ZUSAMMENFASSUNG: Am 31. Oktober bleiben dem "Radikalen Projekt" noch drei Millionen Dollar, drei Monate Zeit. Ohne ein Wunder, das hei t viele tausend neue Mitglieder aus aller Welt, vor allem der "westlichen" reichen und satten Welt, die sich in die Radikale Partei einschreiben und zwar möglichst sofort, wird dieses Projekt nicht zu realisieren sein.
(Die Partei Neu, Nr.4, September 1991)
"Fünf Millionen Dollar, fünf Monate Zeit" stehen zur Verwirklichung des Projekts der "Neuen Partei" bereit, so schrieben wir am 28. August in der dritten Ausgabe dieser Zeitung. Heute, am 25. Oktober, mit der vierten Ausgabe haben wir zwei Fünftel der Zeit und des Geldes verbraucht.
Ohne ein Wunder, das hei t viele tausend neue Mitglieder aus aller Welt, vor allem der "westlichen" reichen und satten Welt, die sich in die Radikale Partei einschreiben und zwar möglichst sofort, wird dieses Projekt nicht zu realisieren sein.
Wie der Erste Sekretär der Radikalen Partei, Sergio Stanzani, in seinem Bericht an den Bundesrat der Partei, dessen Zweite Sitzungsperiode vom 31. Oktober bis zum 3. November 1991 in Zagreb einberufen wurde, erklärte, kann davon ausgegangen werden, da ca. 40-tausend demokratisch gewählte Parlamentarier in über 50 Ländern zumindest eine oder sogar zwei Ausgaben dieser Zeitung erhalten haben und da die dritte Nummer sie in diesen Tagen erreichen wird. Wir haben alle unsere Kräfte und Energien aufgeboten, um zu gewährleisten, da diese vierte Ausgabe ihre Empfänger bis spätestens Mitte Dezember erreicht. Weitere zweihundertfünfzigtausend Personen, zum gro en Teil in Italien und in der Sowjetunion, waren und sind diese Empfänger. Das alles ist nicht mehr als eine Träne im Ozean des beschriebenen Papiers, der verschiedenen Publikationen, mit denen die Politiker, Intellektuellen und Führungsschichten in vielen Staaten im allgemeinen überschüttet werden, ebenso wie die politisch Aktiven aller Überzeugungen und Ri
chtungen in allen Teilen der Welt, dort wo, zumindest in der Theorie, Pressefreiheit herrscht.
Radio und Fernsehen, Parteitage und Tagungen aller Art, die politische und parlamentarische Arbeit generell, die immer dramatischer werdende Lage unserer Epoche und Gesellschaft, das Aufkommen "nationaler" und "regionaler" Probleme und Krisen, all das weist dieser unserer Träne, diesem Blatt, gesetzt den Fall, es erreicht auch wirklich den Empfänger, das Schicksal zu, da wahrscheinlich "null" und "nichts" davon gelesen wird. Unter diesen Bedingungen bestehen die eigentlichen Schwierigkeiten darin, da das, was per Definition wirklich "neu" ist, auch erkannt, anerkannt und verstanden wird. Doch unter den oben genannten Bedingungen drohen diese Schwierigkeiten zu unüberwindlichen zu werden, auch wenn es offensichtlich ist, da die Behauptung, etwas "Neues vorzustellen" und dann auch wirklich etwas "Neues" zu sein, der älteste Anspruch der Anspruchsvollen, der Dummen und derer ist, die sich oft etwas vormachen. Das alles wissen wir. Dennoch sind wir davon überzeugt, da wir objektiv vorhandene, dringende und i
m wahrsten Sinne des Wortes lebenswichtige Bedürfnisse ansprechen, auch dramatische, warnende und ermahnende persönliche Gewissensnöte eines gro en Teils der Führungsschichten der unterschiedlichsten Überzeugungen und Herkunft, die die tragische Ohnmacht ihrer eigenen "Macht" erkennen müssen; und das sind vor allem die Bedürfnisse der gro en Mehrheit der Männer und Frauen, die immer noch den Traum und die Hoffnung der Demokratie leben, den Traum, das Recht aller Menschen auf Leben, das Lebens des Rechts und der Rechte und angemessene Regeln und Gesetze könnten sich trotz alledem noch durchsetzen.
Wir wiederholen es noch einmal: diesen im wahrsten Sinne des Wortes lebenswichtigen Bedürfnissen Leben und Gestalt zu geben; zu versuchen, sie in dem Sinne zu organisieren, da die Freiheit eines jeden Einzelnen geachtet bleibt und letztendlich in dieser Freiheit nicht der Zweck, sondern ein Mittel und eine Methode gesehen wird, eine Verpflichtung und Pflicht aller für alle, das ist die Grundlage für das Experiment, diese "Neue Partei" zusammen und gemeinsam aufzubauen, eine transnationale, parteienübergreifende, libertäre Partei, in der Verantwortung und Pflichten für den Einzelnen umso grö er sind. Wir haben schon gezeigt, wie die im radikalen Parteistatut festgelegten Prinzipien, aber auch deren Umsetzung in die Parteirealität, die grö tmögliche und perfekte "Unabhängigkeit" des Einzelnen fordern (und nicht nur theoretisch erlauben), oder mit anderen Worten, die grö te mögliche Freiheit, garantiert durch die Interdependenz der Entscheidungen, die von Minute zu Minute getroffen und bestätigt werden, und ni
cht heute für morgen oder "für immer" gelten. Das ist mit Sicherheit das geistig, praktisch, politisch und kulturell "Neue". Dessen sind wir uns sicher. "Gegen die Parteienherrschaft" bedeutet genau das, vor allem das.
Ebenso Überzeugt sind wir davon, da ein Sich-Organisieren auschlie lich oder überwiegend im nationalen oder national-staatlichen Rahmen viele und todbringende Probleme mit sich bringen wird, also mehr Probleme schafft, als damit zu lösen wären. Das Ergebnis wäre lediglich, ohne bleibende Lösungen aus der erdrückenden und gewalttätigen Einmauerung des monolithischen Totalitarismus in das Babel der chaotischen und anarchischen Zersplitterung der Gesellschaft zu entfliehen, in der man darüberhinaus nicht leben kann, und die nichts als die Rückkehr in die schlimmsten Auswüchse der Vergangenheit bedeutete. Weder die Wirtschaft, noch das Rechtssystem, auch nicht die Demokratie oder das Ökosystem können durch etwas anderes als soziale und politische, institutionelle oder kulturelle Subjekte regiert und kontrolliert werden, die durch und durch und rational transnationalen Überzeugungen verhaftet sind. Wir wissen das. Doch mu man auch konsequent sein und die Trennung zwischen Wissenschaft und Politik, zwischen Gewi
ssen und Macht, zwischen Absichten und deren Durchsetzung, zwischen Theorie und Praxis überwinden. All das Gesagte darf aber nicht im Status einer petitio principii verbleiben, sonst bliebe es ohne Leben.
Einstweilen müssen wir die ersten Antworten an die "Neue Partei" und die Reaktionen auf das "Projekt" bewerten und in die hier schon genannten Bedingungen einordnen.
Beschränken wir uns auf die letzten drei ig Tage und auf die Antworten, die - gemä unserem Statut - eine quantitative und qualitative Bereicherung des Bundesrat der Partei bedeuten sowie auf die Unterschriften unter den Appell zur Abschaffung der Todesstrafe in der (ex) Sowjetunion, Zugpferd der "Kampagne für die Abschaffung der Todesstrafe bis zum Jahr 2000", die wir Gorbatschow und Jeltzin bis zum Februar des nächsten Jahres offiziell vorzuschlagen gedenken.
Mitglied der Radikalen Partei wurden der EG-Kommissar (Minister) Ripa di Meana; der Vizepräsident der kroatischen Regierung Tomac; der stellvertretende slowenische Au enminister Thaler; die Euro-Abgeordneten Mattina (Italien) und Morodo (Spanien). Ebenfalls in den letzten drei ig Tagen erwarben 12 rumänische Abgeordnete, 3 tschechoslowakische, 3 italienische, 5 sowjetische und ein lettischer Abgeordneter die Mitgliedschaft in der RP. Alle haben ihre Teilnahme an der Zweiten Sitzungsperiode des Bundesrats der RP in Zagreb zugesagt.
Bis heute haben 486 Parlamentarier und 180 Persönlichkeiten aus der Welt der Kultur, Wissenschaft und der Kunst die Petition für die Abschaffung der Todesstrafe in der Sowjetunion unterschrieben.
Viele gewaltlose Aktionen wurden wieder aufgenommen: mehr als 150 in Zagreb studierende Studenten aus Dubrovnik haben sich dem Hungerstreik des Präsidenten des Bundesrats der RP, Marco Pannella, zur Verteidigung der Menschen- und politischen Rechte im ehemaligen Jugoslawien angeschlossen. Im Rahmen dieses Hungerstreiks wird auch die Anerkennung der Republiken gefordert, die ihre Unabhängigheit nach demokratischen Verfahren und ihre Bereitschaft zum Beitritt in die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft und zur offenen und verantwortungsbewu ten, auch institutionellen Zusammenarbeit mit den anderen ehemaligen jugoslawischen Republiken. In Italien und der Europäischen Gemeinschaft ist der diesbezügliche Druck, auch in den Parlamenten, auf die Regierungen nicht ohne Einflu geblieben.
Diese Fakten, verstanden als ein erstes Signal für ein sofortiges und viel umfassenderes organisiertes und organisatorisches Wachstum der RP als neue demokratische Internationale mit direkter Mitgliedschaft und Beteiligung, aber auch als ein Wachstum des radikalen Projekts, der radikalen Kampagnen, sind sicherlich als positiv einzuschätzen, wenn auch an und für sich noch immer nicht ausreichend.
Um uns herum, selbst in uns selbst wachsen Chaos, Unordnung, Gewalt und Intoleranz und scheinen unaufhaltsam das Ende dieses Jahrhunderts zu bestimmen. Der Optimismus des Wollens mu uns helfen, aber deshalb dürfen wir uns noch lange nicht erlauben, unverantwortlich und illussionär zu sein. Sicherlich ist es notwendig, den Idealen des Neo-Humanismus Gestalt zu geben, doch das wird nur möglich sein, wenn wir uns alle in vernünftiger Weise rüsten, die Krisen der traditionalen Politik in der Welt und in unserem persönlichen Leben zu meistern und zu überwinden, das hei t konsequent zu sein. Der Beitritt in die Radikale Partei ist heute, ohne Zeit zu verlieren, eine Möglichkeit, die vielleicht nicht so schnell wiederkommt, in diesem Sinne konsequent zu sein.
Eine baldige Antwort auf die permanente Aufforderung, die diese Zeitung an sich darstellt, ist auch - liebe, unbekannte Freunde - die einzige Chance für ihr Überleben. Sonst werden wir in kurzer Zeit nicht mehr in der Lage sein, sie weiterzumachen, uns euch mitzuteilen. Das wäre traurig. Und, das müssen wir zugeben, wir würden uns viel mehr über einen gemeinsamen Weg miteinander freuen.