BERICHT des Untersuchungsausschusses zur Ausbreitung des organisierten Verbrechens im Zusammenhang mit dem Drogenhandel in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft
Berichterstatter: Herr Patrick COONEY
INHALT
EMPFEHLUNGEN DES UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES
PRÄAMBEL
VORWORT
EINLEITUNG
DAS AUSMASS DES PROBLEMS IN DER GEMEINSCHAFT
VORPRODUKTE, WESENTLICHE CHEMIKALIEN UND CHEMISCHE STOFFE
DROGENMISSBRAUCH
DAS NETZ DER VERBRECHERSYNDIKATE
Mafia
Camorra
'Ndrangheta
Yakusas
Triaden
Die türkischen Clans
Sonstige ethnische Clans
Organisierte Motorradbanden
Polnische Organisationen
RAUSCHGIFT-HANDELSSTRASSEN
Balkanroute
Afrika
Mittel- und Südamerika
GESETZLICHE BESTIMMUNGEN
AUFBAU DER STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN
Nationale Zoll- und Polizeibehörden
Rolle der Drogenverbindungsbeamten
Interpol
Zollkooperationsrat
DROGENPROFITE UND GELDWÄSCHE
POLITISCHE INSTITUTIONEN, KRIMINELLE ORGANISATIONEN UND DROGEN-
HANDEL
BEITRAG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT ZUM KAMPF GEGEN DEN DROGEN-
HANDEL
Empfehlungen für die Zukunft
MINDERHEITSEMPFEHLUNGEN
GESETZLICHE BESTIMMUNGEN
Eine Analyse der juristischen Antwort auf den Drogenhandel sollte mit der Darstellung der illegalen Drogen beginnen, die im Mittelpunkt der kriminellen Machenschaften stehen. Es handelt sich um die Stoffe, die durch eine Reihe von UNO-Konventionen geächtet wurden - die Einheitliche Konvention über Suchtstoffe, 1961, abgeändert durch das Protokoll von 1972, das Übereinkommen über psychotrope Stoffe, 1971, und das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen, 1988.
Die wichtigsten Rechtsinstrumente im Kampf gegen Drogenhandel und organisiertes Verbrechen lassen sich drei Kategorien zuordnen.
Erstens, von den Staaten unterzeichnete, ratifizierte und in Kraft gesetzte internationale Übereinkommen.
Zweitens, die europäische Gesetzgebung - EG-Richtlinien, die Mitgliedstaaten zur Einführung bestimmter Gesetze verpflichten.
Drittens, nationale, unter Umständen von den beiden obigen Instrumenten abgeleitete Gesetze, die den Strafverfolgungsbehörden (Zoll und Polizei) die nötigen Mittel zur Bekämpfung von Drogenhandel und organisiertem Verbrechen an die Hand geben. Nationale Gesetze können natürlich strengere Vorschriften enthalten als die UNO-Konventionen oder EG-Richtlinien.
Die Pompidou-Gruppe des Europarats (Gemeinsame Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Rauschgift-Mi brauchs und -Handels) hat einen nützlichen Abri über die strafrechtlichen Grundsätze verfa t.
In den Schlu folgerungen des Berichts der Pompidou-Gruppe wird die Verschiedenheit der strafrechtlichen Ma nahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten des Europarats deutlich. Alle halten sich insofern an die wichtigsten internationalen Übereinkommen, als Drogenmi brauch unter Strafe gestellt wird, in einigen Fällen ist jedoch die Strafbarkeit "von der Art des Suchtstoffs abhängig", wie beispielsweise in den Niederlanden.
In allen Staaten ist man sich bewu t, da Repression allein zur Überwindung eines sehr komplexen Problems nicht ausreicht, sondern da es vielmehr eines umfassenden gesellschafts- und sozialpolitischen und therapeutischen Ma nahmenkatalogs zur Behandlung von Drogenkonsumenten und Süchtigen bedarf.
Einig ist man sich in der Befürwortung eines strikten Verbots des Drogenhandels nach dem Einheitlichen Übereinkommen von 1961 und den Wiener Übereinkommen von 1971 und 1988. In Frankreich und Portugal wird der Handel mit kleinen Mengen weniger streng bestraft, während in den Niederlanden der Verkauf von weniger als 30 Gramm Cannabis straffrei bleibt. (In Amsterdam gibt es Hash-Cafés, wo Cannabis - sogar selbstangebautes Nederweed - in kleinen Tütchen angeboten wird).
Die Geldwäsche, auf die wir später noch näher eingehen werden, ist mittlerweile Gegenstand einer EG-Richtlinie.
Die Kategorisierung der Drogen variiert in den einzelnen Ländern und je nach dieser Kategorisierung unterscheiden sich auch Strafen bzw. Behandlung der Konsumenten. Es wäre bereits ein gro er Fortschritt, wenn man sich wenigstens innerhalb der EG über eine einheitliche Kategorisierung als Ausgangspunkt für jede drogenpolitische Ma nahme verständigen könnte.
Alle Länder unterscheiden nach harten und weichen Drogen, aber die Entscheidung, welche Drogen als hart oder weich einzustufen sind, liegt bei den einzelnen Ländern. Gerade in diesem Bereich gehen die Meinungen weit auseinander.
Professor SCHWARTZENBERG beispielsweise hat sich vor dem Ausschu für eine Einteilung in von ihm als ultra-hart bezeichnete Drogen (Heroin und Crack) über fünf weitere Kategorien bis zu ultra- weichen Drogen (Tee, Kaffee, Schokolade) ausgesprochen. Zweifellos könnte die Übernahme einer solchen Kategorisierung eine einheitliche, auf die einzelnen Suchtstoffe abgestimmte juristische und therapeutische Reaktion erleichtern, doch zumindest in absehbarer Zukunft werden die einzelnen Länder bei dem Vorgehen bleiben, das ihrem jeweiligen juristischen und kulturellen Rahmen entspricht. Folglich wird sich auch die juristische Reaktion der verschiedenen Länder auf das Drogenproblem trotz der allgemeingültigen Aufteilung in erlaubte und verbotene Stoffe in vielen Einzelheiten unterscheiden. Aber die nahezu einhellige Anerkennung der UNO-Kategorien für illegale Drogen stellt zumindest eine einheitliche völkerrechtliche Reaktion sicher.
Der Bericht der Pompidou-Gruppe des Europarats macht die derzeitigen Unterschiede deutlich. "In acht (Europarat)-Staaten gilt ein höheres Strafma für als gefährlich eingestufte Stoffe. Diese werden entweder in Anlagen einzeln aufgeführt (Italien, Zypern, Portugal, Vereinigtes Königreich), wie in den Niederlanden als "Suchtstoffe mit unakzeptablem Risiko" definiert oder na- mentlich genannt. Uneinigkeit herrscht darüber, welche Drogen harmloser sind. In der Türkei und Portugal gilt Cannabis als eine der gefährlichsten Drogen, während sie in Irland und Spanien weniger ernst genommen wird. In den anderen Ländern gibt es keine strafrechtliche Unterscheidung nach Suchtstoffen, für alle gilt das gleiche Strafma ..."
Auch Art und Höhe der Strafen für Drogenhandel unterscheiden sich bis zu einem gewissen Ma . In Dänemark werden wohl die leichtesten Strafen verhängt, in allen Staaten sind jedoch verschieden lange oder hohe Freiheits- und/oder Geldstrafen vorgesehen. In immer mehr Ländern wird auch das Vermögen von Drogenhändlern beschlagnahmt.
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Es ist klar, da die Aufgabe der Drogenbekämpfung gewaltig ist, und nach Lage der Dinge kann bestenfalls gesagt werden, da der Antidrogenkrieg bisher weder gewonnen noch verloren wurde.
Das Problem verlangt einen dreifachen Ansatz - gegen die Versorgung, gegen den Handel und gegen die Nachfrage. Jede Angriffslinie braucht ihre unterschiedlichen Techniken und mu unabhängig von den beiden anderen laufen. Dennoch ergänzen sich alle drei gegenseitig.
Die besondere Aufgabe dieses Ausschusses besteht darin, zu prüfen, wie gegen den Handel und die damit einhergehende Kriminalität vorgegangen werden kann. Der Umfang und die Kompliziertheit dieser Aufgabe und ihre letztendliche Durchschlagskraft werden davon beeinflu t, sind vielleicht sogar davon abhängig, wie wirksam die Drogenversorgung gehemmt oder reduziert und gleichzeitig die Nachfrage oder der Markt geschwächt werden. Analog dazu erleichtert es die Aufgabe derjenigen, die die Versorgung hemmen sollen, wenn der Händler unter solchen Druck gerät, da er seine Bestände kaum noch bewegen kann und infolgedessen weniger Nachschub wünscht oder braucht.
Der Schlüssel zum letztendlichen Erfolg im Kampf gegen die Drogen ist der Bereich der Nachfrage. Eine anhaltende und umfassende Kampagne zur Verringerung der Nachfrage mu organisiert und durchgeführt werden. Sporadische Propagandaschübe reichen nicht aus. Wenn die Nachfrage auch nur während einer gewissen Zeit beträchtlich verringert werden könnte, so hätte dies, man braucht es nicht näher zu erläutern, drastische Auswirkungen auf die Versorgung und den Handel.
Die Fakten und Zahlen im ersten Teil dieses Berichts vermitteln einen Eindruck vom Umfang des Problems. Sie werden nicht als endgültig dargestellt, da die Erfassung, Zusammenstellung und Auswertung der Drogenstatistiken in den einzelnen Ländern unterschiedlich sind, sie zeigen aber dennoch mit aufrüttelnder und bedrückender Klarheit den Umfang des Problems, das bislang keinerlei rückläufige Tendenz zeigt.
Infolgedessen stehen mittlerweile manche Kreise der Vorbeugung als Strategie gegen den Drogenhandel oder als geeignete Politik zur Verringerung der Nachfrage skeptisch gegenüber und vertreten stattdessen die "Normalisierung" des Drogenproblems. Einige Befürworter wollen dieses Vorgehen als Ersatz für alle derzeitigen Strategien einführen, andere betrachten es als zusätzliche Mög- lichkeit. Sie alle jedoch argumentieren, da das Streben nach einer drogenfreien Welt hoffnungslos utopisch sei, und da die Gesellschaft bereit sein müsse, illegale Drogen zu tolerieren und bereitzustellen, bzw., wie manche es ausdrücken würden, die Realität anzuerkennen. Dem wäre entgegenzuhalten, da das Bemühen um das Optimum in jeder Sphäre menschlichen Strebens tatsächlich utopisch ist, da man deswegen jedoch nicht auf den Versuch verzichten mu , dem Ziel so nahe wie möglich zu kommen. Denn wäre dies der Fall, so würde der Weg des geringeren Widerstands zur Norm der Gesellschaft - zwangsläufig zu deren Nachteil.
Eine unmittelbare Schwierigkeit der "Normalisierung" ist die Definition der Parameter. Für einige ist dieser Begriff ein Euphemismus für die Legalisierung oder Entkriminalisierung und bedeutet infolgedessen eine Aufhebung des Verbots. Dem anderen Extrem zufolge bedeutet es lediglich die Behandlung des Süchtigen als Opfer und nicht als Straftäter, während Drogen als Teil der Therapie bereitgestellt werden.
Das Konzept der Normalisierung ist wohl für den Bereich der Nachfrage relevanter als für den Bereich Drogenhandel und Kriminalität, mit denen sich dieser Ausschu in erster Linie zu befassen hat. Es berührt beide, kommt dabei allerdings insbesondere für das erstere in Frage als Antithese zu der Repression, die durch den letzteren hervorgerufen wird.
Bei der Entscheidung, wie weit die Normalisierung gehen sollte, ist zunächst zu bedenken, da die Vereinten Nationen (de facto die Welt) den Drogenmi brauch und den Drogenhandel für illegal erklärt haben, da diese Substanzen die geistige und körperliche Gesundheit des Menschen beeinträchtigen und schädigen und die Bindungen an Familie und Gemeinschaft zerstören. Dies ist eine sehr klare und kompromi lose juristische Position, die die Europäische Gemein- schaft, da sie sich Rechtsstaatlichkeit zugute hält, wahren und respektieren mu . Nach Ansicht des Berichterstatters stellt diese Position ein unüberwindliches konstitutionelles Hindernis für eine Politik der Legalisierung dar.
Abgesehen von dieser grundlegenden Erwägung mu eine Politik der Legalisierung zwangsläufig Überwachungsprobleme mit sich bringen - hinsichtlich der erlaubten Substanzen, der zu verkaufenden Mengen und der Häufigkeit der Verkäufe, des Alters des Käufers, des Verbots des Weiterverkaufs, der Verhinderung eines parallel existierenden Schwarzmarkts, der Schreckensvorstellung einer steigenden Nachfrage, der Versorgungsquellen. Eine Kontrolle dieser Bereiche ist offenkundig von entscheidender Bedeutung und erfordert einen mindestens ebenso umfangreichen Polizeieinsatz wie er für die Durchsetzung des Verbots nötig ist. Die bisherige Erfahrung zeigt, da nur sehr wenige Länder ein solches System befürworten, die dann Drogensüchtige von au erhalb ihrer Grenzen magnetisch anziehen würden. 1989 starben in Amsterdam doppelt so viele ausländische Drogensüchtige (meist Deutsche) an einer Überdosis wie niederländische Staatsangehörige, nämlich 28 gegenüber 14.
Die meisten Länder akzpetieren ein gewisses Ma der Normalisierung in dem Sinne, da sie die Drogensüchtigen eher als Opfer und therapiebedürftige Patienten betrachten denn als Straffällige. Die Mitgliedstaaten sollten dazu ermuntert werden, zumindest was Heroinsüchtige anbelangt, Vorschriften einzuführen, die die Personenregistrierung ermöglichen, so da diese rascheren Zugang zu therapeutischer Versorgung erhalten. Eine solche Politik wird im Vereinigten Königreich mit einem gewissen Erfolg betrieben. Allerdings betrachten es wenige andere Länder als notwendig oder wünschenswert, solche Ma nahmen anzuwenden. Ziel solcher Rechtsvorschriften ist es, die Nachfrage nach Heroin und ähnlichen Drogen einzudämmen. Gleichzeitig werden diejenigen Drogenabhängigen "entkriminalisiert", die sich im Rahmen solcher Programme registrieren lassen, und erhalten Zugang zu Drogen und Spritzen auf Anweisung eines Arztes unter voller medizinischer Überwachung.
Diese Überlegungen zu den unterschiedlichen Haltungen gegenüber der Drogenabhängigkeit sind wichtig für die existierenden oder geplanten Strategien gegenüber der Nachfrage. Wie oben betont, ist die Eindämmung der Nachfrage vielleicht das wichtigste Element der Drogenbekämpfung; interessanterweise fand erst im April 1990 das erste Weltgipfeltreffen auf Ministerebene zur Reduzierung der Nachfrage statt.
Stellt man die Bandbreite der für die Drogenbekämpfung verfügbaren Ressourcen der ständigen Verschärfung des Problems gegenüber, so überrascht es nicht, da ein Teil der öffentlichen Meinung Fortschritte bei diesem Kampf nicht mehr für möglich hält und die Legalisierung oder die Aufhebung des Verbots als "schnelle Lösung" ins Auge fa t.
Riesige Summen wurden investiert, Tausende von Mitarbeitern eingesetzt, überall auf der Welt politische Erklärungen abgegeben, Sitzungen und Gipfeltreffen veranstaltet, doch das Problem ist nicht spürbar geringer geworden. Daraus ist aber nicht auf ein Scheitern zu schlie en, sondern die Antidrogenkampagne mu überprüft werden, um festzustellen, ob Schwächen vorhanden sind und Ressourcen vergeudet werden.
Im Verlauf unserer Untersuchungen stie en wir auf folgende Gremien oder Organe, die mit der Drogenbekämpfung befa t sind, entweder im Bereich der Versorgung, des Transports oder der Nachfrage: - in der Europäischen Gemeinschaft und/oder den Mitgliedstaaten: CELAD, das Observatory on Drugs, die Trevi-Gruppe, die Schengen-Gruppe, MAG 92, das Lomé Abkommen und andere Kooperationsabkommen, die Dublin Gruppe (mit den Vereinigten Staaten) - Europarat: die Pompidou-Gruppe - United Nations Drug Control Programme - die Gruppe der Industriestaaten (G7): Chemical Action Task Force, Financial Action Task Force - Interpol - Zollkooperationsrat Hinzu kommen die nationalen Polizeikräfte und Zollbehörden sowie die nationalen Gesundheits- und Sozialministerien und ihre verschiedenen Sonderdienststellen.
Dies ist eine verwirrende Liste, da die meisten der aufgeführten Gremien als Reaktion auf einen sozialen oder politischen Imperativ der Zeit eingesetzt wurden, der eine unverzügliche Antwort verlangte, so da ihr Platz in dem Puzzle vorher kaum bedacht wurde. In allen diesen Gremien ist ein ungeheures Reservoir an Sachkenntnis und Idealismus vorhanden und der Forderung nach mehr Effizienz wird lebhaft zugestimmt.
Jedes menschliche Unterfangen bedarf der Leitung von einer Plattform aus, die sowohl Übersicht als auch Perspektive ermöglicht. Das anstehende Problem ist weltweiter Natur und das infragekommende Gremium, dem die Gesamtkontrolle und Verantwortung zukommt, ist offenkundig die UNO, die der Mitgliedschaft, des Respekts und der Loyalität aller Nationen der Welt sicher sein kann. Sie verfügt über eine speziell für das Drogenproblem zuständige Sonderorganisation, die derzeit im Auftrag der Generalversammlung der UNO umorganisiert wird, um ihre Kapazität für die Übernahme der Führerschaft im weltweiten Kampf gegen die Drogen zu stärken.
Wir sind der Ansicht, da dieses neu organisierte Gremium im wesentlichen mit der Aufgabe betraut werden sollte, der Drogenbekämpfung Kohärenz zu genben, dafür zu sorgen, da der dreidimensionale Ansatz gegen Versorgung, Schmuggel und Nachfrage verwirklicht wird, da die Arbeit der Dienste, die für den Kampf in den verschiedenen Bereichen und geographischen Sektoren zuständig sind, sich nicht überschneidet und da umfassender und freier Kontakt und gegenseitige Zusammenarbeit gewährleistet sind. Ferner wären die Vereinten Nationen auf der Rechtsgrundlage anerkannter internationaler Verträge das geeignete Forum, auf dem die Politik überprüft und philosophische Aspekte des Problems zum Ausdruck gebracht werden könnten. Dies ist eine enorme Managementaufgabe, die unserer Ansicht nach erfolgreich in Angriff genommen werden kann, da sowohl innerhalb der UNO als auch au erhalb Fachpersonal mit Idealismus, Sachverstand und Wissen zur Verfügung steht, das, und dies ist das wichtigste, auf die volle politische Unters
tützung der ganzen Welt zählen kann. Wir werden empfehlen, da die Gemeinschaft im Rahmen der EPZ und mit der technischen Unterstützung des CELAD frühzeitig eine politische Initiative innerhalb der Vereinten Nationen zur Erreichung dieses Ziels einleitet. AUFBAU DER STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN
Während die Globalstrategie überprüft wird, mu der Kampf weitergehen, und unser spezieller Auftrag ist die Bekämpfung des Drogenschmuggels in der Gemeinschaft und der dahinterstehenden kriminellen Organisationen. Diese Aufgabe obliegt derzeit in erster Linie den Polizei- und Zollbehörden der Mitgliedstaaten. Es ist darauf hinzuweisen, da es in den zwölf Mitgliedstaaten nicht weniger als 28 Polizei- und Zolldienste gibt. Die Schwierigkeit liegt daher nicht nur in der Zusammenarbeit zwischen den Diensten der Mitgliedstaaten, sondern in vielen Fällen ist zunächst ein Problem der internen Zusammenarbeit zu überwinden.
Diese Kooperationsschwierigkeiten werden durch unterschiedliche Rechts- und Justizsysteme sowie unterschiedliche Fahndungsverfahren kompliziert, doch die Gemeinschaft wird noch lange mit den auf diesen Problemen beruhenden Schwierigkeiten leben müssen, da die Entwicklung eines gemeinsamen Justiz- und Rechtssystems zwangsläufig ein langwieriger Proze sein wird. Dies bedeutet jedoch nicht, da Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Systemen ergeben und die Bekämpfung des organisierten Verbrechens und insbesondere des Drogenhandels hemmen, nicht in Angriff genommen werden sollten. Auch wenn kurzfristige Lösungen ad-hoc und bilateral beschlossen werden müssen, sollte es im Rahmen des Einfallsreichtums und der Fähigkeit der Mitgliedstaaten liegen, sie zu verwirklichen.
Die Quintessenz einer erfolgreichen Verbrechensbekämpfung ist die Ermittlung und die wirksame Verwendung erstklassiger Informationen. Der Proze der Informationserfassung und -verwendung ist ein grundlegender Bestandteil des Kampfs gegen den Drogenhandel.
Leider können wir nicht mit Bestimmtheit davon ausgehen, da die Ermittlung und Verwendung von Informationen in den Mitgliedstaaten im Bereich der Drogenbekämpfung so effizient ist, wie sie sein sollte. Die Zusammenarbeit innerhalb der Mitgliedstaaten zwischen Zoll und Polizei sowie zwischen den einzelnen Polizeidiensten, soweit es in einem Mitgliedstaat für diesen Bereich mehr als einen gibt, ist häufig nicht so gut strukturiert, wie sie sein könnte. Bei unseren Nachforschungen in diesem Punkt stie en wir immer wieder auf die Antwort, da zwischen den verschiedenen Organen eine gute Zusammenarbeit herrsche, doch bei weiterem Nachfragen stellte sich heraus, da damit ad-hoc-Reaktionen gemeint waren, die manchmal sogar von dem guten Willen der Beamten auf der jeweiligen Ebene untereinander und sehr häufig von ihrem persönlichen Scharfsinn abhängig waren. Fehlte eines dieser Merkmale, so war der Standard der Zusammenarbeit entschieden niedriger. Da der Gegenstand dieser Zusammenarbeit die oben beschriebene ang
emessene Nutzung von Informationen ist, mu unbedingt eine formale Struktur eingeführt werden, die dieser Aufgabe gerecht wird. Derzeit basieren die Befugnisse der Polizei- und Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft in der Regel auf nationalem Hoheitsrecht. In einigen Fällen wurde das Hoheitsrecht an Regionalverwaltungen delegiert, liegt letztendlich jedoch bei der politischen Exekutive, die wiederum in unterschiedlichem Ma e der parlamentarischen Kontrolle untersteht.
Im gleichen Land gibt es mitunter verschiedene Polizeikräfte, die oft verschiedenen Ministerien zugeordnet sind. Bei gleicher Zielsetzung kann dies zu Überschneidungen oder Konkurrenzdenken unter den verschiedenen Kräften, zu Rivalität und schlie lich zu beschränkter Handlungsfähigkeit führen, was sicherlich nicht dem öffentlichen Interesse entspricht. Kompetenzüberschneidungen können Mi verständnisse in der Befehls- und Ausführungskette nach sich ziehen.
Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die internationale Zusammenarbeit der Polizei nicht so erfolgreich ist, wie sie sein könnte, obwohl sie unter den gegebenen Umständen und trotz der bürokratischen Hindernisse ganz gut funktioniert. Leider gibt es derartige Erschwernisse für das internationale Verbrechen, vor allem die Drogenkriminalität nicht, der auch finanziell keine Grenzen gesetzt sind.
Zollbehörden sind dagegen nationale Einrichtungen, da ihre Hauptaufgabe früher im Erheben von Zöllen und Abgaben auf Ein- und Ausfuhren bestand. Sie können auf eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit benachbarten Zollbehörden zurückblicken. Sie sind in erster Linie auch für die Kontrolle von Ausweispapieren von Personen und Gütern zuständig.
Folglich können Polizei und Zoll von einer engen Zusammenarbeit nur profitieren. Beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität und gegen den Drogenhandel mu sich diese Erkenntnis erst noch durchsetzen.
Vielen Politikern und Regierungsbeamten ist nicht bewu t, da der Zoll und seine Beamten im Kampf gegen das Verbrechen keine untergeordnete Rolle spielen. In allen europäischen Ländern mu der personellen und technischen Ausstattung der Zollbehörden viel grö ere Priorität eingeräumt werden. Oft werden sie im Vergleich zur Polizei regelrecht stiefmütterlich behandelt.
Die verschiedenen Polizei- und Zolldienststellen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft handeln häufig in Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden aus Nicht-Gemeinschaftsländern. Die wichtigste davon ist ohne Zweifel die amerikanische Drugs Enforcement Agency (DEA), die 1973 aus einem Zusammenschlu der Drogenabteilung des Justizministeriums und des Zolls der Vereinig- ten Staaten hervorging. Die DEA ist zweifellos die erfahrenste und am besten organisierte Antidrogeneinheit, deren Rolle seit Mitte der achtziger Jahre durch eine Vielzahl verdeckter Operationen insbesondere in Südamerika, aber auch in der Europäischen Gemeinschaft in Verbindung mit EG-Mitgliedstaaten, an Bedeutung gewonnen hat. Innerhalb der Vereinigten Staaten arbeitet die DEA mehr oder weniger in Zusammenarbeit mit dem FBI und der Küstenwache. Die Koordinierung zwischen den Organen in den Vereinigten Staaten wird insbesondere vom amerikanischen Kongre immer wieder kritisiert. Dennoch hat die Initiative des Kongresses zur Einrichtung de
s Office of National Drug Control Policy als Teil der Kabinettskanzlei des Präsidenten der Vereinigten Staaten im Jahr 1989 geführt. Im März 1991 löste Gouverneur Robert MARTINEZ Dr. William BENNETT als Direktor ab. Es hat besondere Verantwortung sowohl auf dem Gebiet der Strafverfolgung als auch der Nachfrageverringerung. Es koordiniert die Tätigkeiten der DEA, des FBI, der Küstenwache und des Zolls sowie der staatlichen Polizei- kräfte und ist verantwortlich für die Überwachung der umfassenden Drogenstrategie von Präsident BUSH.
Nationale Zoll- und Polizeibehörden Belgien
Die Police judiciaire ist in 22 Einheiten gegliedert. Kürzlich wurde eine 23. Brigade zur Bekämpfung von Kapitalverbrechen eingerichtet. Sie untersteht dem Generalkommissar, Innenministerium.
Die Gendarmerie besteht aus 427 Brigaden für 52 Bezirke, an ihrer Spitze steht ein Generalleutnant. Für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung sowie zur Verbrechensbekämpfung handelt sie im Auftrag des Innenministeriums, bei Ermittlungen im Auftrag der Justizbehörden und des Justizministeriums.
Jede der 589 Gemeinden hat eine Police communale mit einem Commissaire an der Spitze, die dem Bourgmestre (Bürgermeister) unterstellt ist. Administration des Douanes et Accises; sie untersteht dem Finanzministerium und verfügt über Sondereinheiten zur Bekämpfung des Drogenhandels.
Die Koordination soll das Office Central pour la repression du traffic illicite des stupéfiants (OCRTIS) übernehmen, doch die Einsatzbereitschaft dieser Dienststelle lä t auf sich warten. Ihre Aufgabe wird es sein, die Informationen von Polizei und Zoll zentral zu erfassen und Kontakte zu Interpol und dem Zollkoope- rationsrat zu unterhalten.
Dänemark
Die nationale Polizei unterhält in jedem der 54 Bezirke Rauschgiftsondereinheiten.
Die Zoll- und Abgabenverwaltung gliedert sich in 13 regionale Ämter.
Eine nationale Drogenerfassungsstelle sammelt, registriert, koordiniert, analysiert und verbreitet alle wichtigen Daten über das nationale und internationale Drogengeschäft. Zum Personal gehören sowohl Polizei- als auch Zollbeamte.
Frankreich
Dem Innenministerium sind drei Sondereinheiten unterstellt, das zentrale Rauschgiftamt (OCRTIS), das zentrale Betrugsamt (OCRGD) und, für den Pariser Bereich, die Brigade für die Bekämpfung von Drogenhandel und Drogenmi brauch (BRTIST). Ferner sind CRS und die Grenzpolizei zu nennen.
Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie Nationale setzt sich aus 3 600 lokalen Brigaden mit 386 Sondereinheiten zusammen.
Die dem Wirtschafts- und Finanzministerium unterstellte Zollfahndungsdirektion (DNRED) ist vornehmlich für die Drogenkriminalität und die Geldwäsche auf nationaler oder internationaler Ebene zuständig; das Ministerium ist allgemein für Drogenhandel und Handel mit Vorprodukten zuständig.
Die TRACFIN, ebenfalls dem Wirtschafts- und Finanzministerium unterstellt, wurde zur Bekämpfung von Geldwäsche und illegalen Finanzkanälen eingerichtet.
Die Zentrale Zollverwaltung ist für Zollangelegenheiten zuständig, überwacht aber auch den Handel mit Vorprodukten.
Deutschland
Das Bundeskriminalamt hat im Rahmen der Bekämpfung der Drogenkriminalität die sachliche Zuständigkeit für Fälle international organisierten Rauschgifthandels, bei denen eine Aufklärung im Ausland erforderlich ist, sowie für damit verbundene Straftaten. Ansonsten kann das BKA nur nach entsprechender Auf- forderung oder Anordnung tätig werden. In der Regel liegt die sachliche Zuständigkeit bei den Landeskriminalämtern.
Für die Verhütung und Aufklärung des Drogenhandels ist die Zollverwaltung zuständig. Mit der Strafverfolgung entsprechender Vergehen sind die Zollfahndungsstellen und deren Zentrale, das Zollkriminalistische Institut in Köln, beauftragt. Zollfahnder können auch Aufklärung im Ausland betreiben. Nach deutschem Recht sind kontrollierte Lieferungen derzeit nicht zulässig.
Griechenland
In Athen und Thessaloniki gibt es für Rauschgiftdelikte zuständige Sondereinheiten der Polizei. Ferner sind eigens für die Rauschgiftfahndung ausgebildete Polizisten in verschiedenen Polizeistellen des Landes tätig.
Die Zollbehörden unterstehen dem Finanzministerium, das mittlerweile über eine eigene Abteilung zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels verfügt.
Irland
Für die Strafverfolgung sind Gardai und Customs and Excise Services zuständig. Die Gardai verfügt über eine zentrale Fahndungsstelle. Die Koordination übernimmt ein Superintendent, der National Coordinator für Drug Related Crimes (Koordinator für Rauschgiftdelikte).
Italien
In Italien sind für Verbrechensverhütung und -aufklärung im wesentlichen drei Strafverfolgungsbehörden zuständig:
1. Die Staatspolizei, eine zivile Einheit, ist dem Innenministerium unterstellt.
2. Die "Carabinieri", eine militärische Einheit, sind dem Verteidi- gungsministerium unterstellt.
3. Die "Guardia di Finanza", eine militärische Einheit, untersteht dem Finanzministerium.
Die Koordination dieser wie auch der Zolleinheiten übernimmt ein zentraler Drogenbekämpfungsdienst (D.S.C.A.), der Daten über die Ma nahmen zur Bekämpfung der Drogenkriminalität der drei vorgenannten Einheiten zusammenstellt, analysiert und verarbeitet. Fahndungsma nahmen werden von der D.S.C.A. geplant und koordiniert. Zum Zwecke der Zusammenarbeit knüpft sie über das O.I.P.C. - die Interpol - Kontakte zu den entsprechenden ausländischen Behörden und unterhält Beziehungen zu anderen internationalen Stellen, die an einer gemeinsamen Drogenbekämpfung interessiert sind.
Im Oktober 1991 nahm die Regierung Vorschläge zur weiteren Verstärkung des Kampfes gegen das organisierte Verbrechen durch die Schaffung der DNA (Direzione Nazionale Antimafia) an, die das gesetzliche Vorgehen gegen das organisierte Verbrechen unter der Leitung eines "Super-Generalstaatsanwalts" koordiniert. Gleichzeitig wurde die DIA (Direzione Investigativa Antimafia) unter der Leitung des Hochkommisars zur Koordinierung der Fahndungseinsätze von Polizei und Zoll geschaffen. Die Einrichtung dieser beiden Dienste wird als Schaffung eines "FBI" italienischer Prägung betrachtet und soll somit den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens mehr Durchschlagskraft geben.
Luxemburg
Für alle schweren Drogendelikte im Gro herzugtum ist die Sûreté Publique (Police Judiciaire) zuständig. Jedes Commissariat der Gendarmerie verfügt über speziell für die Bekämpfung der Drogenkriminalität ausgebildete Beamte. Auch beim Zoll sind Sonderbeauftragte für Drogenfragen tätig. Die Koordination übernimmt der Leiter der luxemburgischen Gendarmerie, der Polizeichef. Insgesamt sind jedoch nur wenige Polizeibeamte der Bekämpfung des Drogenschmuggels zugeteilt (zur Zeit nur 8), und eine Verstärkung dieser Dienststelle wird immer wieder gefordert.
Niederlande
Das Gesundheits-, Wohlfahrts- und Kultusministerium koordiniert die holländische Drogenpolitik, für Delikte ist allerdings das Justizministerium zuständig. Jede städtische Polizeidienststelle verfügt über Sonderfahndungseinheiten für Drogendelikte (der Genu von Drogen ist gesetzlich nicht verboten). Alle nationalen und kommunalen Polizeidienststellen wie auch die Zollbehörden arbeiten mit dem Zentralen Rauschgiftamt der nationalen Kriminalpolizei (CRI) zusammen.
Der Justiz- und der Innenminister haben die Umstrukturierung der niederländischen Polizei angeordnet, so da die 148 städtischen Polizeidienststellen und 17 nationalen Polizeidistrikte in 25 Regionen zusammengefa t werden. Zusätzlich soll eine zentrale Organisation geschaffen werden, um der Bekämpfung des organisierten Verbrechens zusätzliche Effizienz zu verleihen.
Portugal
Die für Drogendelikte zuständige Polizeibehörde ist die Justizpolizei, deren nationale Aufklärungsstelle alle Daten über den Drogenhandel koordiniert und zentral erfa t. Auch die Öffentliche Sicherheitspolizei und die Republikanische Garde können an Fahndungsma nahmen beteiligt werden. Die Zoll- und Fi- nanzbehörden haben keine eigenen Drogenbekämpfungseinheiten.
Spanien
Der dem Innenministerium unterstellte zentrale Rauschgiftdienst (CSN) koordiniert die Aufklärungs- und Fahndungsma nahmen im Kampf gegen den Drogenhandel. Polizei und Guardia Civil, die beide über Drogensondereinheiten verfügen, sind auf nationaler Ebene tätig und werden von den kommunalen Polizeidienststellen unterstützt. Die Zollbehörden arbeiten mit der Polizei zusammen, wobei die CSN als Koordinierungsstelle fungiert.
Vereinigtes Königreich
Her Majesty's Customs and Excise (HMCE) ist für die Verhütung und Aufklärung von illegalen Drogenimporten zuständig. Die HMCE verfügt über eine 450 Mann starke Fahndungsabteilung, die sich nur mit Rauschgiftdelikten befa t, sowie über Unterstützungseinheiten und eine Marineabteilung.
Bei der Polizei sind neun regionale Kriminalämter in England und Wales sowie das Schottische Kriminalamt (Scottish Crime Squad) für schwerere Fälle zuständig. Jedes Amt verfügt über eine Sondereinheit für Rauschgiftdelikte.
Die National Drugs Intelligence Unit, der erfahrene Polizei- und Zollbeamte angehören, übernimmt die Koordinierung. Sie verfügt über Sonderabteilungen für Geldwäsche, Überwachung von Vorprodukten und organisiertes Verbrechen. Die NDIU ist der ministeriellen Drugs Intelligence Steering Group des Innenministeriums unterstellt.
Rolle der Drogenverbindungsbeamten
Die meisten europäischen Länder haben sich zur Ernennung von Drogenverbindungsbeamten bereiterklärt. Diese erfahrenen Beamten sollen in Länder entsandt werden, in denen Rauschgiftproduktion oder -handel ein ernstes Problem darstellen. Verbindungsbeamte aus den grö eren europäischen Staaten sind bereits in Lateinamerika, Süd- und Südostasien, den Vereinigten Staaten und in benachbarten europäischen Ländern tätig. Einige EG-Länder sind noch nicht in der Lage, Beamte für diese Aufgabe abzustellen.
Die Entsendung von Verbindungsbeamten erleichtert die Kommunikation zwischen den verschiedenen Polizeidienststellen und dem Zoll und verbessert somit die Möglichkeiten gemeinsamen Vorgehens gegen den Drogenhandel.
Interpol
Interpol (Internationale kriminalpolizeiliche Organisation) hat laut Artikel 2 ihrer Satzung folgende Aufgaben:
- Sicherung und Förderung grö tmöglicher gegenseitiger Unterstützung aller Kriminalpolizeien im Rahmen der in den Mitgliedsländern geltenden Gesetze und im Geist der Erklärung der Menschenrechte
- Einrichtung und Weiterentwicklung von Institutionen, die zu einer wirksamen Verhütung und Bekämpfung von Straftaten beitragen können.
Sie dient als zentrale Sammelstelle für Informationen aus den Mitgliedsländern der Organisation. Sie verfügt über eine effektive und komplexe Datenbank und ein Telekommunikationsnetz.
Der Drogenabteilung von Interpol gehören erfahrene, aus ihren nationalen Dienststellen abgestellte Polizeibeamte an. Ihre Tätigkeit konzentriert sich hauptsächlich auf Europa. Darüberhinaus will Interpol im Bereich der Drogenkriminalität und des organisierten Verbrechens (für das es eine eigene Unterabteilung gibt) stärker vorbeugend tätig werden und im Kampf gegen die Dro- genhändler die Initiative übernehmen.
Zweifellos ist die Arbeit von Interpol nach dem Umzug nach Lyon effektiver und dynamischer geworden. Sie verfügt über die nötigen Mittel und Erfahrungen, um im Rahmen der Vorschläge der Trevi- Gruppe zur Schaffung einer Europäischen Drogenaufklärungseinheit eine wichtige Rolle zu übernehmen.
Zollkooperationsrat
Der Zollkooperationsrat, dem 111 Länder angehören, wurde 1953 zur Harmonisierung der Zollverfahren gegründet. Er hat zwar, wie Interpol, keine Exekutivgewalt, bietet aber den Zollbehörden die Möglichkeit zum Austausch von Erkenntnissen über den unerlaubten Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen. Er veröffentlicht regelmä ige Berichte mit neuesten Informationen über gezielte Ma nahmen usw. Seit 1977 stützt sich die Arbeit des Zollkoopera- tionsrats im wesentlichen auf das Übereinkommen von Nairobi über die gegenseitige Unterstützung bei der Verhütung, Aufklärung und Bekämpfung von Zollvergehen.
Es besteht eine ständige Zusammenarbeit zwischen Interpol und Zollkooperationsrat.
DROGENPROFITE UND GELDWÄSCHE
Der Rahmen, innerhalb dessen sich der Drogenhandel abspielt, ist einer eigenen Betrachtung wert. Die makro-ökonomischen Folgen der organisierten Drogenkriminalität sind beträchtlich, da sie sich angesichts der astronomischen Geldsummen, die im Spiel sind, unmittelbar auf das weltweite Finanzsystem auswirken. Geldwäsche, das Zurückschleusen von Drogengeldern über legale Finanz- oder Handelskanäle, ist eng mit dem Drogenproblem verbunden, und trotz der vor kurzem verabschiedeten EG-Richtlinie über Geldwäsche ist dieses Thema ein wesentlicher Bestandteil der Untersuchungen des Ausschusses. In Scotland Yard hängt ein Poster mit der Aufschrift:
"Geldwäsche, das Partnergewerbe des Drogenhandels. Das eine kann ohne das andere nicht bestehen."
Aus marktwirtschaftlicher Sicht betrachtet manipuliert der Drogenhandel die Gesetze des Marktes, da die Verbrechensbekämpfung wie ein Multiplikator auf die Preise der auf der Stra e verkauften illegalen Drogen wirkt.
Die 5 oder 6 Milliarden US-Dollar, die das Medellin- oder Cali- Kartell mit dem Verkauf von Kokain verdienen, oder die etwas geringeren Gewinne der asiatischen Opiumerzeuger machen nicht mehr als zehn Prozent des jährlich im Umlauf befindlichen Drogengeldes aus. Die grö ten Profite machen die gro en Verbrecher-Multis.
Nach den Schätzungen der "Groupe d'action financière internationale" (GAFI) aus dem Bericht an die G7 von April 1990 beläuft sich der Wert der illegal verkauften Drogen auf etwa 122 Milliarden US-Dollar.
Wert der Suchtstoffverkäufe - 1989 (in Milliarden US-Dollar) ----------------------------------
USA Europa Insgesamt
Kokain 28,8 6,7 35,1 Heroin 10,0 2,1 12,1 Cannabis 67,2 7,5 74,7 ----- ---- ----- 106,0 16,3 121,9
Achtzig Prozent des Geldes wird gewaschen, um legal in die Kapital- und Finanzmärkte der Welt zu flie en.
Neben den jährlichen Profiten, die der Drogenhandel jährlich direkt einbringt, sind die Kapitalerträge der in den vorherigen Jahren investierten Drogengelder in Betracht zu ziehen. Für die letzten zehn Jahre geht man von Einkünften in Höhe von 820 Milliarden US- Dollar aus, manche Schätzungen gehen weit darüberhinaus. In jedem Fall sind die Beträge hoch genug, um Auswirkungen auf die Bilanzen sogar gro er Gesellschaften oder gar auf die gesamte Weltwirtschaft zu zeigen.
Der Gewinn der in Steuerparadiesen oder auf kleinen Inseln ansässigen Banken -aber nicht nur dieser - beträgt fast 10 Prozent der 80-100 Milliarden Dollar, die jährlich gewaschen werden.
Die meisten Gewinne der Drogenhändler und Verbrechersyndikate flie en als hei es Geld über die Börsen- und Finanzmärkte der Welt in den Geldkreislauf zurück.
Angesichts all dieser Faktoren wird die Dringlichkeit verständlich, mit der die Staats- und Regierungschefs der demokratischen Staaten versuchen, des Problems Herr zu werden. Unter dem Vorwand, Geldwäsche verschaffe einigen Banken Wettbewerbsvorteile, hat die Europäische Gemeinschaft eine Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (KOM 91.182) verabschiedet.
Die neue EG-Richtlinie, die am 1. Januar 1993 in Kraft tritt, stützt sich im wesentlichen auf Artikel 5 des UNO-Übereinkommens gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen von 1988. Beide fordern die Umkehrung der Beweislast beim Nachweis der Herkunft verdächtiger Geldmittel. Verdächtige müssen nachweisen, da das eingezahlte Geld legalen Ursprungs ist. Die wichtigsten Elemente der neuen Richtlinie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Geldwäsche wird unter Strafe gestellt, namentliche Nennung von Kunden und Beziehern von Kapitalerträgen, Sorgfaltspflicht für Finanz- und Kreditinstitute und verstärkte Zusammenarbeit zwischen Finanzinstituten und Strafverfolgungsbehörden. Auf Antrag des Europäischen Parlaments wurden einige Bestimmungen des ursprünglichen Entwurfs verschärft.
Der Baseler Ausschu der Zentralbankgouverneure hat eine eindeutige Grundsatzerklärung ausgearbeitet, die auf die Verstärkung der Überwachungskapazität des Bankensystems der Mitgliedstaaten abzielt. (Diesem Ausschu gehören nur 7 EG-Länder an). Allerdings haben die verschiedenen nationalen Banküberwachungsbehörden nicht die gleichen Befugnisse in der Bekämpfung der Geldwäsche. Dennoch werden anscheinend Anstrengungen unternommen, um die Anwendung der Grundsatzerklärung, die in manchen Fällen in das nationale Recht übernommen wurde, zu gewährleisten.
Natürlich suchen Drogenhändler und andere Verbrecherorganisationen nach anderen Mitteln und Wegen zur Wäsche und Wiedereinschleusung ihrer Gewinne. Gold, Edelsteine, Immobilien bieten sich als Alternativen an. Die Schwäche der nationalen und internationalen gesetzlichen Regelungen besteht darin, da man von der Integrität des Bankensystems ausgeht, die man nachweislich nicht immer voraussetzen kann.
Denn nicht nur Steuerparadiese wie die Bahamas oder Panama bieten Geldwäschern ihre Dienste an. Vor Verabschiedung der neuen Gesetze beteiligten sich gro e Schweizer Banken an der Wäsche von Drogengewinnen - wie aus der Untersuchung des Schweizer Parlaments hervorgeht - und die Bank of Credit and Commerce International bekannte sich in dem berühmten Proze von 1988 vor einem Gericht in Florida schuldig. Eine Durchsuchung der britischen Zollfahndung bei der Londoner Niederlassung der BCCI im Oktober 1985 ergab, da General NORIEGA, gegen den zur Zeit in den USA ein Strafverfahren wegen Drogenvergehen läuft, dort verdächtige Konten unterhielt. Seitdem haben die Zollfahnder ein riesiges Geldwäschesystem aufgedeckt, an dem die kolumbianischen Kartelle, Manuel NORIEGA und die Londoner Niederlassung der BCCI beteiligt waren. John MAJOR, damals noch Finanzminister, wies am 18. Januar 1990 in einer Debatte im britischen Unterhaus darauf hin.
Der Rechtsunterausschu des US-Senats für Verbrechen und Strafrecht hat die Auswirkungen des BCCI Skandals auf das Bankensystem der Vereinigten Staaten geprüft und Koordinationsmängel zwischen den verschiedenen zuständigen Diensten (Zoll, Finanzamt, Federal Reserve Board und DEA) festgestellt. Der Unterausschu erklärt, da anscheinend wenige Mechanismen vorhanden seien, die für einen Informationsflu zwischen den Strafverfolgungsbehörden in verschiedenen Justizbezirken bzw. einen Informationsflu nach oben zu den beschlu fassenden Instanzen sorgen. Es ist zweiffellos sehr wichtig, da innerhalb der Europäischen Gemeinschaft gro e Anstrengungen unternommen werden, damit eine ähnliche Situation nicht entstehen kann; daher die in diesem Bericht zusammengestellten Empfehlungen. Derzeit ist jedoch der Weg noch weit bis zur vollständigen Herstellung einer solchen Zusammenarbeit.
Nicht nur die nationalen Strafverfolgungsbehörden gehen mit verstärkten Mitteln gegen diese Art der Kriminalität vor, die direkt, allerdings nicht ausschlie lich, mit dem Drogenhandel zusammenhängt. Auch Interpol befa t sich ernsthaft mit diesem Problem und ergreift bei der Koordinierung der Tätigkeit von Polizei und - in enger Zusammenarbeit mit dem Zollkooperationsrat - Zoll der einzelnen Mitgliedstaaten immer häufiger die Initiative. Der Zollkooperationsrat bietet Fortbildungsprogramme zur weiteren Verstärkung der polizeilichen Durchschlagskraft an.
In seinem Beitrag zum Untersuchungsausschu verdeutlicht Herr CHAPUIS von der Schweizer Bankenvereinigung die Haltung seines Verbandes zur Geldwäsche. Er fügt jedoch hinzu - und dessen sollten sich alle bewu t sein - "So wie es trotz Strafrecht immer Mord oder Diebstahl gegeben hat, so werden auch die schärfsten strafrechtlichen Bestimmungen zur Geldwäsche das Wiedereinschleusen von Geldern kriminellen Ursprungs niemals gänzlich ausschlie en können."
In der Schweiz, Luxemburg und anderen europäischen Ländern wie dem Vereinigten Königreich und Frankreich wurden strengere gesetzliche Ma nahmen zur Unterstützung der Kräfte, die gegen die Geldwäsche vorgehen, verabschiedet. Andere Länder, allen voran Deutschland, nehmen sich für die Einführung der strengeren Bestimmungen der Richtlinie mehr Zeit.
Neben der EG-Richtlinie zur Geldwäsche hat auch der Europarat eine Konvention über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung der Erträge aus Straftaten erarbeitet, nach der alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Geldwäsche unter Strafe zu stellen.
In einigen europäischen Ländern wie dem Vereinigten Königreich wird die Internationalität des Drogenhandels gesetzlich anerkannt und ist die Aufklärung des Ursprungs von vermutetem Drogengeld erlaubt. Einziehungsabkommen wie sie zwischen dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten sowie der Schweiz, Spanien, Italien, Nigeria, den Bahamas, Mexiko und Gibraltar geschlossen wurden, machen den Einzug von Guthaben möglich, daher wären derartige Abkommen zwischen allen EG-Ländern wünschenswert. In einem bei- spielhaften Fall wurden bei der Durchsuchung einer Farm in Kolumbien Papiere entdeckt, die auf miteinander verbundene Bankkonten auf der ganzen Welt schlie en lie en. Eine sofortige Sperrung der Guthaben von Rodriguez-Gacha in Gro britannien war erforderlich. Das Einziehungsabkommen konnte angewendet werden, da Rodriguez-Gacha in den USA wegen Drogenhandels unter Anklage stand.
Das amerikanische Justizministerium stellte beim britischen Innenministerium einen formellen Antrag. Die NDIU übertrug den Fall einem Zollfahnder, dessen Arbeit über die NDIU in Zusammenarbeit mit dem US-Justizministerium koordiniert wurde. Dies erwies sich als entscheidend und zeigte den Wert von Analysen in einer Zeit, da weltweit immer mehr verknüpfte Konten entdeckt werden. Durch die richtige Interpretation der Papiere war es möglich, bis dahin unbe- kannte Konten der Organisation in London zu ermitteln.
Neue Gesetze zur Geldwäsche verpflichten die Banken zur Meldung suspekter Transaktionen. Am Beispiel des Vereinigten Königreichs und der Wirkungsweise des Drug Trafficking Offences Act von 1986 wird wiederum deutlich, wie schwierig die Identifizierung von Geldwäschern ist. In Gro britannien gibt es 16 000 Bankfilialen und 70 Millionen Konten. Trotz des zu verzeichnenden Anstiegs gab es 1990 nur 1890 Meldungen, viermal so viel wie 1987. Seither, bis Ende Oktober 1991, gingen 2900 Meldungen ein. Das neue Criminal Justice (International Cooperation) Act 1990, das am 1. Juli 1991 in Kraft getreten ist, erlaubt die Einziehung von unerklärten Guthaben. Ähnliche Gesetze gibt es in anderen europäischen Ländern.
Die Reinvestition unrechtmä ig erworbenen Kapitals ist das Endziel der Geldwäscher. Einige Sektoren eignen sich für solche Reinvestitionen. Der Spiel- und Wettsektor zeichnet sich häufig durch lasche Kontrollen aus. Auch im Gesundheits- und Wohlfahrtssektor werden in manchen Ländern nur oberflächliche Kontrollen durchgeführt und es bestehen Monopolsituationen. Im Produktivsektor ist das Bauwesen von besonderem Interesse, da hier ohne gro e Schwierigkeiten komplizierte Transfers von Mitteln vorgenommen werden können, deren Herkunft sich nicht identifizieren lä t; dies ist auf die mittlerweile fest etablierte Sitte der Gründung einer Unzahl von Gesellschaften zurückzuführen, von denen jede den Bau und Verkauf eines einzelnen Gebäudes zum Ziel hat, und die untereinander durch ihre gemeinsame Holding-Gesellschaft und ein kompliziertes Netz wirtschaftlicher und finanzieller Beziehun- gen verbunden sind. Weitere attraktive Investitionsobjekte bilden vor der Zahlungsunfähigkeit stehende Gesellschaften, gleich in we
lchem Wirtschaftszweig, da sie bereit sind, dringend benötigte Investitionen ohne weiteres nach einer rein formellen Überprüfung zu akzeptieren. Besondere Probleme bildet auch die öffentliche Vergabe von Aufträgen nach einer Ausschreibung an eine Gesell- schaft, die dann Teilverträge an weniger skrupelhafte Organisationen weitergibt, die mit kriminellen Vereinigungen wie der Camorra verbunden sind.
Angesichts der neuen gesetzlichen Bestimmungen und des wachsenden Bewu tseins der Banken um die Bedrohung, die die Geldwäsche für die Integrität der Bankinstitute darstellt, wenden sich, vornehmlich die von Asien aus operierenden, kriminellen Organisationen an das als Hawala-, Hundi-, Chiti- oder Chop-Chop-System bekannte illegale Bankensystem. Diese parallelen Bankensysteme werden seit längeren von indischen und chinesischen Gemeinden zur Umgehung von Devi- senbestimmungen genutzt. Im Vereinigten Königreich laufen einige Strafverfahren gegen Hawala-"Bankiers".
POLITISCHE INSTITUTIONEN, KRIMINELLE ORGANISATIONEN UND DROGENHANDEL
Die im Drogenhandel erwirtschafteten hohen Geldbeträge und die Leichtigkeit, mit der diese bisher gewaschen werden konnten, verlieh ihren kriminellen Besitzern bedeutenden Einflu und sogar Macht. Es liegt auf der Hand, mit Hilfe dieser Macht zu versuchen, die Kapazität der staatlichen Drogenbekämpfungsstellen zu verringern, wobei sich der Versuch der Korrumpierung von Po- litikern, Verwaltungen und Polizei anbietet.
Es wäre Selbstbetrug, davon auszugehen, da dies nicht geschehen ist bzw. da derartige Versuche nicht mehr gemacht werden. In den Ländern der Europäischen Gemeinschaft liegen, mit der unglückseligen Ausnahme einiger Regionen Italiens, keine Beweise für eine systematische Infiltration und Korruption des politischen Systems vor. Dies darf jedoch keine Selbstzufriedenheit auslösen, da man mit Sicherheit davon ausgehen kann, da das organisierte Verbrechen ständig nach neuen Möglichkeiten der Korruption Ausschau hält.
Wer sich in einer verantwortlichen Position befindet, mu sich ständig dieser Gefahr bewu t sein und dafür sorgen, da angemessene Mechanismen zu ihrer Bekämpfung verfügbar sind. Denn es deutet zwar nichts auf eine systematische oder weitverbreitete Korruption innerhalb der Länder der Europäischen Gemeinschaft hin, doch wurden in mehreren Ländern auf polizeilicher und politischer Ebene einige isolierte Fälle aufgedeckt. Die Behörden dieser Länder sind, nach- dem sie auf solche Fälle aufmerksam gemacht wurden, besonders dafür verantwortlich, da sich dies nicht wiederholt und da sie sich vor etwaigen künftigen Infiltrations- und Korruptionsversuchen schützen.
In Frankreich gründen sich zwar die Vorwürfe der illegalen Parteienfinanzierung auf umfangreiche illegale Buchhaltungstechniken mit falschen Rechnungen, doch wurde bislang auf dieser Ebene kein Zusammenhang mit kriminellen Vereinigungen oder Drogenhändlern vermutet. Dennoch sind die Verbindungen zwischen prominenten Lokalpolitikern und ehemaligen Nationalpolitikern in Südfrankreich und insbesondere Nizza und Marseille zu italienischen Mafia-Familien dokumentiert. Gegen den ehemaligen Bürgermeister von Nizza wurde Strafanklage erhoben; er lebt derzeit im selbst gewählten Exil in Uruguay. Die Demontage der früheren korsischen Mafia-Familien bewies das Vorhandensein organisierter krimineller Aktivität im Zusammenhang mit dem Drogenhandel. Heutzutage wird ein Zusammenhang zwischen terroristischen Aktivitäten in Korsika und in Südfrankreich und dem Drogenhandel vermutet, das gleiche gilt für die Fehden und Vendettas innerhalb des lokalen "Milieus".
Andererseits erhob der ehemalige Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, detaillierte Anschuldigungen gegen Politiker, die direkte Verbindungen zu den Drogenprofiten der Mafia hätten. Er fragte ferner unverblümt nach den Gründen, warum beispielsweise der Banco- Ambrosiano-Skandal, die Affäre im Zusammenhang mit der Loge P2 und der Tod Aldo Moros nie völlig aufgeklärt worden seien und macht hochrangige Politiker dafür verantwortlich. In Deutschland wächst die Befürchtung, da in den Länderregierungen und -verwaltungen, insbesondere in der ehemaligen DDR, mit kriminellen Verstrickungen gerechnet werden müsse.
Die Schwierigkeit der Herstellung einer direkten Verbindung zwischen dem Drogenhandel und politischer Korruption wird noch dadurch verschärft, da die Mittel zu dem Zeitpunkt, zu dem gro e Summen als Bestechungsgelder Verwendung finden, ein umfassendes Recycling durch legale Deckorganisationen, die durch Anteilseigner aus Kreisen des organisierten Verbrechens diskret aber wirksam kontrolliert werden, durchlaufen haben. Eine solche verdeckte politische Verbindung ist in hochkomplizierten und ständig in der Entwicklung befindlichen Gesellschaften schwer aufzudecken. Sehr viel leichter lä t sich die Verbindung in vielen Drogenerzeugerländern herstellen, deren Institutionen von der Macht der ortsansässigen Drogenbarone - wie in dem o.e. Fall Pakistans oder in Kolumbien - völlig ausgehöhlt sind.
Offenkundig bieten sich Banken oder Finanzinstitute als Kanäle für Mittel an, die örtlichen Behörden oder Politikern zuflie en sollen. Der BCCI-Skandal von weltweiten Ausma en bezeugt dies, obwohl die BCCI wahrscheinlich keineswegs die einzige Bank ist, die Drogengewinne gewaschen und politischen Zwecken zugeleitet hat. Die pakistanische Habib-Bank war ebenfalls in solche Praktiken verwickelt und in Italien wurden die Aktiva der Banco Scilla wegen deren bekannter Verbindungen zur Camorra beschlagnahmt.
Das Eingreifen krimineller Organisationen in die Politik kann sich auch anders als durch Korruption äu ern. Einschüchterung und Gewaltandrohung gegenüber Politikern und ihren Familien, um diese gefügig zu machen, sind ein weiteres Mittel zum selben Zweck. Bestechung und Einschüchterung schlie en sich natürlich nicht gegenseitig aus. Ferner kann die Einschüchterung ein spezifisches Ziel betreffen oder allgemein gehalten werden. Wenn man bedenkt, da 1990 ein Drittel der 1.692 Morde in Italien direkt mit dem organisierten Verbrechen zusammenhingen und da zwei Drittel aller Morde in den drei Regionen begangen wurden, in denen die Mafia, die Camorra und die 'Ndrangheta sitzen, so gibt dies eine gewisse Vorstellung von dem ungeheuren Druck, unter dem die politische Arbeit steht. In Calabrien ist die Mordrate fünfmal höher als im Landesdurchschnitt (siehe Dokument von L. Colajanni im Anhang).
Im Wahlkampf von 1990 in den Provinzen Reggio Calabria und Neapel wurden acht für die Gemeinderatswahlen aufgestellte Kandidaten ermordet.
In den kürzlich erfolgten Regionalwahlen in Sizilien wurden Aktivitäten der Mafia-Clans von Catania zur Unterstützung bestimmter Kandidaten entdeckt (durch das Abhören von Telefongesprächen).
Der Bürgermeister von Reggio Calabria erklärte vor kurzem, da die Verzögerungen bei der Durchführung des Sondergesetzes für Reggio (das vorsieht, da die Mittel für öffentliche Arbeiten teilweise von den Lokalbehörden verwaltet werden) unter anderem darauf zurückzuführen seien, da er es kaum wage, diese Angelegenheiten in einem Stadtrat zur Sprache zu bringen, der zu 10 bis 15% aus von der Mafia gewählten Mitgliedern bestehe.
Der Wahlausschu der Abgeordnetenkammer gelangte zu der Schlu folgerung, da die Camorra in den schweren Wahlbetrug während der letzten allgemeinen Wahlen im Distrikt Neapel verwickelt war.
Der vom parlamentarischen Antimafiaausschu vorgeschlagene "Selbstregulierungskodex für Kandidaturen" (der vorsieht, da Kandidaten, die wegen Vergehen, die auf die Mitgliedschaft in oder Verbindungen zu im Verein mit der Mafia arbeitenden kriminellen Vereinigungen hindeuten, vor Gericht gestanden haben, von den Kandidatenlisten gestrichen werden), der von den Sekretären aller politischen Parteien auf Landesebene angenommen worden war, wurde in zahlreichen Fällen weitgehend ignoriert, als er für die Zusammenstellung der Listen für Kommunalwahlen in verschiedenen Provinzen und die Regionalwahlen in Sizilien im vergangenen Frühjahr zum erstenmal angewandt wurde.
Der ehemalige für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens in Italien zuständige Hochkommissar erklärte öffentlich, da gegen 17.000 (15%) von Italiens 124.000 kommunalen Verwaltungsbeamten derzeit in der einen oder anderen Form ermittelt wird.
In den Regionen Süditaliens war eine 37%ige Zunahme der Fälle im Zusammenhang mit illegalen Verbindungen zu Mafia-Organisationen zu verzeichnen (Artikel 416 a des italienischen Strafgesetzbuches).
In anderen Teilen Italiens, insbesondere in den nördlichen Gro städten Mailand und Turin, besteht der Verdacht, da das organisierte Verbrechen tief in den Finanz- und Industriesektor eingedrungen ist.
Das organisierte Verbrechen in Italien dringt immer weiter in den Staat und die bürgerliche Gesellschaft, insbesondere in die Struktur der Lokal- und Regionalbehörden ein, die u.a. häufig für öffentliche Arbeiten zuständig sind.
Die italienischen Behörden haben das Ausma der Beteiligung der Mafia an lokalen öffentlichen Vorhaben, zum Teil als Mittel für das Recycling von Drogenprofiten, enthüllt. In Kampanien wurden auf 27 Baustellen 48 nicht genehmigte Teilverträge, 28 Verstö e gegen Anti-Mafiabestimmungen und 305 Verletzungen der Gesetze über das Verbot des Einsatzes von Mittelsmännern auf dem Arbeitsmarkt, Verletzungen der Sicherheitsvorschriften oder Steuerhinterziehung verzeichnet. Nationale öffentliche Vorhaben wie die Autobahn Rom- Neapel und die NATO-Basis auf der Isola Capo Rizzuto sind weitere Beispiele.
Gleichzeitig ermöglicht es die Kontrolle, die sie durch Bestechung und Einschüchterung über die lokalen politischen Einrichtungen ausüben, den kriminellen Vereinigungen, ihren Drogenaktivitäten relativ ungestraft nachzugehen.
Zwar ist im Anschlu an ein Referendum zur Begrenzung des Wahlmi brauchs durch illegale Organisationen ein geringfügiger Wandel der italienischen Wahlgesetze festzustellen, doch ist es vorgekommen, da Mafiaclans, die Camorra und die 'Ndrangheta ihre "Kandidaten" auf Parteilisten schleusten und da es ihnen gelang, sie bei der Wahl durchzubringen.
Alle diese Faktoren veranlassen uns zur Bestätigung des Phänomens der Institutionalisierung des organisierten Verbrechens in Italien und geben der Befürchtung Nahrung, da angesichts der Internationalisierung solcher krimineller Tätigkeiten auch andere europäische Länder auf der Hut sein müssen.
Die deutsche Regierung schätzt, da der illegale Drogenverkauf jährlich zwischen 2 und 4 Mrd. DM einbringt. Sie räumt ein, da die Anziehungskraft Deutschlands für das organisierte Verbrechen durch seine wirtschaftliche Stärke und seine geographische Lage verstärkt wird und ist daher der Ansicht, da mit dem Dogenhandel befa te Kreise des organisierten Verbrechens tatsächlich in das Handels-, Wirtschafts- und Finanzleben der Bundesrepublik eingedrungen sind. Es mu ferner festgestellt werden, da die Finanzzentren Deutschlands, insbesondere Frankfurt, zunehmend von Verbrechersyndikaten zu Geldwäscheoperationen benutzt werden.
Die deutschen Behörden teilten dem Untersuchungsausschu mit, da es sporadische Fälle der Verwicklung deutscher Beamter in den Drogenhandel gegeben habe, und räumen ein, da dieses Problem immer wichtiger wird. Derzeit jedoch wird das Problem insgesamt als eher marginal betrachtet. Allerdings beschränken sich beispielsweise Bestechung und Korruption im öffentlichen Dienst nicht mehr nur auf einige Einzelpersonen, wenn es auch als Übertreibung betrachtet wird, von einer regelrechten Infiltrierung oder Beeinflussung der Polizei oder politischer Kreise durch kriminelle Vereinigungen auszugehen.
Hinsichtlich der ehemaligen DDR ist die Situation einerseits weniger klar, potentiell aber besorgniserregender. Es besteht die reale Befürchtung, da die Auflösung des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes, der in den Drogenhandel verwickelt war, zur Unterwanderung von Lokalbehörden und öffentlichen Stellen mit erfahrenen Drogenhändlern führen könnte. Solche Personen könnten sich insbesondere im Handel mit Drogen aus anderen ehemaligen Ostblockländern, zu denen sie früher sehr enge Verbindungen unterhielten, nach Westeuropa betätigen.
Die zu erwartenden Auswirkungen des Eindringens krimineller Elemente in weite Bereiche des politischen Lebens von der nationalen Politik bis zu den Gemeinderäten müssen die politischen Einrichtungen und Parteien in der ganzen europäischen Gemeinschaft zur Verabschiedung neuer Vorschriften und Verhaltensregeln veranlassen, die eine grö ere Transparenz der demokratischen Institutionen und ihrer Finanzierung sowie die öffentliche Überprüfung ermöglichen. Ma nahmen wie die öffentliche (d.h. staatliche) Finanzierung politischer Parteien und die öffentliche Überprüfung solcher für den Wahlkampf eingesetzter Mittel sollten von den Ländern in Erwägung gezogen werden, in denen es derzeit keine solchen Bestimmungen gibt. Ferner sollten gewählte Politiker aller Ebenen verpflichtet sein, ihre Finanzinteressen offenzulegen, um jeden Verdacht einer unlauteren Verbindung zu zerstreuen. Zweifellos gibt es noch weitere Ma nahmen, mit deren Einführung die Gefahr der Korruption wirksam bekämpft werden kann. Besondere Aufmerksa
mkeit mu den Ausgaben von Lokalbehörden und Regierungsstellen gelten. Sie dürfen nicht die Möglichkeit haben, Geschäfte mit Unternehmen oder Einzelpersonen abzuwickeln, die Verbindungen zum organisierten Verbrechen unterhalten oder unterhielten.
BEITRAG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT ZUM KAMPF GEGEN DEN DROGENHANDEL
Seit dem STEWART-CLARK-Bericht des Europäischen Parlaments von 1986 verfolgen die europäischen Länder auf nationaler Ebene, über die Gemeinschaft, den Europarat und die Vereinten Nationen eine Politik, die eine beträchtliche Verstärkung des Rechts- und Verwaltungsinstrumentariums im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel zur Folge hatte. Trotzdem sind die Gefahren des Drogenmi brauchs noch lange nicht gebannt, denn, wie aus dem vorliegenden Bericht hervorgeht, es ist ein Anstieg der im Umlauf befindlichen Rauschgiftmengen zu verzeichnen.
Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sind demnach trotz aller Anstrengungen dieses besorgniserregenden Problems und seiner Auswirkungen noch nicht Herr geworden. Ferner hat sich erwiesen, da neue Gesetze und internationale Übereinkommen allein keinen gro en Erfolg haben, wenn es am politischen Willen zur Verstärkung der Mittel für Zoll und Polizei im Kampf gegen diese Bedrohung fehlt. Niemand wird behaupten, das Drogenproblem sei allein durch die Stärkung des repressiven Systems zu lösen, das den demokratischen Gesellschaften zum Schutz der persönlichen Rechte und der gemeinsamen Freiheit zur Verfügung steht. Soziale Dienste und Bildungseinrichtungen sind gefordert, wenn es um die Schärfung des Bewu tseins der anfälligen gesellschaftlichen Gruppen und um die Betreuung von Drogensüchtigen oder sonstigen Rat- und Pflegebedürftigen geht.
Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben in der Vergangenheit Entwicklungsländer in Asien und Lateinamerika mit bescheidenen Beträgen vor allem in der Absicht unterstützt, sie zum Anbau anderer Kulturpflanzen zu bewegen. Besondere Handelsvereinbarungen sollten die wirtschaftlichen Beziehungen erleichtern und die Ausfuhr erlaubter Güter in die Gemeinschaft fördern. Auch die Vereinten Nationen bemühen sich mit einer Reihe von Programmen, die Bauern in Lateinamerika, der Karibik und in Asien zur Abkehr von Cannabis, Koka und Opium zu bewegen.
1989 wurde unter französischem Vorsitz der Sieben-Punkte-Plan Präsident MITTERRANDS verabschiedet, der zu einer Verstärkung des Kampfs gegen den Drogenmi brauch führen sollte. Er lautet wie folgt:
- Erfassung des Drogenmi brauchs in Europa und Einrichtung einer Europäischen Drogenüberwachungsstelle - Abstimmung der nationalen Drogenpolitiken - Verstärkte Kontrollen zur Eindämmung des Drogenhandels an den EG-Au engrenzen - Anwendung der Bestimmungen des UNO-Übereinkommens gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen von 1988 - Koordinierung der Politiken gegenüber den Erzeugerländern - Erarbeitung einer gemeinsamen Politik gegen die Geldwäsche - Ernennung eines Drogenkoordinators für jeden Mitgliedstaat und die Kommission.
Der europäische Ausschu zum Kampf gegen den Drogenmi brauch (CELAD), dem die nationalen Koordinatoren angehören, nahm Anfang 1990 seine Arbeit auf.
Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Ma nahmen in Bereichen, die bisher nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen (zumindest sind einige Länder dieser Ansicht), im Rahmen der Trevi- Gruppe oder der Gruppe Gegenseitige Amtshilfe. Auch das Schengener Übereinkommen ist nicht unumstritten, da es auch Grenzkontrollen miteinbezieht, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der EG-Organe fallen.
Im vergangenen Jahr fielen in der Gemeinschaft eine Reihe von Entscheidungen. Durch die Ratifizierung des Wiener Übereinkommens von 1988 hat sie die sachliche Zuständigkeit zumindest für Geldwäsche und die Kontrolle von Vorprodukten und wesentlichen chemischen Stoffen erlangt. Eine Verordnung über Vorprodukte ist in Vorbereitung, eine Richtlinie über die Geldwäsche wurde verab- schiedet. Ferner beteiligt sich die Gemeinschaft an der Arbeit der G7-Task-Force über Finanztransaktionen (GAFI) und über Vorprodukte und wesentliche chemische Stoffe (CATF).
Auf dem Gipfel von Rom wurde ein europäischer Drogenbekämpfungsplan verabschiedet.
Bedauerlicherweise behindert der Streit über die Kompetenzverteilung zwischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Gemeinschaft eine effektive Tätigkeit. So kurzsichtig es ist, die finanzielle Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden von der Grö e der Sicherstellungen abhängig zu machen (und damit kontrollierte Lieferungen nicht genügend zu fördern), so unsinnig ist es, wenn Mitgliedstaaten und Gemeinschaft sich selbst bei der Lösung dieses schwierigen Problems durch den Streit über die jeweilige Zuständigkeit für eine Ma nahme behindern.
Empfehlungen für die Zukunft
Der Wegfall der Zollschranken zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft durch die Schaffung des Binnenmarkts am 1. Januar 1993 schwächt natürlich in gewisser Hinsicht die Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Drogenhandel, wenn keine geeigneten Ersatzma nahmen eingeführt werden. Eine verbesserte Absicherung der Au engrenzen allein reicht nicht aus, nicht nur, weil Amphetamine und sonstige chemische Suchtstoffe in der Gemeinschaft erzeugt werden, sondern weil bekanntlich selbst verstärkte Kontrollen das Einschmuggeln von Ware nicht verhindern können.
Schon jetzt konzentrieren sich Polizei und Zoll auf zielgerichtete und objektbezogene Kontrollen des Hochrisikoverkehrs (See, Luft, Stra e und Schiene) an Schlüsselübergängen zu bestimmten Ländern. Für die Fortführung dieser Arbeit müssen Polizei und Zoll auch weiterhin über den Warenverkehrsflu informiert sein. Der Zugang zu diesen Informationen ist durchaus mit dem freien Personen- und Warenverkehr zu vereinbaren. Solange die Festnahme und Bestrafung der Anführer und führenden Köpfe der organisierten Drogenhändlerringe Priorität hat, müssen Polizei und Zoll optimal informiert sein, damit sie kontrollierte Lieferungen organisieren können. Neben der Beibehaltung von Stichproben im flie enden Verkehr bedarf es verfeinerter Fahndungsmethoden, natürlich unter Wahrung der Menschenrechte. Gleiche Priorität sollte die verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Durchführung kontrollierter Lieferungen, beim Austausch von Erkenntnissen sowie der Überwachung des See- und Luftverkehrs genie en. Auch eine ve
rbesserte Zusammenarbeit zwischen Zollbehörden, Fracht- und Transportunternehmen, Reedereien usw. könnte zur Sicherung des freien Verkehrs erlaubter Güter innerhalb der Gemeinschaft beitragen. Frachtbriefe könnten beispielsweise beibehalten werden, auch wenn formelle Zollerklärungen abgeschafft werden.
Kurz, es mu noch viel geschehen, damit die Schaffung des europäischen Binnenmarkts Vorteile für Einzelpersonen und wirtschaftliche Unternehmen inner- und au erhalb der Gemeinschaft mit sich bringt, gleichzeitig aber das organisierte Verbrechen nicht in gleicher Weise begünstigt.
Auf dem Luxemburger Gipfel von Juli 1991 wurde die Schaffung einer europäischen Drogenüberwachungsstelle grundsätzlich beschlosssen, Entscheidungen über deren Grö e und Aufbau sind jedoch keine gefallen, diese sollen auf dem Gipfel in Maastricht erfolgen.
Auf der nächsten Tagung des Europäischen Rates in Maastricht sollen auch die Vorschläge der deutschen Regierung zur Bekämpfung des internationalen Drogenhandels und des organisierten Verbrechens zusammen mit Vorschlägen aus anderen Mitgliedstaaten geprüft werden. Die deutschen Vorschläge betreffen insbesondere die Schaffung eines "Europol".
Die Hauptfunktion einer Polizei ist die Durchsetzung der Rechtsvorschriften des Landes durch die Ermittlung und Verhaftung von Gesetzesbrechern und durch das Sammeln von gerichtsfähigen Beweisen für die Staatsanwaltschaft. Nach dieser Definition ist der Gedanke eines "Europol" - wenn damit eine europäische Bundespolizei gemeint ist - verfrüht, da es noch kein europäisches Strafrecht gibt, innerhalb dessen eine solche Polizei grenzüberschreitend agieren könnte. Die bevorstehende sowohl institutionell als auch wirtschaftlich integrierte Gemeinschaft braucht jedoch eine ebensolche Antwort auf ihren entstehenden Bedarf an polizeilicher Überwachung. Die Ausarbeitung einer solchen Lösung ist ebenso schwierig wie dringlich. Sie ist schwierig wegen der Vielfalt der Polizeikräfte in den Mitgliedstaaten, den unterschiedlichen Vorkehrungen für die politische Kontrolle, der mangelnden Einheitlichkeit ihrer Einsatzverfahren und der Unterschiede von Land zu Land, was ihre Kontrolle anbelangt.
Eine Koordinierung dieser Unterschiede auf Einsatzebene mu Aufgabe der professionellen Polizeibehörden sein (soweit angemessen gemeinsam mit den Zollbehörden). Gro e Fortschritte wurden bereits im Rahmen der TREVI-Verfahren und mit den Erfahrungen aus dem Schengener Abkommen gemacht. Es ist zu hoffen, da eine politische Vereinbarung über die Fortsetzung solcher Kooperation herbeigeführt werden kann.
Der am besten geeignete Vorschlag, der derzeit zur Diskussion vorliegt, betrifft die Schaffung einer europäischen Drogenfahndungseinheit (European Drugs Intelligence Unit, EDIU), die mit Polizei- und Zollbeamten aus den verschiedenen Mitgliedstaaten besetzt werden und auch Drogenverbindungsbeamte aus wichtigen Nicht-Gemeinschaftsländern umfassen sollte. Diese Einheit sollte in Lyon stationiert werden, damit sie ihre Aktivitäten in den Rahmen von Interpol eingliedern kann. So lie e sich die Zusam- menarbeit und die Verbindung mit Nicht-EG-Ländern stärken, während die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft selbst die Bekämpfung des Drogenhandels und des organisierten Verbrechens grenzübergreifend konsolidieren und stärken könnten.
Hauptaufgaben der EDIU wären die Beschleunigung des Informationsaustausches zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und die Unterbreitung von Vorschlägen für Initiativen und Ma nahmen, die in bezug auf die kontrollierte Weiterleitung illegaler Drogen und die Festnahme der wichtigsten beteiligten Kriminellen ergriffen werden sollten. Kurz, sie sollte ermächtigt sein, Einsätze der spezialisierten Polizei- und Zollkräfte der Mitgliedstaaten einzuleiten.
Die EDIU sollte politisch dem Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft oder einem speziell für diesen Zweck eingerichteten Organ des Rates unterstellt sein. Dem Europäischen Parlament steht das Recht zu, dem Rat oder dem oben vorgeschlagenen Sonderorgan Fragen (in gleicher Weise, wie es auch Anfragen an die im Rahmen der Politischen Zusammenarbeit zusammentretenden Au enminister richten kann) zur europäischen Drogenpolitik und zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens zu stellen. Dem Präsidenten und dem Rechtsausschu des Europäischen Parlaments oder einem zuständigen Fachausschu sollte jährlich vom Rat über diese Angelegenheiten Bericht erstattet werden.
Damit die EDIU effizient arbeiten kann, mu sie sich auf schlagkräftige Untereinheiten in den Mitgliedstaaten verlassen können. Die von diesem Ausschu durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, da nicht alle Mitgliedstaaten bislang den als wünschenswert betrachteten Standard polizeilicher und zollbehörd- licher Zusammenarbeit erreicht haben, obwohl viele dabei sind, ihre Strafverfolgungsbehörden zu verstärken. Dies ist beispielsweise in Spanien der Fall, wo das Parlament über eine grundlegende Änderung der Politik zur Durchsetzung der Drogenbekämpfung berät. Ferner müssen Bestimmungen über die kontrollierte Weiterleitung in das nationale Recht aller Mitgliedstaaten und beitrittswilligen Länder einschlie lich der Unterzeichnerstaaten des EWG-EFTA- Kooperationsabkommens übernommen werden.
Innerhalb einer angemessen Frist sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ihr Drogenstrafrecht harmonisieren, um die Zusammenarbeit der Justizbehörden weiter zu erleichtern.
Gleichzeitig mit der Einführung des Europäischen Binnenmarktes im Januar 1993 werden die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die EG- Richtlinie über die Geldwäsche in ihr nationales Recht übernommen und die Richtlinie wird Rechtskraft erlangt haben. Die wichtigsten darin enthaltenen Elemente betreffen die Beschlagnahme und die Umkehrung der Beweislast. Ferner erhalten Banken und Finanz- institute neue Auflagen, so da strengere Kontrollen und Regelmechnismen greifen können.
Schlie lich kann, wie wir mehrfach in diesem Bericht betont haben, die Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Drogenhandels in der Europäischen Gemeinschaft nicht den Strafverfolgungsbehörden allein überlassen bleiben. Die Regierungen und die Europäische Gemeinschaft haben die Pflicht, das Drogenproblem an der Wurzel anzupacken - in den Erzeugerländern und innerhalb der EG, was wesentliche Chemikalien und Vorprodukte anbelangt. Chemie- und Pharmaunternehmen brauchen einen durchsetzbaren Verhaltenskodex für den Handel, um die Gefahr der Verwendung erlaubter Chemikalien und Substanzen zu unerlaubten Zwecken möglichst klein zu halten.
Langfristige Informationskampagnen, die sich sowohl an Schulen als auch an die breite Öffentlichkeit wenden, sind ein wesentlicher Aspekt eines jeglichen Programms zur Nachfragereduzierung. Ein weiteres, ebenso wichtiges Element ist die Verfügbarkeit qualifizierter Berater und therapeutischer Einrichtungen.
Das organisierte Verbrechen wird wohl kaum verschwinden, selbst wenn es gelingen sollte, das Problem des Drogenhandels zu meistern. Es obliegt unseren politischen Behörden, dafür zu sorgen, da bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens die grundlegenden Werte der kollektiven und individuellen Menschenrechte und Freiheiten, auf denen unsere demokratischen Gesellschaften aufbauen, nicht ausgehöhlt werden.