Humanitäre Hilfe laut Bonino ohne Militäreskorte unmöglich
Brüssel, Tirana, 21. März. Albanien kann innerhalb von drei Tagen humanitäre Soforthilfe erhalten. Dafür müsse jedoch ein Mindestma an Sicherheit gewährleistet sein. EU-Kommissarin Emma Bonino, die das Balkanland mit einer Delegation der Europäischen Union (EU) bereist hatte, forderte bewaffneten Begleitschutz für die Verteilung von Lebensmitteln und Medikamenten in dem von Unruhen erschütterten Land.
Die für humanitäre Fragen zuständige Kommissarin sagte am Freitag in Brüssel, einige Tausend Menschen in Krankenhäusern, Altenheimen und Waisenhäusern bräuchten dringend Hilfe. Die Lebensmittelvorräte seien geplündert worden. Es gebe Lager mit Lebensmitteln und Medikamenten in Bosnien, Kroatien, Serbien und Italien. Wenn die Sicherheit der Häfen und der Transportwege geklärt sei, könnten die Hilfsgüter innerhalb weniger Tage nach Albanien gebracht werden. Das albanische Problem ist ein europäisches Problem , mahnte Bonino.
Am kommenden Montag wollen die EU-Au enminister über Hilfe für Albanien beraten. Bonino kündigte an, sie werde die Minister um Schutz für die Konvois bitten. Ob für den Begleitschutz 200 oder 500 Soldaten gebraucht würden, mü ten die Militärexperten entscheiden.
Die Nato bekräftigte, da sie keine Notwendigkeit für eine militärische Intervention in Albanien sehe. Ein Vertreter wollte jedoch dem Eindruck entgegentreten, da die Allianz Albanien den Rücken zudrehe. Falls die OSZE oder die EU Schutz für Soforthilfe anforderten, sei die Nato bereit, diese Aufgabe zu erfüllen. In Albanien kamen am Freitag führende Vertreter der in einem Komitee zur Rettung des Volkes organisierten Aufständischen in Tepelena zusammen, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Das von den Rebellen gesetzte Rücktritt-Ultimatum an Staatschef Sali Berisha war am Donnerstag abend ergebnislos verstrichen. Der Führer der Aufständischen in der Stadt sagte vor Journalisten, er habe 50 Männer nach Tirana geschickt, die Berisha töten sollen, falls er nicht zurücktrete. Wir haben nicht die Absicht, Krieg zu führen, alles, was wir wollen, ist Berishas Kopf.
Die aus den gro en albanischen Parteien gebildete Übergangsregierung hat am Donnerstag im Parlament eine Niederlage erlitten. Das Parlament, in dem die Demokratische Partei von Präsident Sali Berisha über 122 der 140 Sitze verfügt, lehnte einen Gesetzentwurf ab, mit dem die verhängte Pressezensur gemildert werden sollte. Derzeit erscheint in Albanien nur die Regierungszeitung Rilindja Demokratike , die anderen Zeitungen haben aus Protest gegen die seit Anfang des Monats geltende Zensur ihre Arbeit eingestellt. Das Parlament widersetzte sich auch dem Wunsch der Regierung der nationalen Versöhnung , während ihrer Amtzeit die Direktoren des staatlichen Rundfunks und Fernsehens ernennen zu dürfen.
In den Häfen Süditaliens sind den zweiten Tag in Folge keine Flüchtlingsschiffe aus Albanien eingetroffen. Die italienische Luftwaffe flog am Freitag 41 Albaner, die zu unerwünschten Personen erklärt wurden, nach Tirana zurück.