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Wissmann - 27 ottobre 1994
Wissmann, amtierender Ratspräsident.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kommissar! Ich bin dankbar, da sich das Europäische Parlament dieses wichtigen Themas, das nach dem schrecklichen Unfall der Estonia viele Millionen Menschen bewegt, annimmt und, wie das gerade eben im Beitrag des Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments, Herrn Cornelissen, zum Ausdruck kam, auch darauf drängt, da nicht nur geredet, sondern da gehandelt wird. Die Präsidentschaft teilt diese Einschätzung. Wir dürfen über diesen tragischen Unfall nicht einfach hinweggehen.

Sie werden sicher verstehen, Frau Präsidentin, da ich zunächst noch einmal mein gro es Bedauern über diesen tragischen Unfall des Fährschiffes Estonia am 28. September 1994, der mehr als 900 Menschenleben gefordert hat, zum Ausdruck bringen und den betroffenen Familien und Staaten meine herzliche Anteilnahme aussprechen möchte.

Ich glaube, wir haben eine moralische Verpflichtung, nämlich die, die Themen nicht zu vergessen, wenn das Scheinwerferlicht verlöscht ist, sondern uns in den kommenden Wochen und Monaten um praktische Konsequenzen zu bemühen. Deshalb bin ich dankbar für die Anregungen, die der Verkehrsausschu gegeben hat.

Mir wurde eine Vielzahl von Fragen gestellt, so da ich, wenn ich sie ernsthaft beantworten will, das nicht in fünf Minuten schaffen kann. Wenn Sie einverstanden sind, gehe ich zunächst auf die beiden mündlichen Fragen an den Rat ein und ich werde mit der Frage Nr. O-0106/94 des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlamentes beginnen.

Ich möchte die Reihenfolge der Fragen etwas umstellen und sofort zum Kern der Sache vordringen, d.h. mit der Behandlung des zehnten und achten Gedankenstriches beginnen, die die Verbesserung der Sicherheit von Fährschiffen am deutlichsten ansprechen. In bezug auf den zehnten Gedankenstrich betreffend die Verstärkung der IMO-Normen für Fährschiffe möchte ich daran erinnern, da die Politik des Rates schon immer in der Unterstützung der IMO-Ma nahmen bestanden hat. Nach dem Untergang der Herold of Free Enterprise im Jahre 1987 hatte das Vereinigte Königreich den Rat über die Untersuchung dieses Falls und die Ma nahmen unterrichtet, mit denen eine Wiederholung derartiger Katastrophen vermieden werden sollte. Nach dem Brand der Skandinavian Star Anfang 1990 unterstützte der Rat mit einer Entschlie ung die im Rahmen der IMO und der Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle ergriffenen Ma nahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Fahrgastfährschiffen.

So wurde das 1974 geschlossene SOLAS-Übereinkommen 1988, 1990 und 1992 geändert, um insbesondere die Schlie ung der Torverschlüsse, die Stabilität und die Feuersicherheit der Fährschiffe deutlich zu verbessern. Mit Blick auf seine Entschlie ung von 1990 wird der Rat alle Verbesserungen der IMO-Normen betreffend die Fährschiffe mit gro em Interesse und - ich betone das - mit allem Nachdruck weiter verfolgen.

Was den achten Gedankenstrich - hier geht es um die Harmonisierung der Sicherheitsvorschriften für zwischen Gemeinschaftshäfen verkehrende Fährschiffe - betrifft, so hat der Rat in seiner Entschlie ung vom 8. Juni 1993 über eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr eine bessere Ausbildung der Rettungsbootführer an Bord von Passagierschiffen bei internationalen Kurzreisen gebilligt. Er hat ferner die Kommission aufgefordert, Sicherheitsvorschriften für Passagierschiffe bei Inlandsfahrten vorzuschlagen. Mit Blick auf die dramatischen Ereignisse des 28. September wird der Rat mit Sicherheit seine ganze Aufmerksamkeit auf die Mitteilungen und Vorschläge richten, die ihm insbesondere zu den nicht von den IMO-Übereinkünften abgedeckten Passagierschiffen und den Anforderungen betreffend den Betrieb von Roll on-Roll off-Fährschiffen unterbreitet wurden.

Ich möchte nun auf die übrigen Gedankenstriche der parlamentarischen Anfrage eingehen. Was den ersten Gedankenstrich betreffend die Förderung der Ratifizierung der Anwendung der IMO-Übereinkünfte angeht, so darf ich daran erinnern, da der Rat mehrere Empfehlungen und Entschlie ungen angenommen hat, die jetzt auch von den Mitgliedstaaten gut befolgt werden. Darüber hinaus hat sich der Rat bemüht, den IMO-Normen auf Gemeinschaftsebene dadurch Geltung zu verschaffen, da er Richtlinien vorbereitet hat, die die Übernahme dieser Normen in das Gemeinschaftsrecht nun auch gewährleisten werden. So enthalten mehrere, derzeit im Rat zur Prüfung vorliegende Entwürfe Teile der folgenden Übereinkünfte: das Internationale Schiffssicherheitsübereinkommen SOLAS, das Internationale Meeresumweltschutzübereinkommen MAPOL, das Internationale Übereinkommen über Ausbildung Wachdienst und Befähigung der Seeleute STCW, das Internationale Freibordübereinkommen und das Internationale Ölhaftungsübereinkommen. Diese Rechtsakte stellen

je nachdem auf Schiffe unter Gemeinschaftsflagge, auf die in den Gemeinschaftsgewässern fahrenden Schiffe bzw. auch in Gemeinschaftshäfen einlaufende Schiffe ab.

Im zweiten Gedankenstrich schlägt der Ausschu für Verkehr und Fremdenverkehr ferner vor, da der Rat finanzielle Verpflichtungen für die Förderung eines Aktionsprogramms betreffend die Sicherheit der Fährschiffe eingeht. Die Frage einer solchen Verpflichtung wird sich erst endgültig stellen und beantworten lassen, wenn die Unfalluntersuchungsergebnisse wirklich seriös aufgearbeitet sind.

Was die im dritten Gedankenstrich vorgeschlagene Erarbeitung von Normen für die Schiffsüberprüfung angeht, so begrü e ich, da sich der Ausschu für Verkehr und Fremdenverkehr dafür ausgesprochen hat, da das Parlament den Gemeinsamen Standpunkt des Rates betreffend eine Richtlinie über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und Besichtigungsorganisationen billigt. Damit wird der Rat in der Lage sein, am 21. November dieses Jahres die Richtlinie endgültig anzunehmen .

In bezug auf den vierten und fünften Gedankenstrich betreffend den Ausbau der Hafenkontrolle der Schiffe und die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für diese Kontrolle bilden die in der parlamentarischen Anfrage enthaltenen Überlegungen den Gegenstand des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen. Der Rat wird dieses Dossier auf seiner November-Tagung im Lichte der Stellungnahme des Parlaments nach der ersten Lesung erörtern. Die Annahme dieser Stellungnahme soll ja, wie mir mitgeteilt wurde, noch auf dieser Tagung erfolgen, und zwar heute abend um 20.00 Uhr. Ich freue mich, wie schnell und effizient das Europäische Parlament, vor allem sein Verkehrsausschu arbeitet. Dies entspricht voll und ganz dem Geist der Effizienz, dem auch wir uns während unserer Ratspräsidentschaft verschrieben haben.

(Vereinzelter Beifall)

Zum sechsten Gedankenstrich: Ein Ausbau des Küstenschutzes kann sich indirekt aus anderen Ma nahmen, wie zum Beispiel dem Vorschlag betreffend die Meldung von Schiffen in den Gemeinschaftsgewässern EUROREG, ergeben.

Das im siebten Gedankenstrich erwähnte weltweite Seenot- und Sicherheitsfunksystem wurde unter Federführung der IMO entwickelt und soll die Such- und Rettungsdienste sowie die Schiffe benachrichtigen, die sich bei grö eren Zwischenfällen auf See in der Nähe befinden. Mit der Einrichtung des Systems wurde 1992 begonnen, sie wird 1999 abgeschlossen sein.

Abschlie end möchte ich kurz auf den neunten Gedankenstrich betreffend die Erforschung der Ursachen von Schiffsunglücken und der Mittel für ihre Verhinderung eingehen. Wir haben auch jetzt wieder - wie immer üblich - eine gründliche Untersuchung in Auftrag gegeben. Wir wissen heute, da wir auch aus früheren Untersuchungen Ideen nutzen können; diese mü ten allerdings jetzt auch zügig in Europa und in der internationalen Schiffahrtsorganisaton durchgesetzt werden. Als wir Anfang 1994 in einigen Mitgliedstaaten der EU die Initiative ergriffen haben, die Themen der Schiffsicherheit in Europa voranzubringen, hat das keineswegs überall in der Europäischen Union und schon gar nicht au erhalb die notwendige Resonanz gefunden.

Ich hoffe, da uns jetzt das gestärkte Bewu tsein hilft, auch Aktionen durchzusetzen und nicht nur bei Entschlie ungen stehenzubleiben. Die Präsidentschaft wird alles tun, um konkrete Aktionen durchzuführen und es nicht bei schönen Beschlu fassungen bewenden zu lassen. Ich freue mich, da wir eine so tatkräftige Unterstützung aus dem Europäischen Parlament erhalten.

Ich möchte nunmehr auf die mündliche Anfrage Nr. O-0101/94 der GUE eingehen. Was Frage 1a betreffend die Sicherung der Torverschlüsse und der Fracht angeht, so hat die IMO einschlägige Normen angenommen, die sie kontinuierlich verbessert. So werden derzeit die Vorschriften für die Sicherung von Containern überarbeitet. Sie bemüht sich ferner, den einschlägigen Teil der Richtlinie betreffend die sachgerechte Stauung und Sicherung von Ladungen bei der Beförderung mit Seeschiffen verbindlich festschreiben zu lassen.

Was Frage 1b betreffend die Anwendung der IMO-Normen angeht, so verweist der Rat auf seine Antwort auf die vorige mündliche Anfrage.

Zur Frage 1c betreffend die Ausbildung der Besatzungen erinnert der Rat daran, da das Parlament noch zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates betreffend den Vorschlag für eine Richtlinie über die Ausbildung von Seeleuten Stellung nehmen mu . Bei dieser Gelegenheit bitte ich Sie auch darum. Die Richtlinie soll möglichst am 21./22. November 1994 vom Rat endgültig angenommen werden.

Zur Frage 1d betreffend die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten wird daran erinnert, da diese in allen vom Rat angenommenen Ma nahmen betreffend die Sicherheit im Seeverkehr bereits vorgesehen ist.

Zur Frage 2 betreffend die Überprüfung der Schiffe in den Häfen darf ich ihnen mitteilen, da der Rat bei seinen Beratungen über den Vorschlag für eine Richtlinie betreffend die Hafenkontrolle voll und ganz den Texten Rechnung trägt, die von dem mit der Vereinbarung eingesetzten Ausschu für Hafenkontrolle erstellt wurden.

Was die Frage 3 betreffend die grundlegende Überarbeitung der IMO-Normen anbelangt, so wird die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der IMO mit dem Ziel einer weiteren Verbesserung der Sicherheit und der Seeschiffahrt zu intensivieren sein.

Ich möchte Ihnen noch einmal versichern, da der Rat der Prüfung der ihm vorliegenden Kommissionsvorschläge weiterhin absoluten Vorrang einräumt, und wir sind sehr dankbar, Herr Kommissar Oreja, da auch die Kommission hier alles tut, um voranzukommen. Seit den Unfällen Anfang 1993 haben zwei Sondertagungen des Rats der Umwelt- und Verkehrsminister stattgefunden, die ausschlie lich der Sicherheit im Seeverkehr gewidmet waren.

In der November-Tagung des Rates wird das Thema Schiffsicherheit und Seefahrt einen Schwerpunkt bilden. Diesen Schwerpunkt bilden wir nicht erst nach dem schrecklichen Unfall der Estonia, sondern haben ihn in enger Zusammenarbeit mit dem Rat bereits seit Monaten vorbereitet. Deswegen will ich Ihnen in diesem Geist einen kurzen abschlie enden Ausblick auf das Programm des Rates geben. Wir werden am 21./22. November sechs Vorgänge zum Thema haben, die sich mit der Sicherheit im Seeverkehr beschäftigen. Der Rat wird am 22. November, nach allem, was wir heute wissen, die Richtlinie über die Mindestausbildung der Seeleute und die Richtlinie über die Klassifikationsgesellschaften endgültig verabschieden und zur Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle einen Gemeinsamen Standpunkt festlegen.

Zusätzlich in diesem Zusammenhang möchte ich die Verordnung über die Vermessung von Schiffen mit Tanks für getrennten Ballast, die der Rat endgültig verabschieden will, und die zweite Richtlinie über ein Schiffsmeldesystem nennen, mit der die bereits bestehende Meldepflicht für Schiffe, die Häfen der Europäischen Union anlaufen, auf Schiffe ausgedehnt wird, die die Transit-Hoheitsgewässer der Europäischen Union durchfahren.

Speziell zur Verbesserung der Sicherheit auf Roll on-Roll off-Fahrgastschiffen ist vorgesehen, da der Rat am 22. November eine Entschlie ung verabschiedet. Nach den vorbereiteten Arbeiten auf Fachebene liegt der Entwurf der Entschlie ung in seinen wesentlichen Umrissen fest und sieht folgende Punkte vor:

Erstens: Die Europäische Union will alle beabsichtigten Aktivitäten der Internationalen Schiffahrtsorganisation unterstützen, die eine Verbesserung der Sicherheit der Fahrgastschiffe zum Ziel haben. Es geht darum, eine Ad-hoc-Expertengruppe einzusetzen, die bis Mai 1995 Ma nahmen zur Erhöhung der Sicherheit empfehlen kann. Es geht darum, das Bau- und Ausrüstungskonzept der Roll on-Roll off-Fähren grundlegend zu überprüfen. Es geht darum, die Evakuierungssysteme grundlegend zu überprüfen - das ist ein ganz wichtiger Punkt besonders nach den Erfahrungen mit diesem schrecklichen Unfall der Estonia.

Zweitens: Im Vorgriff auf einen von der IMO bereits verabschiedeten, aber in diesem Rahmen erst später anzuwendenden Sicherheitsmanagementcode soll die Europäische Union bereits am 1.1.1996 ein Zertifizierungssystem einführen, das die betrieblichen und organisatorischen Funktionsabläufe an Bord und im Reedereibetrieb periodisch überprüft und deren ordnungsgemä en Ablauf sicherstellt.

Drittens: Die Europäische Union soll einen obligatorischen Fahrtenschreiber einführen, vergleichbar mit der black box in der Luftfahrt. Dies soll der Ermittlung von Unfallursachen dienen und die Wiederholung vergleichbarer Unfälle nach Möglichkeit vermeiden helfen.

Viertens: Für alle Fahrgastschiffe, die von und nach Häfen der Europäischen Union verkehren, soll ein verbessertes Besichtigungssystem, und zwar eine gesetzlich festgelegte technische Überwachung eingeführt werden. Dies soll vor Eröffnung eines neuen Dienstes und danach in regelmä igen Abständen erfolgen.

Fünftens: Alle Schiffe, die Häfen der Europäischen Union anlaufen und eine bestimmte Reisezeit überschreiten, sollen Passagierlisten mitführen. Nach dem Unglück der Estonia ist der Rat noch mehr als zuvor entschlossen, gerade auch auf die Einhaltung solcher Punkte zu drängen. Ich meine, da wir mit der Verwirklichung dieser Punkte in Sachen Schiffsicherheit ein wesentliches Stück vorankommen. Ich bitte Sie mitzuhelfen, damit wir diesen Themen dann, wenn das Scheinwerferlicht verlöscht, das sich nach dramatischen Unfällen immer leicht entflammen lä t, weiterhin mit aller Konsequenz nachgehen. Ich finde, da wir es den Menschen schuldig sind, die auf See unterwegs sind. Wir sind es aber meiner Ansicht nach auch den Opfern der Unfälle schuldig, da wir nicht reden, sondern handeln und auch noch manches fragwürdige Schiff im Zweifelsfall im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Verkehr ziehen. Sicherheitsüberlegungen sind wichtiger als kommerzielle Überlegungen. Ich will das nur zum Abschlu noch einmal mit allem Na

chdruck sagen.

(Vereinzelter Beifall)

 
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