ZUSAMMENFASSUNG: Am 22.April 1991 unterschrieben in Stockholm Repräsentanten aus 29 Staaten ein Dokument über "Regierung und globale Sicherheit". Dieses Dokument enthält unzählige politische Aktionsvorschläge und bekräftigt die Notwendigkeit, ein Sicherheitssystem auf globaler sowie regionaler Ebene zu schaffen, das sich nicht auf die militärische Potenz der einzelnen Mächte gründet. "Frieden und Sicherheit" - so wird gesagt - "bleiben unerreichbar, wenn die internationale Zusammenarbeit nicht auch auf die Bedrohungen ausgedehnt wird, die durch das Scheitern der Entwicklungspolitik, durch die Umweltzerstörung und durch den fehlenden Fortschritt der weltweiten Demokratisierung entstanden sind."
(Die Partei Neu, No.2, Juli 1991)
Die führenden Politiker in aller Welt müssen sich entschieden für die Schaffung eines neuen Friedens- und Sicherheitssystems auf globaler wie regionaler Ebene einsetzen.
Frieden und Sicherheit bleiben unerreichbar, wenn die internationale Zusammenarbeit nicht auch auf die Bedrohungen ausgedehnt wird, die durch das Scheitern der Entwicklungspolitik, durch die Umweltzerstörung und durch den fehlenden Fortschritt der weltweiten Demokratisierung entstanden sind. Die Ungerechtigkeiten, die die Welt beherrschen, sind eine ständige Bedrohung für die Sicherheit der Staaten und der Völker. Den wachsenden gegenseitigen wirtschaftlichen und ökologischen Abhängigkeiten wurde nicht mit den angemessenen Mitteln globaler Kooperation Rechnung getragen.
Vor mehr als zehn Jahren rief der ehemalige westdeutsche Kanzler, Willy Brandt, die internationale Nord-Süd-Kommission ins Leben. 1980 stellte die Kommission ihre Analysen und Vorschläge zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern vor. In seinem Bericht schrieb Willy Brandt: "Da, wo der Hunger regiert, kann es keinen Frieden geben. Wer den Krieg bekämpfen will, mu auch die Armut bekämpfen. Moralisch gibt es keinen Unterschied, ob ein Mensch durch den Krieg getötet wird oder ob ihn die Gleichgültigkeit der anderen zum Hungertod verdammt."
Die Regierenden der Schlüsselländer akzeptierten auf der einen Seite den Vorschlag, eine sog. Nord-Süd "Summit"-Konferenz einzuberufen (1981 in Cancoon abgehalten), lehnten jedoch den grö ten Teil der Empfehlungen bezüglich einer tiefgehenden Veränderung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen ab.
Ähnlich wurde mit den Ergebnissen des zweiten Berichtes der Kommission verfahren, der sich unter dem Titel "Gemeinsame Krise" auf die Problematik der Schuldenlasten und der Energiefragen konzentrierte.
Angesichts der Verschlechterung der Ost-West-Beziehungen gründete der damalige schwedische Premierminister Olof Palme die "Unabhängige Kommission für Abrüstung und Sicherheit", die sich mit den Problemen der Sicherheit und der Bedrohung durch einen atomaren Krieg beschäftigen sollte. Die Palme-Kommission regte ein neues "Gemeinsames Sicherheitskonzept" an.
Viele der zentralen Ideen der Palme-Kommission, einschlie lich des gemeinsamen Sicherheitskonzepts, gehören heute zum Allgemeingut, doch erst mit einer Verspätung, die teuer bezahlt werden mu te. Während der 80-er Jahre wurde der Rüstungswettlauf weitergeführt, und unzählige gewaltätige Konflikte haben Millionen Menschen das Leben gekostet.
Als Antwort auf die Zunahme der weltweiten Umweltprobleme wurde die "Internationale Kommission über Umweltfragen und Entwicklung" ins Leben gerufen. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen berief Gro Harlem Brundtland zur Vorsitzenden der Kommission. Ihr Bericht wurde 1987 mit dem Titel "Unsere gemeinsame Zukunft" veröffentlicht. Im Mittelpunkt der Vorschläge der Brundtland-Kommission stand die "machbare Entwicklung". Der Bericht betonte:
"Das Konzept der "machbaren Entwicklung" versucht, die aktuellen Notwendigkeiten und Bemühungen miteinander zu verbinden, ohne die zukünftigen zu gefährden. Weit davon entfernt, den Verzicht auf Wirtschaftswachstum zu fordern, wird doch erkannt, da die mit der Armut und der Unterentwicklung verbundenen Probleme nur gelöst werden können, wenn eine neue Wachtumsperiode eingeleitet wird, in der den Entwicklungsländer eine zentrale Rolle zugewiesen und ihnen weitgehende Vorteile zugestanden werden." (...)
Die Süd-Kommission, entstanden gegen Ende der 80-ger Jahre, mit ihrem Vorsitzenden, dem ehemaligen Präsidenten von Tansania, Julius Nyerere, beschäftigt sich mit der Lage der Entwicklungsländer und im Besonderen mit der Frage, wie die Zusammenarbeit untereinander - die sog. Süd- Süd- Kooperation - verstärkt werden kann. Der Bericht mit dem Titel "Die Herausforderung des Südens im Jahre 1990" betont eine auf Persönlichkeiten zentrierte Strategie und sprach sich entschieden für die Stärkung und Festigung der Demokratiesierung und gegen autoritäre Lösungen, die Korruption und Militarisierung aus.
Alle vier unabhängigen Kommissionen gehen von einem wesentlichen und bestimmenden Gedanken aus: Keine Nation kann die eigenen Probleme allein lösen.
Wir sind davon überzeugt, da der Zeitpunkt au ergewöhnlich günstig ist, um die Initiative zu ergreifen und um mit Kreativität und Mut das für die Gegenwart und die Zukunft Notwendige zu tun.
Alle Unterzeichner des Stockholm-Plans
Ali Alatas, Indonesien, Au enminister;
Patricio Aylwin Azocar, Staatspräsident von Chile;
Benazir Bhutto, Pakistan, ehemalige Premierministerin;
Willy Brandt, Bundesrepublik Deutschland, ehemaliger Bundeskanzler, Vorsitzender der Sozialistischen Internationale, Ehrenvorsitzender der SPD, Vorsitzender der »Nord-Süd-Kommission ;
Gro Harlem Brundtland, Norwegen, Premierminister, Mitglied der »Palme-Kommission , Präsident der »Globalen Kommission für Umwelt- und Entwicklungsfragen ;
Manuel Camacho Solis, Mexiko, Chef der Bundesdistrikte;
Fernando Henrique Cardoso, Brasilien, Senator;
Ingvar Carlsson, Schweden, Premierminister;
Jimmy Carter, USA, ehemaliger US-Präsident;
Bernard Chidzero, Zimbabwe, ehemaliger Präsident des »Komitees für die Entwicklung der Weltbank und des IWF, ehemaliger stellvertretender Generalsekretär der UNCTAD, Mitglied der Brundtland- Kommission;
Reinaldo Figueredo Planchart, Venezuela, ehemaliger Au enminister;
Bronislaw Geremek, Polen, Präsident des »Komitees für auswärtige Beziehungen";
Abdlatif Al Hamad, Kuwait, Generaldirektor des "Arabischen Fonds für wirtschaftliche und soziale Entwicklung", Mitglied der Brandt-Kommission und der Süd-Kommission;
Mahbub ul Haq, Pakistan, Sonderberater der UNDP, Finanz- und Planungsminister von 1982 bis 1988;
Vaclav Havel, Tschechoslowakei, Staatspräsident;
Edward Heath, Gro britannien, Mitglied des Unterhauses, Premierminister von 1970 bis 1974, Mitglied der Brandt-Kommission;
Enrique Iglesias, Uruguay, Präsident der »Interamerikanischen Entwicklungsbank , Au enminister von 1985 bis 1988, Exekutivsekretär der »UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik von 1972 bis 1985, Mitglied der Süd-Kommission ;
Hong Koo Lee, Republik Korea, Botschafter in Gro britannien;
Stephen Lewis, Kanada, ehemaliger Botschafter bei den Vereinten Nationen;
Michael Manley, Jamaika, Premierminister;
Vladlen Martynov, Sowjetunion, Direktor der »Akademie der Wissenschaften ;
Thabo Mbeki, Südafrika, Direktor des Auswärtigen Amtes und Mitglied des Exekutivkomitees des ANC;
Robert McNamara, USA, Mitglied des Aufsichtsrats des "Instituts für globale Ressourcen", ehemaliger Präsident der Weltbank;
Bradford Morse, USA, Verwaltungschef der UNDP von 1976 bis 1986;
Julius Nyerere, Tanzania, ehemaliger Präsident der Vereinigten Republik von Tanzania, Präsident der »Süd-Kommission ;
Babacar Ndiaye, Senegal, Präsident der »Afrikanischen Entwicklungsbank ;
Saburo Okita, Japan, ehemaliger Au enminister;
Jan Pronk, Niederlande, Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, stellvertretender Generalsekretär der UNCTAD von 1980 bis 1985; Mitglied des Büros der Brandt-Kommission;
Shridath Ramphal, Guyana, Generalsekretär des Commonwealth von 1975 bis 1990, Au enminister von 1972 bis 1975, Mitglied der Brandt-, Palme-, Brundlandt- und Süd-Kommission;
Nafis Sadik, Pakistan, Exekutivdirektor des UN-Fond zur Bevölkerungsentwicklung;
Salim Salim, Tanzania, Generalsekretär der Organisation für Afrikanische Einheit, Mitglied der Palme-Kommission;
Arjun Sengupta, Indien, Botschafter in Belgien, Luxemburg und bei der EG;
Eduard Shevardnadze, Sowjetunion, ehemaliger Au enminister;
Kalevi Sorsa, Finnland, Mitglied des Verwaltungsrates der finnischen Zentralbank, Premierminister;
Maurice Strong, Kanada, Generalsekretär der UN-Konferenz über Umwelt- und Entwicklungsfragen, Mitglied der Brundtland-Kommission;
Brian Urquhart, Gro britannien, Ford-Stiftung.