A4-0158/95
Entschlie ung zu der Mitteilung der Kommission an den Rat über Leitlinien für ein Konzept der Europäischen Union für die Ostseeregion (SEK(94)1747 - C4-0011/95)
Das Europäische Parlament,
-in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat vom 25. Oktober 1994 über Leitlinien für ein Konzept der Europäischen Union für die Ostseeregion (SEK(94)1747 - C4-0011/95),
-in Kenntnis der Schlu folgerungen des Europäischen Rates in Cannes im Juni 1995 betreffend die Zusammenarbeit in der Ostseeregion,
-in Kenntnis der Schlu folgerungen des Rates vom 29. Mai 1995 über eine Politik der Union gegenüber der Ostseeregion,
-in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat vom 13. Juli 1994 über "Die Europa-Abkommen und die Zeit danach: Eine Strategie zur Vorbereitung des Beitritts der Länder Mittel- und Osteuropas" (KOM(94)0320) und das anschliessende Dokument vom 27. Juli 1994 (KOM(94)0361),
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 30. November 1994 zu der Strategie der Europäischen Union zur Vorbereitung des Beitritts der Länder Mittel- und Osteuropas im Hinblick auf die Tagung des Europäischen Rates in Essen (9.-10. Dezember 1994),
-in Kenntnis der Schlu folgerungen der Tagungen des Europäischen Rates von Kopenhagen (Juni 1993) und von Essen (Dezember 1994) über die Strategie des Beitritts der Länder Mittel- und Osteuropas,
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 9. Februar 1994 zu Kaliningrad (Königsberg), einer russischen Exklave in der baltischen Region: Stand und Perspektiven aus europäischer Sicht,
-in Kenntnis des Berichts seines Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Au enwirtschaftsbeziehungen und des Ausschusses für Regionalpolitik (A4-0158/95),
A.in der Erwägung, da es im Interesse der gesamten Union liegt, zu einer günstigen und stabilen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Polen und den drei baltischen Staaten sowie in den Gebieten Kaliningrad und St. Petersburg in Nord-West-Ru land beizutragen und diese Staaten zugleich als wichtige Akteure in der europäischen Entwicklung und der immer engeren Zusammenarbeit in Europa wiederaufzubauen,
B.unter Hinweis darauf, da die Ostsee von neun Anrainerstaaten umgeben ist; vier davon sind Mitglieder der Union, Polen ist durch ein Europa-Abkommen assoziiert, und die Europa-Abkommen mit Estland, Lettland und Litauen werden in Kürze in Kraft treten; der neunte Anrainerstaat, Ru land, ist kein Mitglied, besitzt jedoch durch das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen einen guten Anschlu an die Union,
C.in der Erwägung, da die Unterstützung regionaler Zusammenarbeit sich positiv auf den Umfang und die Effektivität des Programms der Union auswirkt; dies gilt für die Politik der Union gegenüber der Ostseeregion ebenso wie für ihre Partnerschaft mit dem Mittelmeerraum,
D.in der Erwägung, da in dieser Zeit des wirtschaftlichen Übergangs Freihandel, der Zugang zu Märkten sowie die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung entscheidend sind, um die Unterschiede im Lebensstandard zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil Europas zu überbrücken,
E.mit der Feststellung, da die akuteste Bedrohung des Lebens in und an der Ostsee Verunreinigungen verschiedener Art sind, die ihrerseits Folge der Umweltzerstörung an Land sind,
F.unter Hinweis darauf, da die Einwohner der Ostseeregion ein gemeinsames europäisches Kulturerbe haben, das wiederhergestellt und angeregt werden mu ,
G.in Anbetracht der Tatsache, da die Ostseeregion das einzige Gebiet ist, in dem die EU eine direkte Landgrenze zu Ru land hat, was der Region eine besondere sicherheitspolitische Bedeutung gibt;
H.in der Erwägung, da die Stabilität in der Ostseeregion mit und nicht gegen Ru land aufgebaut werden mu ; eine dauerhafte europäische Sicherheitsordnung kann nur in Allianz mit den USA und in Kooperation mit einem demokratischen Ru land aufgebaut werden,
I.unter Hinweis darauf, da Estland, Lettland, Litauen und Polen bereits assoziierte Partner in der WEU sind, und da alle Ostseeanrainerstaaten zur NATO-Partnerschaft für den Frieden gehören,
J.in der Erwägung, da die wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Ostseeregion einen regionalen Ansatz braucht, und da die Europäische Union wegen ihrer gro en Erfahrung auf diesem Gebiet ein natürlicher Partner ist,
die Ostseeregion - ein Teil des neuen Europa
1.ist der Ansicht, da die Ostseeregion ein wichtiger Teil des neuen Europa ist, und setzt sich daher für eine flächendeckende Politik der Union gegenüber der Region ein, die die Stabilität, die demokratische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung und den Aufbau von Rechtsstaatlichkeit in der Region unterstützen sowie die europäische Integration der Bewerberländer, Polens und der drei baltischen Staaten, fördern, d.h. ihre Beitrittsstrategie unterstützen sollte;
2.begrü t die Mitteilung der Kommission an den Rat über eine Politik der Union gegenüber der Ostseeregion (SEK(94)1747);
3.begrü t den Abschlu der Europa-Abkommen mit den drei baltischen Staaten, wonach diese nun in die Beitrittsstrategie der Union für die Länder Mittel- und Osteuropas unter den in den Schlu folgerungen der Tagung des Europäischen Rates von Kopenhagen (Juni 1993) beschriebenen und in den Schlu folgerungen der Tagung des Europäischen Rates von Essen (Dezember 1994) bekräftigten Bedingungen einbezogen werden sollen, und fordert, da der Beitritt ausschlie lich auf den Verdiensten der einzelnen Bewerberstaaten basieren sollte;
Wachstumsstrukturen schaffen
4.begrü t das Freihandelsabkommen der Union mit den drei baltischen Staaten und schlägt als nächsten Schritt vor, da eine gesamteuropäische Freihandelszone eingerichtet wird, um allen Ostseeanrainerstaaten die Möglichkeit zu geben, auf den europäischen Märkten zu konkurrieren, und da auch die Zusammenarbeit zwischen den übrigen mittel- und osteuropäischen Staaten verbessert wird;
5.begrü t die finanzielle Hilfe, die die Union für die wirtschaftliche Entwicklung der Region durch die Strukturfonds, PHARE, TACIS und andere Mittel bisher mobilisiert hat, und betont, wie wichtig es ist, da die Prioritäten weiterer Hilfsma nahmen auf die Zusammenarbeit mit und zwischen gesellschaftlichen Organisationen mit dem Ziel der Schaffung gerechter gesellschaftlicher Verhältnisse gelegt werden, wobei der Aufbau der Demokratie und des Rechtsstaates, die physische und intellektuelle Infrastruktur sowie die Umwelt in der Region besondere Aufmerksamkeit erhalten müssen;
6.ist der Ansicht, da die gesamte Ostseeregion in die Planungen für die transeuropäischen Netze einbezogen werden sollte, und weist darauf hin, da die Via Baltica und der Korridor zwischen Helsinki und St. Petersburg bereits als Korridore im Rahmen dieser Netze anerkannt sind;
7.unterstreicht die Notwendigkeit, die Verkehrs- und Hafennetze einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen;
8.unterstreicht die Bedeutung von Investitionen und unternehmerischen Aktivitäten für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region und betont besonders die positiven Effekte der Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen in den Bereichen Wissenstransfer, Sprachtraining und kultureller Austausch; fordert ein genauso intensives Engagement im Hinblick auf die Weiterbildung von Beamten, vor allem in den ehemals kommunistischen Ländern;
eine dauerhafte Entwicklung in und an der Ostsee
9.schlägt vor, da die Umwelt in den Programmen der Union für die Ostseeregion Vorrang bekommt; schlägt vor, da das LIFE-Programm für Umweltprojekte, das nunmehr für Projekte in der Ostseeregion offensteht, in der Region mehr genutzt wird; erinnert daran, da der umweltbezogene Anteil im PHARE-Programm zu klein ist und vergrö ert werden mu , und betont, da diese Ma nahmen durch etwaige Änderungen innerhalb der bestehenden Programme der Union durchführbar sind;
10.fordert, da ein Ziel für die Reinigung der Ostsee formuliert wird, und da das im Rahmen der Helsinki-Kommission (HELCOM) erarbeitete Aktionsprogramm durchgeführt wird;
11.unterstreicht die Notwendigkeit, da die ganze Europäische Union zusammenarbeitet, um die nukleare Sicherheit in der Region und den Zugang der östlichen Anrainerstaaten zu sauberen und sicheren Energiequellen zu verbessern;
Wiederherstellung des kulturellen Erbes
12.schlägt vor, da die Union den kulturellen Austausch in der Region unterstützt, vor allem durch ihr Engagement für einen Austausch im Medienbereich;
13.schlägt eine Erhöhung der Mittel für das Eurofaculty-Projekt und eine Ausweitung dieses Projektes vor, so da es auch die Universitäten Kaliningrad und St. Petersburg umfa t; dies soll mit Mitteln aus Tempus/PHARE und Tempus/TACIS geschehen;
Sicherheit der Bürger
14.unterstreicht die Bedeutung der Schaffung rechtsstaatlicher Strukturen in der Region sowie der Bekämpfung der Probleme im Zusammenhang mit Schmuggel und Kriminalität;
15.begrü t, da die Verbrechensbekämpfung als ein Aspekt in die Europa-Abkommen mit Estland, Lettland und Litauen einflie t; unterstützt den weiteren Ausbau von Europol und schlägt ein regionales Europol-Büro an der Ostküste der Ostsee, z.B. in Riga, vor;
16.ist der Ansicht, da die Seegrenzen stärker gesichert und das Küstenüberwachungssystem an der Ostsee verbessert und die Aktionen gegen Waffen- und Drogenschmuggel verstärkt werden müssen;
gemeinsame Sicherheit aufbauen
17.ist der Ansicht, da der Stabilitätspakt bei der Einrichtung eines konstruktiven Dialogs in Form der Rundtischgespräche für das Baltikum erfolgreich war, und unterstreicht, wie wichtig es ist, da diese Arbeit im Rahmen der OSZE auch innerhalb der Ostseepolitik der Union fortgesetzt wird;
18.ist der Ansicht, da die erfolgreiche Integration von Minderheiten, insbesondere der russischsprachigen Einwohner in den baltischen Staaten, unterstützt werden mu , und weist darauf hin, da der Ostseerat nun einen eigenen Ombudsmann für Menschenrechte, Demokratische Entwicklung und Minderheitenrechte hat;
19.fordert alle Ostseeanrainerstaaten auf, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten, das Recht auf Individualbeschwerde bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte (Artikel 25 der Konvention) ebenso wie die verpflichtende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Artikel 46 der Konvention) anzuerkennen und die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und Grundfreiheiten einschlie lich der Rechte von Minderheiten zu gewährleisten;
20.ist der Meinung, da eine Reduzierung der militärischen Präsenz im Gebiet Kaliningrad wesentlich zur Stabilität in der Region beitragen und damit einen wichtigen Impuls für die Einbeziehung des Gebietes Kaliningrad in die regionale Zusammenarbeit geben würde;
21.weist darauf hin, da die Regionen Kaliningrad, Karelien, St. Petersburg und Kola eine besondere Herausforderung für eine ausgewogene sozioökonomische Entwicklung darstellen, und fordert die Kommission auf, unter Berücksichtigung der umfassenden Probleme der militärischen Konversion und der nuklearen Sicherheit diese Regionen in die entsprechenden Hilfs- und Kooperationsprogramme der EU aufzunehmen;
22.billigt die Einbeziehung von Mitgliedstaaten und assoziierten Ländern in sämtliche Sicherheitsstrukturen, an denen andere EU-Länder bereits beteiligt sind, wobei allerdings jeder Nation das Recht zusteht, ihre eigene Sicherheitspolitik zu beschlie en;
regionale Kooperation fördern
23.ist der Ansicht, da der Ostseerat und der Euro-Arktische Barentsrat wichtige Partner für die Zusammenarbeit sind, wenn es um die Ostseepolitik der Union geht, unter anderem deshalb, weil sie eine grenzübergreifende Brücke zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern der Europäischen Union bilden;
24.ist der Meinung, da die wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Ostseeregion einen regionalen Ansatz braucht, und schlägt daher ein Programm der Europäischen Union für die Ostseeregion vor, das die gesamte Region berücksichtigt und multilaterale und interregionale Zusammenarbeit einschlie t;
25.schlägt vor, da ein bestimmter Anteil der Mittel aus den auf die Regionen anwendbaren Unionsprogrammen auf der Grundlage allgemein anwendbarer Regeln der Ostseezusammenarbeit zugewiesen wird, und fordert seinen Haushaltsausschu auf, die Möglichkeiten dafür innerhalb des bestehenden Haushaltsrahmens zu erkunden;
26.schlägt vor, da die Kommission die grenzübergreifenden Teile von PHARE erweitert und aktualisiert, um deren Verwendungsbereich in der Region zu vergrö ern, und TACIS für grenzüberschreitende Zusammenarbeit öffnet; schlägt vor, da konkrete Formen für die Koordinierung und gemeinsame Planung von PHARE CBC, den Strukturfonds/Interreg II und TACIS eingerichtet werden, und da die Seegrenzen in allen grenzübergreifenden Programmen als Grenzen betrachtet werden;
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit gestalten
27.ist der Meinung, da eine rasche Einrichtung von Vertretungen der EU in den Hauptstädten der baltischen Staaten von grö ter Bedeutung für den politischen Dialog mit diesen Ländern, für die Kontrolle über PHARE sowie für deren Unterstützung für und Wissen über die Union ist;
28.schlägt vor, da die Union dem Ostseerat eine wichtigere Rolle bei der Benennung von Projekten und von regionalen Prioritäten zugesteht, da Aktivitäten und Beschlüsse des Ostseerates von der Kommission besser genutzt werden, und da der Ostseerat seinen Dialog mit den internationalen Finanzinstitutionen fortsetzen mu , um eine bessere Koordination zwischen verschiedenen Formen der Zusammenarbeit zu erreichen;
29.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschlie ung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU und der Mitgliedstaaten des Ostseerates zu übermitteln.