BERICHT des Untersuchungsausschusses zur Ausbreitung des organisierten Verbrechens im Zusammenhang mit dem Drogenhandel in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft
Berichterstatter: Herr Patrick COONEY
INHALT
EMPFEHLUNGEN DES UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES
PRÄAMBEL
VORWORT
EINLEITUNG
DAS AUSMASS DES PROBLEMS IN DER GEMEINSCHAFT
VORPRODUKTE, WESENTLICHE CHEMIKALIEN UND CHEMISCHE STOFFE
DROGENMISSBRAUCH
DAS NETZ DER VERBRECHERSYNDIKATE
Mafia
Camorra
'Ndrangheta
Yakusas
Triaden
Die türkischen Clans
Sonstige ethnische Clans
Organisierte Motorradbanden
Polnische Organisationen
RAUSCHGIFT-HANDELSSTRASSEN
Balkanroute
Afrika
Mittel- und Südamerika
GESETZLICHE BESTIMMUNGEN
AUFBAU DER STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN
Nationale Zoll- und Polizeibehörden
Rolle der Drogenverbindungsbeamten
Interpol
Zollkooperationsrat
DROGENPROFITE UND GELDWÄSCHE
POLITISCHE INSTITUTIONEN, KRIMINELLE ORGANISATIONEN UND DROGEN-
HANDEL
BEITRAG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT ZUM KAMPF GEGEN DEN DROGEN-
HANDEL
Empfehlungen für die Zukunft
MINDERHEITSEMPFEHLUNGEN
TEIL A: EMPFEHLUNGEN DES UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES
- In seiner Sitzung vom 7. November 1990 nahm das Erweiterte Präsidium des Europäischen Parlaments ein Schreiben von Herrn COLAJANNI vom 15. Oktober 1990 sowie einen am 24. Oktober 1990 eingereichten, begründeten und gemä Artikel 109 Absatz 3 der Geschäftsordnung von mehr als einem Viertel der gegenwärtigen Mitglieder des Europäischen Parlaments unterzeichneten Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Ausbreitung des organisierten Verbrechens im Zusammenhang mit dem Drogenhandel in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften zur Kenntnis. Das Europäische Parlament beschlo daraufhin am 19. November 1990 die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses; am 24. Januar 1990 wurden die Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestätigt. Der Ausschu hielt seine konstituierende Sitzung am 19. Februar 1991 ab.
Zwischen dem 19. Februar 1991 und dem 19. November 1991 hielt der Untersuchungsausschu zwölf Sitzungen - darunter drei Anhörungen - ab.
In seiner Sitzung vom 27./28. November 1991 nahm der Ausschu die Empfehlungen mit 9 Stimmen bei 6 Gegenstimmen an.
An der Abstimmung beteiligten sich die Abgeordneten: Bowe, Vorsitzender; Colajanni, erster stellvertretender Vorsitzender; Stewart-Clark, zweiter stellvertretender Vorsitzender; Taradash, dritter stellvertretender Vorsitzender; Cooney, Berichterstatter; Avgerinos, Barros Moura, van den Brink, de Donnea, Fernandez Albor, Hadjigeorgiou, Reding, Salisch, Schwartzenberg und Vazquez Fouz.
Der Bericht wurde am 2. Dezember 1991 eingereicht.
TEIL A: PRÄAMBEL
Die Macht der kriminellen Organisationen, die den Drogenhandel steuern, nimmt in besorgniserregendem Ma e zu. Sie hat immer gravierendere Auswirkungen auf die Gesellschaft und die politischen Institutionen der Mitgliedstaaten, untergräbt die Grundlagen der legalen Wirtschaft und bedroht die Stabilität der Mitgliedstaaten. Die aus dem Drogenhandel zu erzielenden finanziellen Gewinne gestatten den dafür verantwortlichen Verbrecherorganisationen, die staatlichen Strukturen auf allen Ebenen zu beeinträchtigen und zu korrumpieren. Der sehr hohe Marktwert der Drogen führt zu Kriminalität, Unsicherheit, Unordnung, gesellschaftlicher und rassischer Diskriminierung. Die Gesundheit der Konsumenten verbotener Drogen leidet nicht nur unter der Wirkung der konsumierten Substanzen, sondern auch unter der Illegalität, in deren Rahmen sich der Markt entwickelt.
In einigen Ländern ermöglicht die Verbreitung des organisierten Verbrechens, dessen Finanzkraft und Kapazität, Institutionen zu unterwandern sowie Wahlergebnisse zu steuern, es diesem, bei politischen Entscheidungen durch massive Einflu nahme und Erpressung zu intervenieren. Wie der BCCI-Skandal zeigt, herrschte in mehreren Fällen geheimes Einverständnis zwischen Verbrecher- banden, Geheimdiensten und sonstigen staatlichen Stellen in bezug auf Ablenkungsmanöver oder Geldwäsche, geheime Finanzierung und Inanspruchnahme derselben Finanzinstitutionen. All dies schwächt die politische Bereitschaft, die wichtigsten Zentren des internationalen Drogenhandels zu zerschlagen.
Angesichts dessen schlägt das EP eine Reihe von Empfehlungen vor, die die Effizienz von Fahndung und Strafverfolgung gemä dem Inhalt der Wiener Konvention von 1988 verbessern sollen. Diese Empfehlungen orientieren sich an den nachstehenden Überlegungen.
Polizei, Zoll und Justiz müssen ihre Tätigkeit auf die Strafverfolgung von Drogenhandel und Geldwäsche konzentrieren, dabei jedoch die Achtung der persönlichen Rechte und Grundfreiheiten garantieren.
Die für Fahndung und Strafverfolgung zuständigen gemeinschaftlichen, nationalen und regionalen Dienststellen und Strukturen müssen der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Die bisherigen Politiken haben das angestrebte Ziel, den Drogenhandel in der EG zu unterbinden oder zumindest einzudämmen, nicht erreicht. Strafma nahmen wiesen bisher einen geschätzten Effizienzgrad von 5-15% auf den Handel mit Betäubungsmitteln und den daraus resultierenden Kapitalverkehr auf. Daher ist zu prüfen, ob - gegebenenfalls - eine entschiedene Effizienzsteigerung von Fahndung und Strafverfolgung den Handel erheblich oder völlig eindämmen kann oder andere Wege beschritten werden müssen.
Der Ausschu fordert also eine Evaluierung der Kosten und Vorteile der derzeitigen Drogenpolitik unter Berücksichtigung der folgenden Indikatoren: Lebensumstände der Konsumenten illegaler Drogen, Ausbreitung von AIDS und Gefährdung der Drogensüchtigen durch Überdosen, Rolle der Drogenwirtschaft in den am wenigsten entwickelten Regionen, Einflu des Drogenhandels und kriminelle Unterwanderung der politischen Systeme und der staatlichen Verwaltung, Zahl und Typologie der Gewalttaten in den Städten, Anteil der Drogenstraftaten an den Straftaten insgesamt sowie der entsprechenden Delinquenten an der Gesamtzahl der Häftlinge. Die Festlegung neuer Politiken mu erwogen werden.
Die nachstehenden Empfehlungen des Untersuchungsausschusses beziehen sich auf Themen in direktem Zusammenhang mit seinem Mandat, nämlich die Untersuchung der Ausbreitung des organisierten Verbrechens im Zusammenhang mit dem Drogenhandel in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Aus- wirkungen auf die Demokratie. Der Ausschu vertritt nach reiflicher Überlegung die Ansicht, da es abgesehen vom Phänomen des Drogenhandels allein auch notwendig sein wird, die Folgen des Kampfes gegen Drogen, insbesondere seine Auswirkungen auf die Demokratie sowie auf die Sicherheit und Freiheit der Bürger, zu untersuchen.
1. Der Ausschu ist der Ansicht, da die Regierungen und die Europäische Gemeinschaft auf der "Nachfrageseite" des Drogenproblems sehr viel grö ere Anstrengungen unternehmen müssen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollten es den für die Volksgesundheit zuständigen Ministerien ermöglichen, dafür Sorge zu tragen, da mehr Mittel, mehr Personal und mehr praktische Bemühungen zur Verringerung der mit dem Drogenmi brauch verbundenen Risiken eingesetzt werden, so da zumindest zwischen den für die Drosselung der Nachfrage und die Verknappung des Angebots bereitgestellten Finanzmitteln ein Gleichgewicht hergestellt wird. Therapeutische Ma nahmen und Substitutionsprogramme erhalten von Regierungen und örtlichen Behörden nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Innerhalb ihrer Rechtszuständigkeit obliegt der Europäischen Gemeinschaft potentiell die Verantwortung hierfür, insofern als die Sozialpolitik grundsätzlich eine Erhöhung von finan- ziellen und humanen Ressourcen betreiben soll. Innerhalb der Erziehungs
systeme unserer Mitgliedstaaten wird nicht genug getan, um den Kindern beizubringen, mit Gesundheitsrisiken fertigzuwerden, wozu auch der Drogenkonsum gehört, dem Druck anderer zu widerstehen und für die eigenen Taten gerade- zustehen.
2. Drogensucht und Drogenmi brauch sollten in erster Linie als gesundheitliches und volksgesundheitliches Problem behandelt werden und nicht als Gegenstand polizeilicher oder gerichtlicher Ma nahmen. Der Besitz verbotener Drogen in kleinen Mengen für den persönlichen Bedarf sollte nicht als Straftat angesehen werden. Die Drogengesetze müssen zwischen Verbraucher und Verbrechertum unterscheiden und dürfen den Drogenabhängigen nicht zum Straftäter stempeln und ihm somit jede Möglichkeit der sozialen Integration nehmen. Die Hilfe für Drogensüchtige darf nicht unter strafgesetzliche Bestimmungen fallen. Dies hat u.a. zur Folge, da die Strafjustiz sich immer mehr mit der Drogenkriminalität auseinandersetzen mu . Überfüllte Gefängnisse aufgrund dieser Kriminalität bewirken zudem eine drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen innerhalb der Haftanstalten, was die Anwendung der Gefängnisordnung weiter erschwert und den Verbrechersyndikaten in den Anstalten, die die Insassen mit Drogen versorgen, Vorschub le
istet.
3. Ein Kampf gegen die Drogensucht, der ausschlie lich mit Mitteln des Strafrechts und dem Zwang zur Abstinenz geführt wird und eine staatliche und öffentliche Hilfe nur bei unterstellter Drogenabstinenz anbietet, ist bisher gescheitert. Die Nachfrage nach Drogen allein besteht nach wie vor, das soziale und gesundheitliche Elend der Benutzer vergrö ert sich schnell, immer mehr Süchtige sind HIV-positiv, immer mehr Benutzer sterben, der illegale Drogenhandel verbreitet sich und macht immer grö ere Gewinne, die Abscheu der Menschen in den Städten vor dem Drogenhandel und der profitgierigen Kriminalität nimmt zu.
4. Der Untersuchungsausschu ist der Ansicht, da es im Interesse der Europöischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten läge, da die staatlichen Stellen die Aufklärung über die obengenannten Aspekte verstärken, um sich mit der Problematik vertraut zu machen und die Öffentlichkeit wahrheitsgemä und eingehend zu informieren, damit die Nachfrage sinkt und die Drogenabhängigen von ihrer Sucht geheilt werden können. Informationskampagnen, die Einrichtung von Datenbanken (Beobachtungsstellen) und die Verbreitung von Berichten über medizinische Erfolge sind u.a. gemeinschaftsweit erforderliche Ma nahmen, die im Einklang mit der Achtung der demokratischen Freiheiten und der Verpflichtung der Behörden stehen, über die Volksgesundheit zu wachen. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten für die Erfassung von Heroinabhängigen sorgen und den freien Zugang zu Behandlungseinrichtungen und kostenlosen Spritzen sowie die Verschreibung von Medikamenten (Temalgesic, Methadon) durch zugelassene Kliniken sicherste
llen.
5. Der Kampf gegen die Drogen sollte nicht so sehr den Benutzern und der untersten Ebene des Drogenhandels gelten, sondern dem organisierten internationalen Drogenhandel und dem Handel auf den höchsten Ebenen. Es ist ein pragmatisches Vorgehen zur Verringerung der Risiken im Zusammenhang mit dem Konsum und dem Mi brauch von Drogen dadurch zu entwickeln, da die gesundheitliche und soziale Betreuung des Drogensüchtigen übernommen wird; gleichzeitig soll die Verfügbarkeit von sauberen Drogen mit festgelegter Dosierung gewährleistet und organisiert werden, um Todesfälle zu vermeiden und die gesundheitlichen Problem (insbesondere die Ansteckung durch den HIV-Virus) sowie die Folgekriminalität zu verringern. Aussagen prominenter Zeugen zufolge, die vom Ausschu eingeladen worden waren, hat jedoch die Art und Weise der Bekämpfung des Drogenproblems in der Europäischen Gemeinschaft zu keinen nennenswerten Erfolgen geführt. Jährlich steigt die Zahl der Drogenkonsumenten ebenso wie die Zahl der Drogentoten, neue Art
en von immer stärkeren und immer schädlichen Drogen kommen auf den Markt, und die Drogenproduktion steigt. Das "Waschen" von illegalem Geld aus dem Drogenhandel kann trotz aller unternommenen Bemühungen nicht unterbunden werden.
6. Die meisten Drogenkonsumenten leben in Städten oder kommen in Städte, weil hier der Markt, die Szene ist, weil hier eine Drogenhilfe besteht. Daher haben die meisten gro en Städte Drogenprobleme, andererseits ist der Einflu der Städte in der Drogenpolitik begrenzt und steht in keinem Verhältnis zur Last, die sie tragen müssen.
7. Es sollte eindeutig unterscheiden werden zwischen organisiertem Verbrechen und gewöhnlichen Straftaten, und es ist die Verwendung von Sanktionsma nahmen festzulegen. Unabhängigge wissenschaftliche Forschung ist in den Bereichen notwendig, wo Erkenntnisse eine Vorbedingung für Handlungen und Entscheidungen sind, deren negative Konsequenzen unberechenbar sind und deren Ergebnisse grö ere Nachteile haben können als die kleinen Erfolge der Ermittlungsteams (z.B. die rechtliche Zulä igkeit von Methoden zur Bekämpfung von Drogen). Au erdem sollte die EG Forschungsarbeiten über den Zusammenhang zwischen organisiertem Verbrechen und der zunehmenden Wirtschaftskriminalität einerseits und ihre direkten schädlichen Auswirkungen auf die soziale Lage der Menschen wie auch auf die Umwelt andererseits anregen, damit das Bewu tsein dafür wächst, da dieses Verbrechen ein eindeutiger Versto gegen die Menschenrechte ist. So könnte dem Trend, insbesondere die Wirtschaftskriminalität herunterzuspielen, entgegengewirkt werd
en, und die darin verwickelten Personen könnten leichter angeklagt und verurteilt werden.
8. Der Ausschu hält zwar die nachstehende Liste von Empfehlungen nicht für erschöpfend, doch umfa t sie seines Erachtens die wichtigsten Fragen, die von der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten behandelt werden müssen. In einigen Fällen ist der Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel noch nicht in vollem Umfang bzw. mit aller Effizienz aufgenommen worden. Auch in Staaten, die die in diesem Bericht zitierten UNO-Konventionen unterzeichnet haben, wird der Durchführung und Anpassung der in diesen Konventionen enthaltenen Bestimmungen manchmal keine ausreichende Priorität eingeräumt, so da die ursprüngliche Entschlossenheit unter Umständen in der Folge ausgehöhlt wird. Eine neue und gemeinsame Entschlossenheit ist vonnöten.
9. Parlament und Kommission müssen sich gemeinsam für eine europäische Drogenkonferenz einsetzen, auf der die Ergebnisse der bisherigen Politik eingehend erörtert werden sollen und die Zweckmä igkeit einer Angleichung der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die politische und wirtschaftliche Integration bewertet werden soll. Dabei mü te dem Wunsch der europäischen Städte, die das Zentrum des Drogenhandels sind, Rechnung getragen werden.
Drogenproduktion
10. Trotz der Schlu folgerungen der FAO, da Ma nahmen auf der Nachfrageseite günstigere Ergebnisse erzielen würden als Ma nahmen auf der Angebotsseite, sollte die Gesamtverantwortung der Vereinten Nationen bei der Koordinie- rung der weltweiten Politik im Bereich des Drogenhandels und damit zusammenhängender Probleme bekräftigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten sich verpflichten, ihre Finanzbeiträge zum Drugs Control Programme der UNO und zum Programm der Weltgesundheitsorganisation zum Mi brauch von Rauschgiften aufzustocken, damit die Programme, insbesondere in Entwicklungsländern, verstärkt werden können. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (und künftige beitrittswillige Länder) müssen folgende UNO-Konventionen ratifizieren und anwenden: : über Suchtstoffe von 1961 (von allen EG- und EFTA-Ländern ratifiziert), : über psychotrope Substanzen von 1971 (von acht EG-Ländern, jedoch nicht von Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Irland ratifiziert; von den EFTA-Ländern haben sie Österreic
h und die Schweiz ebenfalls nicht ratifiziert), : gegen den illegalen Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen von 1988 (von der EG als solche im Dezember 1990 ratifiziert; ferner von Schweden, Ungarn, der Tschechoslowakei und Jugoslawien ratifiziert).
11. Die Europäische Gemeinschaft sollte sich um ein schlüssigeres entwicklungspolitisches Konzept für das Drogenproblem bemühen, das die gesamtwirtschaftlichen Prioritäten der betroffenen Regionen berücksichtigt und ihnen einen besseren Zugang zu den Warenmärkten sowohl auf nationaler als auf internationaler Ebene ermöglicht. Dies setzt eine Verbesserung des Kommunikationswesens und der Infrastruktur sowie die Bereitstellung besserer Investitionsmöglichkeiten in die legitime Agrar- und Nichtagrarerzeugung voraus.
12. Unter diesen Umständen sind die Mitgliedstaaten und die Europäische Gemeinschaft aufgefordert, eine kohärente Entwicklungspolitik zu betreiben, die nicht wie bisher nahezu ausschlie lich auf den eigenen wirtschaftlichen Vorteil bedacht ist, sondern die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und Erfordernisse der betroffenen Regionen und Staaten ins Zentrum der Bemühungen stellt. Dies setzt voraus, da sich die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten im GATT für eine entwicklungskonforme Welthandelspolitik einsetzen, die eigene Au enhandelspolitik umorientieren und das europäische Gewicht innerhalb von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in einer Art und Weise zum Tragen kommen lassen, die die Chancen erhöht, in den Ländern der sogenannten Dritten Welt auf den Pfad einer grundbedürfnisorientierten und partizipativen Entwicklung zu gelangen.
13. Die Situation hinsichtlich der Drogenerzeugung in Ländern wie Pakistan, Afghanistan, Bolivien, Peru, Thailand und Libanon wurde vom Untersuchungsausschu nicht in vollem Umfang geprüft, da sich sein Mandat hierauf nicht erstreckte. Nichtsdestoweniger stellt sich die Situation in den Ländern, die für die Herstellung von verbotenen Drogen verwendete Kul- turen anbauen, so dar, da die Europäische Gemeinschaft im Rahmen ihrer Politik der Entwicklung und Zusammenarbeit sowie ihrer sich abzeichnenden Au enpolitik diejenigen Regierungen mit konkreten Ma nahmen unterstützen mu , die entschlossen sind, der Erzeugung illegaler Drogen ein Ende zu setzen. Zu bedenken ist, da die Verwicklung von hochrangigen Politikern (und manchmal Stammesführern) in das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel in manchen Ländern, insbesondere Pakistan, Burma und Thailand, Panama, Surinam, Bolivien und anderen nachgewiesen ist. Überdies mu eine vollständige Koordinierung zwischen den bestehenden Tätigkeiten auf der Ebene der
Vereinten Nationen, zwischenstaatlicher Organisationen, nationalen Organisationen und einzelnen Regierungen, Regionalbehörden und alternativen oder nichtamtlichen Organisationen stattfinden.
14. Die für den wissenschaftlichen und medizinischen Gebrauch erforderliche Menge an Betäubungsmittelkulturen ist sorgfältig zu ermitteln, ebenso wie die Verwendung dieser Kulturen für andere legale Zwecke. Nur die Überschüsse an Betäubungsmittelkulturen sind zu beseitigen, da sie den Boden verschlechtern und an die Stelle anderer - legaler - Kulturen treten, so da diese teurer werden. Es sind die wirksamsten humanen und umweltverträglichsten Methoden zur Rodung von illegalen Betäubungsmittelpflanzungen weiter zu erforschen, da die üblichen chemischen Methoden eine Bedrohung für Mensch und Umwelt darstellen.
15. Mit der Einstellung der überschüssigen Erzeugung von Beteubungsmittelkulturen ist automatisch die weitflächige Ersetzung dieser Kulturen zu verbinden. Wichtig ist, da sich die betroffenen Regierungen diesem Projekt freiwillig anschlie en. Internationale Erpressung, indem man die Entwicklungshilfe oder finanzielle Hilfe von der Zusammenarbeit bei Antidrogen-Programmen abhängig macht, kommt aber nicht in Frage. Die Europäische Gemeinschaft mu gezielte Ma nahmen zur Stützung der Substitution (z.B durch das Anbieten von Import-Vergünstigungen) ergreifen und gleichzeitig die Nachfrage nach Betäubungsmittelkulturen in der Gemeinschaft verringern und die Überwachung von Vorerzeugnissen und chemischen Substanzen verbessern, die zur Herstellung von verbotenen Drogen und psychotropen Stoffen notwendig sind. Für Substitutionskulturen ist der gesamte Handelsproze zu garantieren. Der nationale Handel in den Erzeugerländern und der Export sind unverzichtbare Faktoren, soll das Substitutionsprojekt Erfolg haben. Ei
n solches Projekt mu auch Entwicklungshilfe, finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung, die Entwicklung einer sozialen und physischen Infrastruktur usw. beinhalten.
16. Künftig wird eine verbesserte Differenzierung der Drogen (von iher Herkunft bis zu ihren Wirkungen) notwendig sein, um gezielter und besser Mittel und Wege zur Bewältigung des Drogenproblems in seiner Vielfalt auf drei Ebenen zu ermitteln: Angebot, Handel und Nachfrage. Eine solche Differenzierung zwischen harten und weichen Drogen und entsprechend zwischen natürlichen, angebauten und industriell hergestellten Drogen könnte wie folgt aussehen: extrem harte Drogen: Heroin, Crack harte Drogen: Morphin, Kokain, Phencyclidin, Methadon, Pethidin mittelharte Drogen: Amphetamine, Barbiturate, LSD, Psylocybin, Mescalin, chemische Lösungsmittel und Absinth mittelsanfte Drogen: Opium, Haschisch, Khat, Koka, Tabak, destillierter Alkohol sanfte Drogen: Cannabis, vergorener Alkohol, Peyotl, halluzinogene Pilze, Kodein und Beruhigungsmittel extrem weiche Drogen: Tee, Kaffee und Schokolade.
Diese Klassifizierung zeigt die Notwendigkeit einer einheitlichen Gesundheitspolitik auf, die sich für sämtliche Drogen, ungeachtet ihres Rechtsstatus, auf epidemeologische, toxikologische und pharmakologische Faktoren gründet.
Zusammenarbeit der Polizei- und Zolldienststellen
17. In Europa sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unverzüglich eine Europäische Drogenfahndungsgruppe (European Drugs Intelligence Unit - EDIU), bestehend aus Polizei- und Zollbeamten der verschiedenen Mitgliedstaaten sowie Drogenverbindungsbeamten aus wichtigen Drittstaaten einrichten.
18. Diese Fahndungsgruppe sollte einer demokratischen Kontrolle unterliegen, um eine ordnungsgemä e Rechnungslegung zu gewährleisten. Vor Einrichtung der Fahndungsgruppe sollte ein Mechanismus für die Verwirklichung einer solchen Kontrolle geschaffen werden.
19. Jedes Mitgliedsland der Europäischen Gemeinschaft mu auch eine nationale Drogenfahndungsgruppe einrichten, wenn eine solche noch nicht besteht. Diese Einheiten müssen sowohl Polizei- als auch Zollfahndungsbeamte sowie Experten für Finanzfragen umfassen und sollten zur demokratischen Rechen- schaftslegung verpflichtet sein.
20. Sämtliche EG-Länder und alle beitrittswilligen Länder sollten zügig auf nationaler Ebene gesetzliche Vorschriften erlassen, die überwachte Lieferungen - nach ähnlichen, vorher vereinbarten Verfahren - gestatten, d.h. man lä t die Verschiffung bereits aufgespürter illegaler Drogen an ihren Bestimmungsort zu.
21. Die Polizeikräfte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften sowie die Zolldienststellen müssen eindeutig verpflichtet sein, ihren jeweiligen nationalen Drogenfahndungsgruppen Bericht zu erstatten.
22. Die politische Zuständigkeit für Polizei- und Zolldienststellen ist derzeit zu stark aufgesplittert. Mitgliedstaaten, in denen dies der Fall ist, sollten Schritte zur Koordinierung der politischen Kontrolle in den Händen eines nationalen, ministerienübergreifenden Koordinierungsaus- schusses mit echten Befugnissen, möglicherweise unter dem Vorsitz des Regierungschefs oder seines Vertreters und letztendlich den nationalen Parlamenten verantwortlich, unternehmen.
23. Die EG-Mitgliedstaaten müssen im Rahmen einer umfassenden Strafrechtsharmonisierung auf Gemeinschaftsebene gemeinsame Verfahrensregeln aufstellen, um die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden der einzelnen Länder zu vereinfachen und die Koordinierung und Effizienz der polizeilichen Untersuchungen zu steigern.
24. Sämtliche EG-Mitgliedstaaten und alle beitrittswilligen Länder müssen die Europäische Konvention über die Auslieferung von Straftätern unterzeichnen, um die Zahl der Zufluchtsorte für kriminelle Organisationen zu begrenzen.
Vorprodukte und chemische Ausgangsstoffe
25. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sollten die Vorschläge der Aktionsgruppe "Chemikalien" der G7 annehmen und eine Änderung des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen empfehlen, aufgrund derer die von der G7 vorgeschlagene umfassende Chemikalienliste in das Übereinkommen aufgenommen wird. Ferner sollte eine etwaige weitere Ausdehnung und ständige Aktualisierung der Liste zwecks Erfassung neu entwickelter Substanzen vorgesehen werden.
26. Die Europäische Gemeinschaft sollte die Annahme der vorgeschlagenen Richtlinie über die Überwachung der Herstellung von Vorprodukten und chemischen Ausgangsstoffen zum frühestmöglichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Inhalts dieses Berichts sowie der vom Europäischen Parlament in seinem einschlägigen Bericht (Berichterstatter: Sir J. SCOTT-HOPKINS) vorgeschlagenen Änderungen anstreben.
27. Zwar gibt sich die Mehrzahl der Chemie- und Pharmaunternehmen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft durchaus gro e Mühe, um sicherzustellen, da in der Liste enthaltene Chemikalien nicht zu einem illegalen Endzweck abgezweigt werden, doch mu die Europäische Gemeinschaft dennoch ihre Gesetzgebung verschärfen und strenge strafrechtliche Sanktionen für Unter- nehmen einführen, die diese Gesetze übertreten. Diese Gesetze müssen auch für Fracht- und Transportunternehmen gelten, die im Rahmen eines einheitlichen gemeinschaftsweiten Lizenzsystems geleitet und betrieben werden sollten.
28. Die Europäische Gemeinschaft mu auf alle Länder, in denen eine steigende Zahl illegaler Chemiedrogen hergestellt wird, besonderen Druck ausüben.
Drogenrouten und Abschaffung der Grenzkontrollen
29. Die Europäische Gemeinschaft mu dafür sorgen, da nach der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen ab 1. Januar 1993 innerhalb der Mitgliedstaaten weiterhin stichprobenartige Überprüfungen des risikoträchtigen Verkehrs durchgeführt werden.
30. Die Strafverfolgungsbehörden müssen ermächtigt sein, routinemä ig und in direkter Zusammenarbeit mit Nachbarländern in einem Umkreis tätig zu werden, der über die Landesgrenzen hinausgehen kann, vorbehaltlich der Einführung eines geeigneten Systems demokratischer Kontrollen, das die Festlegung und Überwachung eindeutiger Leitlinien für diese Tätigkeiten gewährleistet.
31. Überwachungstechniken am Boden, in der Luft und zur See an den Au engrenzen der Gemeinschaft müssen im Einvernehmen mit dem Brüsseler Zollrat verbessert werden.
32. Die Europäische Gemeinschaft mu eine Verstärkung der Zolldienststellen der Mitgliedstaaten sowie die Neuverwendung und Ausbildung von Zollbeamten in Erwägung ziehen, insbesondere in den ärmeren Mitgliedstaaten, die Zuwendungen aus dem Gemeinschaftshaushalt für die Ausbildung sowie für den Erwerb neuer Technologien und Ausrüstungen erhalten sollten.
33. Die Neueinteilung und Ausbildung von Zollbeamten zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten im Bereich der Bekämpfung des Drogenhandels müssen beschleunigt werden, insbesondere mit Hilfe des Programms "Mattheus".
34. Zoll- und Polizeibeamte sollten zur Teilnahme an Austauschprogrammen mit Kollegen in anderen Mitgliedstaaten, unter Wahrung ihrer Zuständigkeiten und Befugnisse im Gastland, angehalten werden.
35. Kompatible Datenverarbeitungssysteme, in die die bestehenden, in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft operationellen Programme eingegliedert sind, werden von den Strafverfolgungsbehörden dringend gebraucht.
36. Die Europäische Gemeinschaft mu über die vorgeschlagene "Gepäckrichtlinie", die in ihrer jetzigen Form weder die Freizügigkeit für Personen und ihre Habe erleichtert noch die Probleme des Drogenhandels wirksam angeht, weitere Überlegungen anstellen.
37. Die Zulassung von Fahrzeugen für den internationalen Güterkraftverkehr und die Erteilung von amtlichen T.I.R.- Kennzeichen sollten unter eine strenge internationale Aufsicht gestellt werden; der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens sollte entsprechende Empfehlungen ausarbeiten.
Politische Institutionen, Korruption und kriminelle Organisationen
38. Die den Drogenhandel begünstigende Korruption der Regierungen und Staatsbeamten (insbesondere in der Justiz und bei den Ordnungskräften) ist gleichzeitig Ursache und Wirkung der Ausbreitung des Phänomens. Dies erschwert Fahndung und Strafverfolgung, insbesondere da die Verbindungen zwischen Politikern und kriminellen Organisationen oft indirekter Natur und durch das komplexe System der Geldwäsche bedingt sind. Um zu gewährleisten, da die Ma nahmen der staatlichen Institutionen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der formellen Legitimität der Rechtsakte den Gesetzen entsprechen, sondern insbesondere die massive Einflu nahme und Unterwanderung seitens des organisierten Verbrechens verhindern, mu in den Mitgliedstaaten eine umfassende Initiative hinsichtlich der Vorschriften über die Transparenz erwogen werden. Die EG könnte eine echte "Charta der Transparenz" ausarbeiten und verabschieden, die Empfehlungen für die Mitgliedstaaten enthält und in der EG bei Ausschreibungen, Ernennungen in öffentliche Ämter u
nd Aufgabenteilung zwischen Politik und Verwaltung Anwendung findet. Besondere Aufmerksamkeit sollte Empfehlungen zur Sicherstellung der Transparenz des Verhaltens von Parteien (Finanzierung und Haushalt, Kosten für die Wahlkampagnen der Kandidaten, Kandidaturen und Nominierungen) gewidmet werden.
39. Bei dem Bemühen um Integrität der politischen Parteien durch Ausmerzung potentieller "Verschmutzungsfaktoren" mu von den Parteien Transparenz hinsichtlich ihrer Finanzstrukturen und Bilanzen gefordert werden. Sie müssen dazu angehalten werden, ihre Bewerber nach den strengsten Kriterien auszuwählen und dabei jene auszuschlie en, die bekanntlich oder vermutlich Kontakte zum organisierten Verbrechen unterhalten oder korruptionsanfällig sind.
40. Gewählten Beamten, Politikern oder sonstigen Vertretern der Öffentlichkeit, die wegen Verbindungen zu organisierten Verbrecherkreisen rechtskräftig verurteilt wurden, sollte die Ausübung ihres Amtes für einen der Schwere des begangenen Vergehens angemessenen Zeitraum verboten werden. Alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sollten entsprechende Gesetze erlassen und danach handeln.
41. Die Mitgliedstaaten müssen geeignete Schritte unternehmen, damit den Gemeindebehörden unter Androhung ihrer Auflösung untersagt wird, Personen, die in einem Mitgliedstaat wegen Geldwäsche verurteilt wurden oder gegen die wegen Verbindungen zu kriminellen Organisationen ermittelt wird, Zuschüsse, Lizenzen oder Aufträge zu gewähren.
42. Lokale Behörden und Regierungseinrichtungen dürfen nicht in der Lage sein, Verträge, Lizenzen, Beihilfen oder sonstige Vergünstigungen an Firmen, Gesellschaften oder Einzelpersonen zu vergeben, die wegen Verbindungen zu kriminellen Organisationen verurteilt wurden.
43. Der Kommission der Europäischen Gemeinschaften wird empfohlen, ein mit entsprechend ausgebildetem Personal hinreichend ausgestattetes Amt aufzubauen, das die Entwicklung des organisierten Verbrechens in der Gemeinschaft überwacht.
44. Es wird empfohlen, da das Europäische Parlament einen ständigen Unterausschu bzw. eine Arbeitsgruppe einsetzt, der bzw. die in der Lage ist, die Machenschaften des organisierten Verbrechens - insbesondere den illegalen Waffenhandel und den Drogenhandel - auf demokratische Weise und kontinuierlich zu überwachen und den einschlägigen Institutionen und Gremien Vorschläge für die Eindämmung und Bekämpfung dieser Straftaten zu unterbreiten.
45. Die Verbindungen zwischen organisiertem Verbrechen, staatlicher Verwaltung, Politik und Geschäftswelt werden genauer untersucht werden müssen. Die dabei erbrachten Beweise werden allen betroffenen Organen, einschlie lich der nichtstaatlichen Organisationen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, zur Verfügung gestellt werden müssen, damit eine möglichst umfassende Zusammenarbeit und Koordinierung auf lokaler, regionaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene zur Einleitung von Gegenma nahmen stattfinden kann.
Einschleusung in bestimmte Wirtschaftszweige, Verwendung von Gewinnen aus Drogengeschäften und Geldwäsche
46. Die Überwachung der Anwendung der Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche mu von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten bei ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 1993 als vorrangig eingestuft werden. Die Kommission sollte zu diesem Zweck eine spezialisierte Dienststelle einrichten. Die Gesetz- gebung soll die Transparenz der Wirtschafts- und Finanzströme sicherstellen, damit zwischen ehrlichen und unehrlichen Wirtschaftssubjekten, regelgemä en und regelwidrigen Märkten unterschieden werden kann. Da die Geldwäsche aus der Notwendigkeit für die Drogenhändler resultiert, die riesigen Gewinne aus dem illegalen Drogenhandel in die legale Volks- wirtschaft zu überführen, sollten neben der erforderlichen Kontrolle des Wirtschafts- und Finanzkreislaufs Mittel und Wege geprüft werden, um die Anhäufung dieser Gewinne durch die Regulierung des Handels mit den heute verbotenen Substanzen zu verhindern.
47. Ausgehend von diesen Leitlinien sollte die Bekämpfung der Geldwäsche weitaus energischer als heute vorstellbar mittels gemeinsamen Engagements und der Zusammenarbeit (auf nationaler und internationaler Ebene, zwischen den üblichen Fahndungsstellen und Instrumenten zur Kontrolle und Über- wachung des Marktes) angegangen werden. Dies hätte auch eine Verringerung der Zahl der Strafverfahren und der Verwaltungs- und internen Kontrollma nahmen zur Folge, durch die der Fahnder ihre Kraft und ihre Energie auf wichtigere Fälle konzentrieren könnten. Diesbezüglich erscheint es im Hinblick auf eine gesteigerte Effizienz zweckmä ig, die Definition der Geldwäsche entsprechend der amerikanischen Gesetzgebung durch eine Wertgrenze zu ergänzen.
48. Ein angemessener Stellenwert mu auch der Anwendung des Übereinkommens des Europarates über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung der Erträge aus Straftaten zukommen, und seine wichtigsten Bestimmungen sollten in das Gemeinschaftsrecht übernommen werden. (Be- sondere Ermittlungsbefugnisse und -techniken, Beschlagnahmepflicht und Anerkennung ausländischer Entscheidungen). Das Verhältnis zwischen freiem Markt und Überwachung der Finanzströme mu im Sinne einer Korrelation aufgefa t werden. Die Kontrolle ist ein inhärenter Bestandteil eines freien und sicheren Marktes.
49. Zwischen den Gemeinschaftsländern und möglichst vielen anderen Ländern sollten Beschlagnahmeabkommen abgeschlossen werden, um die Bewegungsfreiheit der Geldwäschen einzuschränken. Schwerwiegende Steuervergehen im Wert von 50.000 ECU oder mehr sollten von den Mitgliedstaaten als für eine Ausweisung hinreichende Vergehen angesehen werden.
50. Wo sich Steuerparadiese für die Geldwäsche nachweisen lassen, sollte die Kommission die ihr zur Verfügung stehenden Sanktionen gegen die Behörden und Finanzinstitute der betreffenden Länder verhängen. Im Falle von Steuerparadiesen, von denen sich die meisten in kleinen Ländern der Dritten Welt befinden, sollten international abgestimmte Ma nahmen zur Einführung von Regeln getroffen werden, die klare Verhältnisse schaffen und den Anreiz zum Aufbau solcher Steuerparadiese verringern: Dies würde eine Politik der Zusammenarbeit und Entwicklung nach dem Modell der Politik bedingen, die die Vereinten Nationen und die EG zum Schutz der Menschenrechte entwickeln sollten; es sollten strengere Kontrollen vor- genommen werden, was die Anwendung der verabschiedeten Bestimmungen in den traditionellen Steuer- und Bankparadiesen betrifft.
51. Die Europäische Gemeinschaft mu voll in die Aktionsgruppe Finanzen der G7 und ihr Sekretariat einbezogen werden.
52. Bei jeder polizeilichen Untersuchung über Drogenkriminalität im gro en Stil müssen Finanzsachverständige zur Entwirrung der Finanzstruktur sowie Experten der Steuerbehörde zur Berechnung der Steuerschuld herangezogen werden.
53. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten müssen dringend die Tätigkeit der Bank- und Finanzinstitute strenger regulieren, um solche Institute von der schuldhaften oder unbewu ten Verwicklung in Geldwäschegeschäfte abzuschrecken und abzuhalten. Die Mitgliedstaaten sollten gemeinsam vorgehen, um das Bankgeheimnis so weit wie möglich einzu- schränken. Neben Rechtsmitteln zur Ahndung der Geldwäsche sollten die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die gewaschenen Beträge, gleichgültig, welche Banken daran beteiligt waren, schätzen und Scheinfirmen enttarnen zu können.
54. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten müssen es sich zur Aufgabe machen, Sanktionen zu verhängen, indem sie allen Instituten, die irgendwo auf der Welt wegen Geldwäsche verurteilt wurden, die Genehmigung zur Ausübung von Bank- und Finanztätigkeiten verweigern.
55. Die Einführung der Registrierungspflicht für Grundstückserschlie ungs- und -verwaltungsgesellschaften und andere Einrichtungen, die sich für das Waschen von Drogengeld eignen könnten, sollte in Erwägung gezogen werden, da die Geldwäsche nicht ausschlie lich über Banken und Finanzinstitute erfolgt. Besondere Aufmerksamkeit mu auch der Kontrolle der traditionellen Wirtschafts- und Handelssektoren, wie Fremdenverkehrs-, Bau- und Immobilienindustrie, dem Hotel- und Transportwesen, dem Kunstmarkt, den Schatzobligationen und allen Bereichen, wo Bargeld in gro em Umfang transferiert wird, gewidmet werden.
56. Da es sich um "bevorzugte" Investitionszweige handelt, ist an ein im wesentlichen informelles Kontroll- und Überwachungssystem zu denken, in das alle Überwachungsinstanzen und -organe der einzelnen Wirtschafts- sektoren einzubeziehen sind.
57. Innerhalb der vorgeschlagenen Europäischen Drogenfahndungsgruppe sollte eine speziell für Finanzstraftaten zuständige Abteilung geschaffen werden.
58. Länder, die der Europäischen Gemeinschaft beitreten wollen, müssen die Richtlinie der Gemeinschaft über Geldwäsche und andere Ma nahmen anwenden, bevor ihre Beitrittsanträge geprüft werden.
59. Im Rahmen des Europäischen Ausschusses für Drogenbekämpfung (CELAD) mu ein globales Programm zur Aufklärung der Bevölkerung ausgearbeitet werden, das für die zwölf Mitgliedstaaten gelten soll, wobei alle Parameter sowie die Besonderheiten und die Mentalität der Einwohner jedes Landes zu berücksichtigen sind. Das Europäische Parlament sollte mit Hilfe von Rundfunk, Fernsehen und Presse Initiativen zur Aufklärung über die Drogen starten. Auf nationaler Ebene müssen die Medien aktiv und effizient an den Aufklärungskampagnen beteiligt werden. In die Bildungsprogramme der Mitgliedstaaten mu ein besonderes Unterrichtsfach für mittlere und höhere Schulen aufgenommen werden, in dem nicht nur auf die Drogen, sondern auch auf das Rauchen und Aids eingegangen wird. Es müssen spezielle Seminare zur Aufklärung der Eltern, Lehrer, Richter, Polizisten usw. veranstaltet werden. Die Nichtregierungsorganisationen, die Kirchen, und die lokalen Gebietskörperschaften müssen in die Aufklärungskampagnen einbezogen werden. Di
e Europäische Gemeinschaft mu die Vorbeugungs- und Aufklärungsprogramme der Mitgliedstaaten finanziell und moralisch unterstütze
***** (Die Minderheitsempfehlungen werden als Teil D zum vorliegenden Bericht veröffentlicht)