A4-0232/95
Entschlie ung zur Mittelmeerpolitik der Europäischen Union im Hinblick auf die Konferenz von Barcelona
Das Europäische Parlament,
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 17. Mai 1991 zur Rolle Europas für die Sicherheit im Mittelmeerraum,
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 12. Juli 1991 zu einer neuen Mittelmeerpolitik,
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 29. September 1994 zur Mittelmeerpolitik der Europäischen Union,
-unter Hinweis auf seine Entschlie ung vom 13. Juni 1995 zum Europäischen Rat in Cannes,
-unter Hinweis auf die Schlu folgerungen der Europäischen Räte von Lissabon, Korfu, Essen und Cannes,
-in Kenntnis der Mitteilungen der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Stärkung der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union: Entwicklung einer Partnerschaft Europa-Mittelmeer (KOM(94)0427 - C4-0213/94) und zur Stärkung der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union: Vorschläge für die Entwicklung einer Partnerschaft Europa-Mittelmeer (KOM(95)0072 - C4-0119/95),
-in Kenntnis der Entscheidung des Rates, eine Konferenz zwischen den Staaten der EU und den Mittelmeerstaaten für den 27.- 28. November 1995 in Barcelona einzuberufen,
-in Kenntnis des vom Europäischen Rat von Cannes festgelegten Standpunkts der Europäischen Union zur Konferenz Europa-Mittelmeerländer in Barcelona,
-in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik (A4-0232/95),
A.in Anerkennung der Notwendigkeit, einen neuen Rahmen für eine engere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union einerseits und den Maghreb- und Maschrikländern sowie den Ländern des südöstlichen Mittelmeerraums andererseits zu schaffen,
B.unter der Annahme, da eine neue Initiative der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Europäischen Union zur Stabilisierung der Lage in einigen dieser Länder beitragen könnte,
C.in Kenntnis der Tatsache, da sich am südlichen und südöstlichen Rand der Union politische, religiöse, wirtschaftliche, soziale und militärische Destabilisierungsmomente häufen und daher eine dringliche Aufgabe der EU darin besteht, eine umfassende und kohärente Mittelmeerpolitik zu betreiben und eine neue Art von Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen, der Solidarität, des Friedens und der Sicherheit aufzubauen, um diese gefährliche Entwicklung positiv zu beeinflussen,
D.in Anbetracht des erfolgreichen Einsatzes der EU zur Stabilisierung der Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas sowie der aus der ehemaligen Sowjetunion hervorgegangenen neuen unabhängigen Staaten (auch durch die Programme PHARE und TACIS) und des gemeinsamen politischen Interesses der EU und der Mittelmeerländer, diese Politik fortzusetzen und um eine ähnliche Komponente zu ergänzen, die die südliche Nachbarschaft der Europäischen Union betrifft,
E.unter der Annahme, da Frieden, Stabilität und Sicherheit die Grundvoraussetzungen für eine stabile und dauerhafte ökonomische Entwicklung sind und diese wiederum die Bedingung für die Beilegung der zahlreichen schwerwiegenden Konflikte, so u.a. wirtschaftliche und soziale Spannungen, in den Gesellschaften in der Region ist,
F.in der Überzeugung, da die Konferenz von Barcelona den Beginn einer neuen Etappe der Beziehungen zwischen der EU und den Mittelmeerstaaten einleiten und die Fundamente für eine dauerhafte Verständigung und Zusammenarbeit und ein dauerhaftes wechselseitiges Vertrauen in der Region legen könnte, um die Ungleichgewichte zwischen den beiden Mittelmeeranrainerregionen und die Migrationsbewegungen zu verringern, die soziale und kulturelle Entwicklung zu fördern, die Umweltsituation zu verbessern und die regionale Integration zu unterstützen,
G.unter Hinweis auf die positive Rolle der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die in den Jahren des kalten Krieges geschaffen wurde und der es gelang, den Dialog, das gegenseitige Verständnis sowie vertrauensbildende Ma nahmen zwischen den beiden Blöcken zu fördern,
H.in der Erwägung, da eine Koordinierung der unterschiedlichen Ebenen und Bereiche der Zusammenarbeit im Mittelmeerraum notwendig ist und da die Konferenz von Barcelona in diesem Sinne einen wertvollen Beitrag leisten und einen flexiblen, pragmatischen und globalen Rahmen schaffen könnte, der es ermöglicht, einen kohärenten Ansatz für die Lösung der unterschiedlichen Probleme und Chancen zu finden,
I.in der Erwägung, da die Umweltsituation im Mittelmeerraum als äu erst kritisch bezeichnet werden mu und ein sofortiges Eingreifen erfordert; unter Hinweis darauf, da die Umweltminister der Mittelmeerländer und das für Umweltfragen zuständige Mitglied der Europäischen Kommission im Juni 1995 im Rahmen des Aktionsplans für das Mittelmeer in Barcelona zusammengetreten sind, um Phase II zu verabschieden, die neue bindende Verpflichtungen für diese Region vorsieht,
J.in der Erwägung, da die Organisation, die aus der Konferenz von Barcelona hervorgehen wird, die Förderung des Umweltschutzes und die Entwicklungszusammenarbeit zur Aufgabe haben mu ,
1.beglückwünscht die Kommission zu ihren Mitteilungen über die Mittelmeerpolitik und fordert sie auf, eine ergänzende Mitteilung über die Sicherheitsaspekte in dieser Region vorzulegen, die die Grundlage für eine gemeinsame Aktion des Rates gemä Artikel J.8 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union sein könnte, und dabei au erdem seine einschlägigen Entschlie ungen zu berücksichtigen;
2.ist der Auffassung, da alles, was die Beteiligung der Europäischen Union an der Konferenz und an den Folgema nahmen betrifft, Gegenstand einer Aktion auf der Grundlage von Artikel J.3 des Vertrags über die Europäische Union sein sollte;
3.begrü t den auf den Tagungen des Europäischen Rates in Lissabon, Korfu, Essen und insbesondere in Cannes vertretenen Standpunkt der Europäischen Union in der Frage der Konferenz Europa-Mittelmeerländer, insbesondere, was die Zusammenarbeit in politischen und Sicherheitsfragen anbelangt, da es die Erörterung dieser Fragen als entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Konferenz betrachtet;
4.fordert die Kommission auf, einerseits die unerlä lichen Untersuchungen über die Auswirkungen des neuen institutionellen multilateralen und bilateralen Rahmens auf die Mittelmeerregion der Europäischen Union durchzuführen und andererseits die notwendigen Anpassungen aufzuzeigen;
5.empfiehlt dem Vorsitz des Rates, bei der Erörterung der grundlegenden Werte der Europäischen Union wie Menschenrechte, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit entschieden aufzutreten und gleichzeitig den Vorstellungen und Werten unserer zukünftigen Partner die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, um einen fruchtbaren und nützlichen Gedankenaustausch zu ermöglichen, der dem gegenseitigen Verständnis, der Toleranz und der Achtung des politischen und sozialen Pluralismus förderlich ist;
6.ist der Ansicht, da die Union eine globale Strategie der Zusammenarbeit zwischen Europa und den Mittelmeerländern entwickeln mu , die auf drei Säulen ruht: Aufeinanderabstimmung der verschiedenen im EUV vorgesehenen Politiken, die in dieser Region Anwendung finden könnten; Ergänzung der bilateralen Politiken der Mitgliedstaaten der EU durch ein multilaterales Rahmenabkommen und schlie lich angesichts der Besonderheiten und zu beachtenden Unterschiede eine differenzierte und flexible Handhabung dieser Politiken je nach Entwicklung der Lage in den potentiellen Partnerländern; fordert die Kommission auf, eine neue Mitteilung vorzulegen, die gegebenenfalls den Entwurf eines solchen multilateralen Rahmenabkommens enthält;
7.betrachtet die Schaffung einer Freihandelszone in der Region unbeschadet der bilateralen Abkommen zwischen der EG und den einzelnen Mittelmeerländern als ein lohnendes Ziel für die Förderung von vielfältigen Interessen der Beteiligten, macht jedoch darauf aufmerksam, da bei der dafür benötigten Umgestaltung der Wirtschaft rechtzeitig Kompensationsma nahmen eingeplant werden müssen, um einer möglichen Zunahme der Arbeitslosigkeit bei Privatisierungen entgegenzuwirken;
8.erinnert daran, da die Voraussetzungen für die Anziehung von Investitionen in der Region vor allem die Anwendung einer marktwirtschaftlichen Politik, das Vorhandensein einer schlanken, integren und effizienten öffentlichen Verwaltung sowie die Verbesserung der Infrastruktur und der Einrichtungen in Bildungs- und Gesundheitswesen sind, und fordert in diesem Zusammenhang, da die Europäische Union Programme der Zusammenarbeit mit den Mittelmeerpartnern durchführt nach dem Vorbild der Programme PHARE und TACIS;
9.ist der Überzeugung, da die für den 27./28. November 1995 in Barcelona einberufene Konferenz die Initialzündung für die angestrebte regionale Partnerschaft, die den gesamten Mittelmeerraum umfa t, darstellen wird, und fordert daher den Vorsitz des Rates auf, die Vorbereitung der Konferenz mit der gebührenden Sorgfalt im Hinblick auf dieses Ziel vorzunehmen;
10.ist der Ansicht, da sich die Konferenz nicht auf eine Analyse der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Aspekte beschränken darf, sondern da sie der kulturellen, spirituellen und geistigen Dimension der menschlichen Beziehungen im Mittelmeerraum besondere Beachtung schenken sollte;
11.weist die spanische Präsidentschaft auf die au erordentliche Bedeutung einer korrekten Auswahl der Teilnehmer hin, wofür der Rat die Verantwortung trägt, und setzt folgende Kriterien voraus:
-als vollberechtigte Teilnehmer sind einzuladen: die 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Staaten des südlichen und südöstlichen Mittelmeerraums, die Kooperationsabkommen mit der Gemeinschaft geschlossen haben,
-der Rat sollte nach eigenen Kriterien und Bedingungen weitere Staaten als Beobachter einladen;
vertritt ferner die Auffassung, da der Rat die Modalitäten für die Beteiligung dieser Beobachter festlegen sollte;
12.betont, da die Teilnahme von weiteren Interessierten derzeit deswegen nicht wünschenswert ist, weil die Konferenz in ihren Anfängen steckt, und erwartet, da sich die spanische Präsidentschaft auf die oben genannte Teilnehmerliste beschränkt;
13.ist der Ansicht, da die Konferenz von Barcelona den Ansto zur Schaffung eines dauerhaften und flexiblen Rahmens geben sollte, um einen langanhaltenden, mit Helsinki vergleichbaren Proze einzuleiten, in dem alle in der Region auftretenden Probleme in der langfristigen Perspektive einer Partnerschaft zwischen Europa und dem Mittelmeerraum mit der erforderlichen Kontinuität in Angriff genommen werden könnten;
14.ersucht den Rat und die Kommission zu versuchen, die Konferenz zu einem breiten und für alle Probleme des Mittelmeerraums offenen Forum zu machen und zu gewährleisten, da sie nach Beendigung ihrer Arbeiten als Organisation mit einer dauerhaften politischen und administrativen Struktur weiterbesteht;
15.spricht sich dafür aus, da die aus der Konferenz von Barcelona hervorgehende neue Organisation eine geeignete institutionelle Struktur erhält: eine Parlamentarische Versammlung, der Mitglieder des EP und gewählte Abgeordnete ihrer Mitgliedstaaten angehören, einen Ministerrat und einen von der Parlamentarischen Versammlung gewählten Generalsekretär;
16.empfiehlt dem Vorsitz des Rates, nicht nur die offizielle Teilnahme des Europäischen Parlaments bei der Eröffnung der Konferenz vorzusehen, sondern darüber hinaus einer repräsentativen Delegation des Parlaments, die die Hauptaspekte der Partnerschaft Europa-Mittelmeerraum abdecken sollte, die uneingeschränkte Beteiligung an der Konferenz und ihren Folgema nahmen zu ermöglichen; zu diesen Hauptaspekten gehören sowohl der vorgeschlagene politische und Sicherheitsaspekt als auch der Aspekt der Freihandelszone Europa-Mittelmeerraum;
17.drängt darauf, da der Vorsitz des Rates auch dafür Sorge trägt, da eine umfassende und repräsentative Präsenz der NGO der EU wie auch der Drittländer im Mittelmeerraum bei den Arbeiten der Konferenz und ihren Folgema nahmen gewährleistet ist;
18.fordert die Konferenz auf, die Gewähr für die Umsetzung von Phase II des Aktionsplans für das Mittelmeer zu übernehmen und diesen Plan als einen der wichtigsten Beiträge zu einer dauerhaften und umweltgerechten Entwicklung der Region in ihren Aufgabenbereich einzubeziehen;
19.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschlie ung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten und aller assoziierten Mittelmeerstaaten zu übermitteln.