B4-0168, 0174, 0197 und 0206/95
Entschlie ung zu der Konferenz der G 7 über die Informationsgesellschaft
Das Europäische Parlament,
-unter Hinweis auf das Wei buch der Kommission über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung,
-unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission "Europas Weg in die Informationsgesellschaft: Ein Aktionsplan" (KOM(94)0347),
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 30. November 1994 zu der Empfehlung an den Europäischen Rat "Europa und die globale Informationsgesellschaft" und zu der genannten Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschu und den Ausschu der Regionen "Europas Weg in die Informationsgesellschaft: Ein Aktionsplan",
A.in der Erwägung, da die in Aussicht genommene unmittelbare Verfügbarmachung von Informationen, wenn sie von geeigneten positiven Ma nahmen flankiert wird, unmittelbar nutzbare Instrumente bietet für die Umgestaltung der Machtverhältnisse in der Gesellschaft, für die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, für die Förderung des Pluralismus und der Beteiligung am öffentlichen Leben und für die Verbesserung der Voraussetzungen für den Zugang zu Information und Kultur,
B.in der Erwägung, da die Entwicklung zur "Informationsgesellschaft" Auswirkungen haben wird auf die Beschäftigungslage, die Arbeitsbedingungen, das Bildungswesen, die bürgerlichen Freiheiten, den Verbraucherschutz und die gesellschaftliche Organisation an sich,
C.in der Erwägung, da sich die europäische Zivilisation im Einklang mit ihren humanistischen Traditionen und der Vielfalt von Nationalsprachen und -kulturen diese Instrumente zunutze machen sollte, und zwar im Rahmen der Bemühungen darum, da der Einzelne sein Leben und seine Umgebung meistern kann,
D.besorgt darüber, da der Aufbau von "Informationsautobahnen", wenn er allein den Marktkräften überlassen wird, die Kluft zwischen "Nord" und "Süd" sowie zwischen reichen und armen Zonen in der Europäischen Union vertiefen könnte,
E.in dem Bewu tsein, da die Informationsgesellschaft, von den Netzen und Diensten her gesehen, bald weltumspannende Ausma e annehmen könnte und da gegenwärtig umfassende Allianzen zwischen den Betreibern von Telekommunikationsdiensten (Telefonverkehr und audiovisuelle Medien) sowie zwischen ihnen und den Anbietern von Diensten und Inhalten begünstigt werden, da aber diese Allianzen die Entstehung oder die Verstärkung beherrschender Positionen zur Folge haben können,
F.besorgt darüber, da die uneingeschränkte Verfügbarkeit von Kenntnissen oder von Produkten des kreativen Prozesses, die der Begriff "Informationsgesellschaft" erwarten lä t, sich als Illusion herauszustellen droht, wenn nicht gleichzeitig umfassende Rechte auf geistiges Eigentum, insbesondere die Rechte von Künstlern, parallel zu dem Recht des Einzelnen auf Zugang und Nutzung zu vertretbaren Kosten garantiert werden,
G.in der Erwägung, da durch die Informationsgesellschaft die einmalige Gelegenheit geboten werden mu , auf einem Schlüsselsektor der Spitzentechnologie eine europäische Industriepolitik einzuleiten,
an die Organe der Europäischen Union:
1.verlangt, da die Auswirkungen der Netze und Dienste auf Demokratie, Kultur, Beschäftigungslage, Bildungswesen und audiovisuelle Inhalte und die mögliche Neufestlegung der Rollenverteilung zwischen öffentlichen Stellen und Privatinitiative untersucht werden und da dabei die Unterscheidung zwischen individueller Kommunikation und Rundfunk beibehalten wird, die weiterhin spezielle Rechtsvorschriften und Verfahren erforderlich machen wird;
2.bedauert, da der Runde Tisch vom 25. Februar 1995 nur mit Beteiligung der Vertreter von Wirtschaft und Industrie organisiert wurde, wobei Vertreter der übrigen Sozialpartner und unabhängige Sachverständige, die das breite Spektrum der gesellschaftlichen Interessen repräsentieren, ausgeschlossen waren;
3.fordert deshalb die Kommission auf, einen "II.-Bangemann-Ausschu " ins Leben zu rufen, der so umorganisiert ist, da ihm weitere Mitglieder der Kommission, Vertreter des Europäischen Parlaments und der Sozialpartner sowie für die Gesellschaft repräsentative unabhängige Sachverständige und NGO angehören;
4.fordert insbesondere, da dieser Ausschu die Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Demokratie, Beschäftigungslage, das Bildungswesen, den Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten sowie die Kultur untersucht;
5.unterstreicht die ausschlaggebende Rolle, die den öffentlichen Informationsdiensten in der Informationsgesellschaft zukommt, und ersucht die Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten, ihnen bei ihren Bemühungen zur Neubestimmung ihrer Aufgabe in dem neuen multimedialen Kontext behilflich zu sein;
6.fordert die Kommission dringend auf, darüber zu wachen, da die auf Informationstechnologie spezialisierten europäischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen eng an dem Proze der Entwicklung von sowohl Software als auch Hardware beteiligt werden;
an die Konferenz der G 7:
7.begrü t die Initiative der Kommission zur Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft und ihre Einladung der G 7-Staaten zu der bevorstehenden Konferenz über die weltweite Informationsgesellschaft, die ein breites Forum zur Erörterung dieses Themas unter allen Aspekten bietet;
8.fordert aus Anla der G 7-Konferenz die Kommission und die an der Konferenz teilnehmenden Mitgliedstaaten auf, eine gemeinsame Tagesordnung festzulegen, in der bei allem, was die Informationsgesellschaft betrifft, die Interdependenz zwischen wirtschafts-, industrie-, sozial- und kulturpolitischen sowie technischen Aspekten voll und ganz berücksichtigt wird, weil ein solches Vorgehen den historischen, kulturellen und politischen Traditionen Europas am ehesten angemessen ist;
9.verlangt, da die sich aus der G 7-Konferenz ergebenden Pilotprogramme dieser Interdependenz Rechnung tragen, da sie für die Beteiligung von ärmeren und reicheren Staaten konzipiert werden und insbesondere der Notwendigkeit Rechnung tragen, die Vorteile der Informationsgesellschaft für weniger entwickelte Staaten und Regionen verfügbar zu machen;
10.fordert die sieben gro en Industrieländer auf, im Rahmen ihrer Projektliste zur Förderung der weltweiten Datenautobahnen besonderes Gewicht auf die elektronischen Systeme für kleine und mittlere Unternehmen zu legen;
11.weist darauf hin, da die noch unerledigten Punkte, die nicht in das von der Uruguay-Runde ausgehandelte Abkommen aufgenommen wurden, genau die Themen sind, die den Kern der Informationsgesellschaft berühren: Recht auf geistiges Eigentum, insbesondere Urheberrecht, verwandte Rechte, Rechte der Künstler, audiovisuelle Produktion sowie Telekommunikationsstrukturen und -dienste; fordert, die G 7-Konferenz als Gelegenheit zu nutzen, allen Partnern die Legitimität der europäischen Anliegen deutlich zu machen und die Suche nach gemeinsamen Lösungen einzuleiten, für die ein ständiger Ausschu der G 7 eingesetzt werden mu ;
12.verlangt, auf internationaler Ebene die Anwendung technischer Normen zu erforschen und zu schützen, wobei dieser Vielfalt Rechnung zu tragen und für Interoperabilität zu sorgen ist; weist darauf hin, da die internationalen Normen der ISO weiterhin ihre regulierende Rolle in diesem Bereich behalten müssen;
13.wendet sich gegen Versuche, ausschlie lich anhand kommerzieller Aspekte eine Einigung anzustreben, ohne die vorstehenden Erwägungen zu berücksichtigen, und verlangt, da die europäischen Märkte für Infrastrukturen, Dienste und Anwendungen Drittstaaten nur dann geöffnet werden, wenn diese als Gegenleistung wirksame und wirtschaftlich interessante Zugeständnisse machen, einschlie lich Investitionen in Europa; hierbei geht es insbesondere um die strenge Einhaltung des Gegenseitigkeitsprinzips in bezug auf die Bedingungen für den Marktzugang und letztlich um die Schaffung neuer Regeln im Rahmen der WTO in Hinblick auf die gegenseitige Gewährung des Marktzugangs für Infrastrukturen, Dienste und Anwendungen;
14.hält es für dringend geboten, einen universellen Dienst mit gemeinsamen Grundsätzen zu schaffen für den freien Zugang zu Informationsnetzen, für die Gewährleistung der Sicherheit der Netze und des berechtigten Zugangs zu sämtlichen in den Netzen gebotenen Informationen durch die Rundfunkveranstalter sowie für rasche und wirksame Entschädigung für die Nutzer der angebotenen Dienste;
15.befürwortet insbesondere ein uneingeschränktes Recht darauf, sich gebührenfrei über die Existenz, die Quelle und die Beschaffenheit der von den Netzen angebotenen Informationen sowie über die Bedingungen für den Zugang zu ihnen zu unterichten, wobei dieses Recht nur durch die Belange des Schutzes der Privatsphäre und der nationalen Sicherheit eingeschränkt werden darf und den Einrichtungen des Bildungs- und des Gesundheitswesens und den kulturellen Einrichtungen bevorzugter Zugang gewährt werden mu ;
16.ersucht die Teilnehmer der G 7-Konferenz eindringlich, dafür Sorge zu tragen, da die Entwicklung dieser neuen Technologien einen echten Fortschritt der Demokratie ermöglicht und den Zugang zum Wissen begünstigt; in diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, da sich auch die Schule anpassen und auf diese neuen Technologien einstellen mu , damit alle Kinder von deren Vorteilen profitieren können;
17.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschlie ung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln, und ersucht ihn, den Inhalt der Entschlie ung in groben Zügen auf der G 7-Konferenz darzulegen.