(Erste Fassung der "Einzelausgabe" für den 35· Parteitag der Radikalen Partei - Budapest 22. - 26. April 1989)Juli 1977
ATOMKRAFT, NEIN DANKE !
Rom: Überall in Europa werden zahlreiche Atomkraftwerke gebaut. In Rom findet vom 1. bis zum 3. Juli unter Federführung der Radikalen Emma Bonino der internationale Kongre "Für eine alternative Gesellschaft" statt. Am Ende des Kongresses, unter Vorsitz von Aurelio Peccei, Präsident des "Club of Rome" und Professor Adriano Buzzati Traverso, wird die "Liga für alternative Energie und für den Kampf gegen die Atomkraftwerk" gegründet, die später zur Umweltschutzgruppe "Freunde der Erde" wird. Es entsteht das Handbuch des Umweltschutzes "Atomkraft, Nein Danke !".
Mehr als 400 italienische Wissenschaftler und Techniker unterschreiben einen Appell und fordern die Einstellung des Baus neuer sowie die Stillegung vorhandener Atomkraftwerke.
November 1977
EINE POLITIK FÜR DIE QUALITÄT DES LEBENS
Der Parteitag der Radikalen Partei Anfang November in Florenz beschlie t, " da der Schutz und die Verteidigung der Umwelt, der Natur und der Lebensqualität ein wichtiges Ziel der Radikalen Partei ist. Wir betonen das Fehlen einer ernsthaften italienischen Politik für die Verbesserung der Lebensqualität, für die Verhinderung der Umweltverschmutzung, gegen die Verfälschung der Lebensmittel und anderer Güter, gegen die Verfehlungen der offiziellen Medizin, gegen die unkontrollierte demographische Entwicklung, gegen den Jagdsport und die Tierversuche, für das Recht auf Freikörperkultur. Aufgrund dieses gro en Mangels in der Politik des Landes fordern wir die Parteien, die politische Führungsschicht und die Exekutivorgane auf, den diesbezüglichen Kampf der radikalen Gruppen, der Umwelt- und Naturschutzbewegungen zu unterstützen.
November 1978
DER BÜRGER MUSS ENTSCHEIDEN !
Der alljährliche Parteitag der Radikalen Partei Anfang November in Bari betont in einer Beschlu fassung: " ... Der Kampf für den Schutz der Umwelt ist wichtiger Bestandteil des neuen Programms der Radikalen Partei. Die wichtigen gesellschaftlichen Entscheidungen, die bisher den Experten vorbehalten waren, müssen nun in die Hände des Bürgers gelegt werden. Neue politische Bewegungen bestimmen den politischen Kampf ..."
November 1979
... 10 REFERENDEN
Der Parteitag der Radikalen Partei, der diesmal in Genua stattfindet, verpflichtet alle Mitglieder zum Engagement für die Durchsetzung von 10 Volksentscheiden zur Abschaffung bestimmter Gesetze, unter ihnen das Jagdgesetz und das Gesetz, welches den Erla von Baugenehmigungen für Atomkraftwerke ohne die Zustimmung der Gemeinden und der Bürger erlaubt.
April 1980
MILLIONEN UNTERSCHRIFTEN UND DER STAAT ERKAUFT DEN KONSENS
Die Radikale Partei sammelt die 500.000 notwendigen notariell beglaubigten Unterschriften für die Volksentscheide, in denen die Bürger darüber entscheiden können, ob weiterhin Atomkraftwerke ohne wissenschaftliche Debatte und Prävention gebaut werden sollen; und ob die privaten Jäger weiterhin die Tiere als Privateigentum für ihre Gewehre betrachten dürfen. Der Ausschu für Industrieentwicklung der Abgeordnetenkammer bestimmt das Schicksal der Atomkraftwerke, auf typisch italienische Art und Weise: weil niemand die Atomkraftwerke auf seinem eigenen Gebiet haben will, zahlt der italienische Staat den Gemeinden eine "Risikoentschädigung" und kauft so die Zustimmung der Gemeinden und Bürger. Einzig die Radikale Partei lehnt diese Vorschläge ab.
Januar 1981
DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF "SCHIESST" AUF DAS REFERENDUM
Mit einem staatstragenden Urteil erklärt der Verfassungsgerichtshof nur 4 der 10 von der Radikalen Partei beantragten Volksentscheide für zulässig. Unter den verworfenen befindet sich auch das Referendum gegen die Atomkraftwerke, denn - so befindet das hohe Gericht - es greife in die internationale Vereinbarung des EURATOM-Vertrages ein; auch das Referendum gegen die private Jagd wird mit der Begründung abgelehnt, es sei "zu vieldeutig und unverständlich "für den Bürger, da der vorgeschlagene Text zu lang sei !
1982 - 1983
DIE RADIKALE PARTEI UND DIE"FREUNDE DER ERDE"
Die Radikale Partei beteiligt sich an der Finanzierung der Aktivitäten des Umweltschutzverbandes "Freunde der Erde", dessen Vorsitzender und Gründer Mitglied des Bundessekretariats der Radikalen Partei wird. Die Radikalen und die "Freunde der Erde" sind unter den Urhebern der nun entstehenden grünen Bewegung, die nicht nur gegen die Nutzung der Atomkraft gerichtet ist, sondern auch in der Lage ist, eine alternative Energiepolitik zu erarbeiten, gegründet auf der Einsparung von Energie, der ernsthaften und vertieften Erforschung alternativer Energien, auf der Anwendung der Gesetze "Merli" zur Verhinderung der Umweltverschmutzung und -zerstörung.
November 1984
GRÜNE LISTEN, BLAUE LISTEN
Der in Rom stattfindende 30. Parteitag der Radikalen Partei verabschiedet den folgenden Beschlu : "... Die Radikale Partei wird in keinem Fall mit den anderen Gruppen bei der Besetzung kommunaler Organe in Konkurrenz treten. Der Parteitag hofft, da die Kraft und der Willen der Umweltschutzbewegungen sich in "grünen" und "blauen" Listen manifestiert, getragen von einer wirklich alternativen Politik gegen die Herrschaft der Parteien und den Militarismus, die in der Lage ist, das fadenscheinige Gleichgewicht der traditionellen Politik zu zerschlagen. Der Parteitag fordert alle Radikalen und Nicht-Radikalen, die diesem Programm zustimmen, auf, alles zu tun, da diese politischen Ziele bei den Wahlen durchgesetzt werden ..."
Juni 1985
GRüNE LISTEN UND BüRGERINITIATIVEN
Der Ablauf der Fristen zur Abgabe der Listen für die regionalen und kommunalen Wahlen stellt ein wichtiges Datum für die Radikalen dar. Die Radikale Partei kommt zu der Einschätzung, da der Ausverkauf der kommunalen Autonomie und die Besetzung jedes Winkels durch die staatliche Macht verheerende Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen, die allgemeinen Dienstleistungen, auf die Umwelt, auf die allgemeine Lebensqualität und Gesundheit gehabt hat. Sie hält es an der Zeit, da die traditionellen Parteien aus den Gemeinde- und Regionalvertretungen vertrieben werden, und an ihre Stelle die neuen Bewegungen der Grünen Listen und Bürgerinititaiven treten und somit dem politischen Leben wieder neue Kraft und Hoffnung gegeben wird. Die Radikale Partei unterstützt und organisiert überall im Lande Kandidaten, die nicht nur Radikale sind, sondern überwiegend Bürger, die zum ersten Mal in politische Ämter streben und aus den verschiedendsten Bereichen kommen.
April 1986
EINE MILLION UNTERSCHRIFTEN GEGEN EIN ZWEITES TSCHERNOBIL
Als in den ersten Maitagen die radioaktive Wolke aus der Ukraine Italien erreicht, sammelt die Radikale Partei gerade Unterschriften zur Durchsetzung eines Referendums für eine gerechte Justiz und gegen die private Jagd. Sofort wird mit einer Unterschriftensammlung für einen Volksentscheid gegen die Atomkraftwerke und die Nuklearforschung begonnen. Besonders werden die europäischen EURATOM-Verträge kritisiert, im Rahmen derer die ENEL, die staatliche italienische Energiegesellschaft, an dem Forschungsprojekt des Super-Phönix beteiligt ist, dem Schnellen Brüter, mit dem das Plutonium für die Atombomben hergestellt wird. In etwas mehr als einem Monat werden fast eine Million Unterschriften gesammelt.
November 1986
NOTFALL OZONLOCH
Der 32. Parteitag der Radikalen Partei in Rom setzt mit dem Bericht von Prof. Fiocco, Physiker an der Universität Rom, das immer dramatischer werdende Problem der Zerstörung der vor den Sonnenstrahlen schützenden Ozonschicht und der Erderwärmung auf die Tagesordnung.
März 1987
EIN KOMITEE ZUM VERBRAUCHERSCHUTZ
Das Radikale Komitee zum Schutz der Rechte der Verbraucher wird gegründet. Das Komitee konzentriert sich auf das Problem des Schutzes der Ozonschicht, und in der Überzeugung, das die in der Vereinbarung von Montreal festgesetzten Ma nahmen unzureichend sind, arbeitet es einen dementsprechenden Gesetzentwurf aus, der von den radikalen Abgeordneten in das italienische Parlament eingebracht wird.
Oktober 1987
FÜR EINE NEUE ENERGIEPOLITIK
Das französische Institut zur Untersuchung der europäischen Energiepolitik und -strategien, das wissenschaftlich belegt, da der grö te Fehler der Atomenergie seine Unrentabilität ist, nimmt am 18. Oktober als Gast der Radikalen Partei in Rom an einem Kongre teil, der das Thema "Vernünftige Nutzung der Energie und Schutz der Energieressourcen" hat. Italien ist das erste europäische Land, da die Möglichkeit hat, sich für eine neue Energiepolitik zu entscheiden.
Oktober 1987
DER GIGANT AUF TÖNERNEN FÜSSEN: SUPER-PHÖNIX
Am 25. Oktober demonstriert eine Gruppe Radikaler in Malville gegen den Plutoniumreaktor Super-Phönix. Trotz der Milliarden aus Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und Italien ist er immer noch nicht fertiggestellt. Aufgrund einer Betriebsstörung verliert er radioaktives Wasser. Das Forschungsprojekt Super-Phönix ist Gegenstand eines von der Radikalen Partei angestrengten Volksentscheids.
November 1987
EIN GROSSER SIEG IM KAMPF GEGEN DIE ATOMKRAFT
Am 8. und 9. November wird in Italien endlich per Volksentscheid über die Atomkraftwerke abgestimmt. Das Ergebnis zeigt ein gro es Umweltbewu tsein des Landes: mehr als 80 % der Wähler will nicht das Risiko eines weiteren Unfalls eingehen. Über das Referendum gegen die Jagd darf immer noch nicht abgestimmt werden, denn der Verfassungsgerichtshof hält es weiterhin für unzulässig.
April 1988
TRANSNATIONALE AKTIONEN ZUR RETTUNG DER OZONSCHICHT
Im Rahmen einer Pressekonferenz vom 9. April in Rom beginnen Marco Pannella und Prof. Fiocco eine transnationale Kampagne zur Rettung der Ozonschicht. Zu diesem Zweck soll eine Petition in das Europäische Parlament und eine Beschlu fassung ins italiensiche Parlament eingebracht werden. Darüberhinaus sollen am 21. Mai in Rom und den wichtigsten europäischen Hauptstädten (Paris, Lissabon, Madrid, Brüssel ...) gro e Informationsmärsche und gemeinsame Hungerstreiks durchgeführt werden, um die nationalen Regierungen und die Organe der Gemeinschaft auf ernsthafte Ma nahmen zum Schutz der Ozonschicht festzulegen.
Oktober 1988
DIE EG RATIFIZIERT DIE WIENER VEREINBARUNG
Am 21. Oktober 1988 ratifiziert die Europäische Gemeinschaft in New York die Wiener Vereinbarung zum Schutz der Ozonschicht. Für jedes europäische Land wird ein Grenzwert für den Verbrauch von Fluorchlorkohlenwassertstoffen festgesetzt. Eine der wichtigsten Entscheidungen ist, da kein europäisches Land die eventuelle Unterschreitung der Quote eines anderes Landes ausnutzen darf.