B4-0989, 1018 und 1031/95
Entschlie ung zum Ozonsmog im Sommer
Das Europäische Parlament,
A.in der Erwägung, da in einer Reihe von Ländern der Europäischen Union 1995 während der letzten Juni-Tage und Anfang Juli der gültige Schwellenwert für die Unterrichtung der EU-Bevölkerung von 180 g Ozon je m3 (Mittelwert über eine Stunde) überschritten wurde und da im Sommer 1994 dieser Schwellenwert in den 12 Mitgliedstaaten der EU laut Informationsbericht der GD XI vom September 1994 insgesamt 3.100 mal überschritten wurde,
B.unter Hinweis darauf, da Ozonsmog inzwischen ein in jedem Sommer wiederkehrendes Umweltproblem darstellt, sobald starke Sonneneinstrahlung und nahezu Windstille herrschen und da die wichtigsten Ozon-Vorläuferstoffe Stickoxide sowie flüchtige organische Verbindungen (VOC) sind, die beide hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe für Transportzwecke entstehen,
C.unter Hinweis auf den jüngsten Bericht des Instituts für Hygiene und Epidemilogie und der Interregional Cell for Environment in Belgien, wonach während der Hitzeperiode vom 27. Juni bis 7. August 1994 in Belgien 1.226 Personen mehr starben als statistisch wahscheinlich und da Fachleute diesen 10%igen Anstieg der Sterblichkeit, verglichen mit einem "normalen" Sommer, auf die Kombination hoher Temperaturen und hoher Ozonwerte zurückführen,
D.unter Hinweis darauf, da die zu erwartenden Ernteverluste in Dänemark und Südschweden aufgrund der gegenwärtig hohen Ozonwerte für Weizen, Kartoffeln, Klee und Luzerne nach den Ergebnissen verschiedener wissenschaftlicher Experimente auf 5-10% geschätzt werden,
E.in der Erwägung, da der deutsche MAK-Ausschu vor kurzem zu dem Schlu gekommen ist, da Ozon ernsthaft als krebserregend anzusehen ist, und da der Ausschu dies in seiner MAK-Liste für 1995 veröffentlichen wird, die im August 1995 erscheinen soll,
F.unter Hinweis darauf, da die Sachverständigengruppe der Regierung des Vereinigten Königreichs für Luftqualitätsnormen einen Grenzwert von 50 g Ozon je m3 (Durchschnittswert über 8 Stunden) als Vorsichtsma nahme vorschlägt, um negative Auswirkungen auf Gesundheit, Entzündungen und Lungenfunktionen zu vermeiden, die bei Menschen beobachtet wurden, die für wenige Stunden Werten von nur 80-100 g Ozon ausgesetzt waren,
G.in der Erwägung, da Deutschland voraussichtlich im Juli 1995 ein neues Gesetz über den Sommersmog mit einem niedrigeren Schwellenwert als dem in der EU gegenwärtig vorgesehenen Wert für die Auslösung des Warnsystems von 360 g Ozon (Durchschnittswert über 1 Stunde) verabschieden wird,
H.mit der Feststellung, da als Vorsichtsma nahme im Zentrum von Athen seit dem 6. Juli 1995 Privatfahrzeuge und die Hälfte der Taxis zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr nicht mehr fahren dürfen,
I.unter Hinweis darauf, da in den deutschen Bundesländern Bremen, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz seit dem 1. Juli 1995 Geschwindigkeitsbeschränkungen von 90 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf den übrigen Hauptstrecken gelten, was einen Versuch darstellt, den Ozonsmog in Deutschland zu verhindern und zu verringern,
J.mit der Feststellung, da im schweizerischen Gesetz über saubere Luft ein niedriger Schwellenwert von 120 g Ozon angesetzt wird, da der Durchschnittswert im Sommer bei etwa 100 g liegt und zu Beginn unseres Jahrhunderts bei etwa 20 g lag,
1.ersucht die Kommission, gemä der Richtlinie des Rates 92/72/EWG so bald wie möglich einen Vorschlag zur Änderung dieser Richtlinie vorzulegen und strengere Richtwerte für die Unterrichtung der Bevölkerung und die Auslösung des Warnsystems vorzusehen;
2.bedauert, da die Richtlinie 92/75/EWG über Luftverschmutzung durch Ozon noch nicht in allen Mitgliedstaaten in nationale Gesetzgebung umgesetzt worden ist und fordert die Kommission auf, die unverzügliche Umsetzung dieser Richtlinie einzuklagen und notfalls diese Mitgliedstaaten vor dem EuGH zu verklagen;
3.ist der Auffassung, da der Schwellenwert für die Unterrichtung der EU-Bevölkerung 120 g Ozon pro m3 und Stunde und der Schwellenwert für die Auslösung des Warnsystems 180 g Ozon je m3 und Stunde betragen sollte;
4.ist der Auffassung, da bei einer Überschreitung des Schwellenwerts von 180 g Ozon je m3 regionale oder nationale Verbote für den gesamten Fahrzeugverkehr, ausgenommen öffentliche Transporte, Notdienste und dringende Lieferungen, erlassen werden sollten und da Personen, die berufsbedingt im Freien arbeiten, dann das Recht haben sollen, die Arbeit einzustellen;
5.weist darauf hin, da technische Möglichkeiten bestehen, um die Ozon-Vorläufersubstanzen drastisch zu reduzieren, und fordert die Kommission auf, Ma nahmen vorzuschlagen, damit diese Möglichkeiten genutzt werden;
6.ersucht die Kommission, in künftigen Tochterrichtlinien der Richtlinie über die Luftqualität eine 90%ige Verringerung von NOx-Emissionen in den kommenden 10 Jahren sowie eine 75%ige Verringerung von VOC in den Stufe I- und Stufe-II-VOC-Richtlinien vorzuschlagen, um zu gewährleisten, da Sommersmog als Umweltproblem bald der Vergangenheit angehört;
7.unterstützt daher das Memorandum, welches die deutsche Umweltministerin am 22. und 23. Juni 1995 im Rat vorgelegt hat, als einen ersten Schritt in diese Richtung;
8.fordert die Kommission auf, möglichst bald die Autoabgasnormen (Stufe 2000) vorzulegen;
9.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschlie ung der Kommission, dem Rat und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.