B4-0648, 0655, 0678, 0694, 0700, 0707 und 0708/95
Entschlie ung zum Schengener Übereinkommen und zur Asylpolitik
Das Europäische Parlament,
-in Kenntnis des Inkrafttretens des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Abkommens am 26. März 1995,
A.in dem Bedauern über die Verspätung, die bei einigen Unterzeichnerstaaten des Schengener Übereinkommens, darunter Italien, dazu geführt hat, da sie nicht in der Lage gewesen sind, dieses Übereinkommen durchzuführen,
B.in der Erwägung, da dieses vor zehn Jahren unterzeichnete Übereinkommen vor allem dazu gedient hat, den völligen Mangel an politischem Willen des Rates und der Kommission im Hinblick auf die Verwirklichung des freien Personenverkehrs zu verdecken,
C.in Erwägung der Art und Weise, mit der diese Ma nahmen ausgehandelt wurden, nämlich au erhalb der Zuständigkeiten der EU und mit einem aus Regierungsvertretern zusammengesetzten Exekutivausschu als einzigem Entscheidungsorgan ohne wirkliche Kontrolle weder durch das Europäische Parlament noch durch die nationalen Parlamente und somit im Rahmen von Regierungsvereinbarungen,
D.in der Erwägung, da das Übereinkommen zur Durchführung des Schengener Übereinkommens so bald wie möglich durch eine Gemeinschaftsregelung ersetzt werden sollte,
E.in der Erwägung, da das Schengener Übereinkommen die Mitgliedstaaten nunmehr in drei Kategorien unterteilt: diejenigen, für die der freie Personenverkehr gilt; diejenigen, die sich in Zukunft daran beteiligen möchten, und diejenigen, die eine solche Teilnahme nicht ins Auge fassen, was zu verschärften Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten der Union führt,
F.in der Erwägung, da sich die Grundsätze der parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle und der Verpflichtung zur Information der Bürger nur im Rahmen der Gemeinschaft durchsetzen lassen,
G.in der Erwägung, da das Inkrafttreten des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens ernsthafte Folgen für den Schutz von Asylbewerbern haben kann,
H.besorgt über die Tatsache, da in einigen Fällen der für die Prüfung eines Asylantrags zuständige Staat nicht ermittelt werden kann, da die in Titel II Kapitel VII Artikel 28-38 des Schengener Übereinkommens genannten Kriterien einander entgegenstehen können,
1.weist darauf hin, da der freie Personenverkehr gemä Artikel 7 a EGV integrierender Bestandteil des Binnenmarkts und der Ziele der Europäischen Union ist;
2.fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten der Union auf, nach gemeinschaftlichen Lösungen für diese Frage zu suchen, die alle Bürger der Union angeht, und, um den freien Personenverkehr für alle Bürger der Union und für die Staatsangehörigen aus Drittländern, die legal in der Union ansässig sind, zu verwirklichen, endlich Kompensationsma nahmen zu verabschieden und umzusetzen, um die innere Sicherheit bei der Abschaffung der Grenzkontrollen zu gewährleisten, ohne da sich die Union dadurch in eine "Festung Europa" verwandelt;
3.erinnert an die unverzichtbare Rolle der demokratischen Kontrolle, die den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament als Vertreter der Bürger der EU in einem Bereich zukommen mu , der das Kernstück der "Unionsbürgerschaft" darstellt;
4.fordert die Einführung einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle der Anwendung des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Abkommens, die für die Eindämmung der erheblichen Gefahr unterschiedlicher Auslegung auf nationaler Ebene unverzichtbar ist, und vertritt die Auffassung, da der Gerichtshof die für diese gerichtliche Kontrolle geeignete Instanz ist;
5.fordert die Schengen-Staaten auf, unbehindert durch strenge Visa-Regelungen den Zugang zu Asylverfahren zu gewährleisten;
6.fordert, da die Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten des Schengener Übereinkommens, das zu gegebener Zeit von dem Übereinkommen von Dublin abgelöst werden soll, Mindestgarantien für gerechte und wirksame Asylverfahren schaffen und nicht nur Ma nahmen auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners treffen, wie dies derzeit vom Rat vorgeschlagen wird;
7.vertritt die Ansicht, da die Entschlie ung über die Mindestregeln, die kurz vor der Annahme im Rat steht, die Grundsätze des Genfer Abkommens nicht respektiert, und appelliert an den Rat, den Inhalt dieser Entschlie ung in diesem Sinne zu ändern, bevor sie angenommen wird; verweist den Rat auf seine Verpflichtung gemä Artikel K.6 des EUV, das Parlament zu konsultieren, bevor er eine Entschlie ung zu diesem Thema annimmt;
8.fordert den Rat auf zu gewährleisten, da in Fragen der Asylpolitik die Verpflichtungen aus dem Völkerrecht wie etwa die Genfer Konvention von 1951 und das entsprechende New Yorker Protokoll von 1967 eingehalten werden;
9.fordert die Mitgliedstaaten auf, die Praxis der Verantwortung Fluggesellschaften zu überprüfen, damit nicht Flugpersonal, das für derartige Beurteilungen nicht qualifiziert ist, gezwungen ist, über die Berechtigung von Asylanträgen zu befinden;
10.fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Initiativen zu ergreifen und Beschlüsse zu fassen, um die Asylpolitik mit Hilfe des Verfahrens nach Artikel 100 c EGV zu regeln, wie dies in Artikel K.9 EUV angeregt wird;
11.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschlie ung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem UNHCR und der Präsidentschaft des Schengener Abkommens zu übermitteln.