht darüber, da wir in den vergangenen anderthalb bis zwei Jahren, in denen wir dieses Thema diskutiert haben, keine konkreteren Ausführungen von Ihnen erhalten haben. Ich glaube, da wir gerade bei der Medienpolitik und ihrer Entwicklung, wie wir sie wollen, und auch gerade unter Beachtung des Pluralismus Zeit verschlafen, da wir der Medienpolitik insgesamt keine Leitlinien an die Hand geben, anhand derer sie sich weiterentwickeln kann.
Ich persönlich hoffe, da Sie uns in der verbleibenden Zeit oder gar in Kürze -nach weiteren Befragungen, aber möglichst schnell und unter Einhaltung eines vorgegebenen Zeitplanes - ein Papier auf den Tisch legen, mit dem wir arbeiten können, über das wir auch dann unseren Beschlu fassen und so der Medienpolitik in Europa eine klare Vorgabe geben können.
Die EVP-Fraktion wird dem Entschlie ungsantrag, der hier eingebracht wurde, zustimmen, vielleicht mit einem "split vote", indem wir einen bestimmten Punkt herausnehmen. Der wird aber morgen sicherlich noch vorgetragen.
(Beifall)